München - Ausnahmsweise hat Schalke nichts verbockt, in diesem Fall ist es Opfer. Der FC Schweinfurt ebenfalls. Er wurde von seinem Landesverband zur ersten DFB-Pokal-Runde gemeldet und muss sich nun darauf einstellen, ohne gespielt zu haben rausgekickt zu werden. Rein käme Türkgücü München, das aber auch nicht der klar auszumachende Täter ist. Denn der Verein hat vor der Instanz Landgericht München I (vorläufig) Recht bekommen, seine Klage auf Zulassung zum Pokal hat also Gründe. Ist es also die Schuld des Bayerischen Fußball-Verbandes, dass das Spiel von Schalke gegen wen auch immer in der ersten DFB-Pokalrunde nicht stattfinden kann? Nun, die Sache liegt in der Verantwortung des BFV – Schuld wäre aber ein zu wuchtiges Wort.
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Der BFV hat versucht, in einer Situation, wie es sie noch nie gab – Saison in der Regionalliga unterbrochen, gleichwohl war ein Aufsteiger in die 3. Liga und ein Pokalteilnehmer zu finden –, zu einer Lösung zu kommen. Es gibt, egal wie sie ausfällt, Gründe, sie anzufechten. Tragfähig ist sie nur, wenn ihr mit der Grundeinstellung begegnet wird, dass in durch die Pandemie bewirkten wirren Zeiten Solidarität zu üben ist. Und hier muss man leider sagen, dass Türkgücü diesen Gedanken nicht lebt. Das ist ein strategischer Fehler.
Türkgücü ist neu im professionellen Fußball, in der 3. Liga. Viele Fußballfans wissen noch nicht, welche Einstellung sie zu diesem Verein entwickeln werden. Ist es ein Club, der fröhlich das Establishment aufmischt und der Liga mit seiner Fan-Community, wenn sie wieder ins Stadion gelassen wird, eine besondere Note gibt – oder ist es das nächste Uerdingen, das für Theater sorgen wird? Bis jetzt hat Türkgücü das Bild vermittelt, dass es um den schnellen Erfolg geht und man Ziele mit einer gewissen Rücksichtslosigkeit verfolgt. Die „Hire and fire“-Mentalität ist – wenn man auf die Wechsel auf der Trainer- und Managerposition sowie im Kader schaut – atemberaubend. Man gewinnt den Eindruck, dem Club gehe es in Sachen DFB-Pokal mehr um das Startgeld als um die Startehre. Der „Kicker“ hat das Geschäftsgebaren des Aufsteigers eben erst kritisch beleuchtet.
Kann natürlich sein, dass Türkgücü die rechtlich wasserfesten Argumente hat und die nächste Instanz gewinnt. Aber die Münchner wären wohl der erste klassenniedere Club im Pokal, dem eine Sensation nicht gegönnt würde. (Günter Klein)