2024-05-02T16:12:49.858Z

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Marco Fritscher und die Schweinfurter mussten sich nach dürftigen Ergebnissen einiges anhören. F: Scheuring
Marco Fritscher und die Schweinfurter mussten sich nach dürftigen Ergebnissen einiges anhören. F: Scheuring

Kapitulation? »Es ist überhaupt noch nichts verloren«

Schweinfurts Marco Fritscher gibt sich kämpferisch: Der 23-Jährige im Gespräch über die angespannte Stimmung beim FC und ob sich Profifußball für ihn überhaupt lohnt

Schweinfurts Coach Timo Wenzel war komplett bedient und wütete: "Das war ein desolate Leistung von uns. Mir ist das unbegreiflich, wie man im Spiel Erster gegen Dritter so eine Vorstellung abliefern kann. Das werde ich in meinem Leben nie verstehen." 0:4 wurden die Schnüdel von den Bayern-Amateuren abgewatscht. Der finale Tiefschlag in einer an Rückschlägen nicht armen Herbstrunde aus 05er-Sicht. Oder frei übersetzt nach Rudi Völler: Ein noch tieferer Tiefpunkt. FuPa hat sich mit Youngster Marco Fritscher unterhalten, wie er die Dinge sieht, wie er die angespannte Stimmung in Schweinfurt wahrnimmt und ob sich für den 23-Jährigen das Abenteuer Profifußball überhaupt lohnt.

Grotesk. So würde Marco Fritscher die letzten Partien vor der Winterpause bezeichnen. Den Auftritt in München will er nicht beschönigen: "Wir haben ein total schlechtes Spiel abgeliefert." Aber warum? Darauf hat der gebürtige Hesse aus der Nähe von Offenbach auch keine pauschale Antwort: "Das ist schwierig zu sagen. Fakt ist, dass das 0:5 in Pipinsried uns aus der Bahn geworfen hat, das hat an uns genagt. Wir sind in eine Negativspirale geraten und auch das Selbstbewusstsein fehlt einfach." Dass die Stimmung alles andere als weihnachtlich friedlich ist, wurde am Freitagabend ebenfalls deutlich. Nach der Demontage im Grünwalder Stadion lagen die Nerven blank. Als die Schweinfurter Spieler Richtung Fanblock marschierten, mussten sie einige wüste Beschimpfungen über sich ergehen lassen. Fritscher kann die aufgebrachten Anhänger verstehen: "Die Enttäuschung bei den Fans ist verständlich, wir sind in der Pflicht. Ich bin zehn Minuten nach Abpfiff noch einmal zu unserem Block gegangen, um mich ausführlich mit ihnen zu unterhalten. Es ist enorm wichtig, dass die Leute, die uns Woche für Woche unterstützen, auch weiterhin zu uns stehen. Und das Gefühl habe ich nach wie vor."

F: Leifer
F: Leifer
Den Unmut der eigenen Anhänger bekamen die Schweinfurter nach der 0:4-Niederlage in München zu spüren. F: Leifer


Was die Anhänger auf die Palme bringt: Die hohen Erwartungen konnten zuletzt nicht ansatzweise erfüllt werden. Die Bayern marschieren ja keineswegs unangefochten durch die Liga. Im November beispielsweise gelang der Elf von Coach Holger Seitz kein Sieg. Der FC 05 kann aber trotzdem nicht Schritt halten, weil eben nach einem ansprechenden Saisonstart der Faden völlig verloren ging. Saison 2018/19 also schon gelaufen? Fritscher die Flinte noch lange nicht ins Korn werfen, im Gegenteil, er gibt sich äußerst kämpferisch: "Der Zug ist noch nicht abgefahren, es ist noch überhaupt noch nichts verloren. Wir müssen jetzt in der Winterpause aber zweifelsohne vieles hinterfragen und dann im neuen Jahr die Kurve kriegen." Mit seiner eigenen Performance kann Marco Fritscher hingegen zufrieden sein. Er hat den Sprung zur Stammkraft gepackt, seit September stand er durchgängig in der Startformation. Vor zweieinhalb Jahren wagte der schnelle Außenbahnspieler den Schritt weg vom Hessenligisten FC Bayern Alzenau hin zum professionellen Fußballspieler. "Zuvor hatte ich aber meine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann noch abgeschlossen, das war mir persönlich sehr wichtig." Dann kam der Anruf von Uwe Wolf, seinerzeit der starke Mann an der Seitenlinie beim SV Wacker Burghausen. "Beim Probetraining konnte ich überzeugen, dennoch fiel mir der Schritt nicht leicht. 500 Kilometer weg von Familie und Freunden. Aber ich habe den Schritt nicht bereut. Wacker hat aber dann das Projekt Profifußball für beendet erklärt und da ergab sich für mich die Option, nach Schweinfurt zu wechseln. Die Zeit in Burghausen werde ich in guter Erinnerung behalten, mit Uwe Wolf habe ich heute noch Kontakt."

»Ich werde sicher nicht krampfhaft daran festhalten, in der Regionalliga weiter den Profi zu geben. Dann werde ich eben in meinen erlernten Beruf zurückkehren.«

Fritscher weiß, dass es ein großes Privileg ist, mit seinem Hobby Geld verdienen zu können. Aber in der vierten Liga ist noch keiner reich geworden. Die Glitzerwelt der Glamourkicker ist weit entfernt, sehr weit. Lohnt es sich deshalb für ihn eigentlich, Fußball professionell zu betreiben? "Ich kann mich derzeit nicht beklagen, ich lebe sehr gerne mit meiner Freundin in Schweinfurt, uns geht`s gut. Aber wir brauchen auch nicht um den heißen Brei herumreden, wenn man mal eine Familie ernähren will, dann muss der nächste Schritt in die drei großen Profiligen gelingen." Am liebsten würde der 23-Jährige den Sprung mit den Schnüdeln schaffen, sein Vertrag läuft noch bis zum Sommer. "Ich bin da aber schon so realistisch und sage, dass muss in den nächsten ein bis zwei Jahren passieren. Ich weiß, was ich kann. Ich weiß aber auch, dass dazu auch immer eine große Portion Glück gehört." Und was, wenn der erhoffte Vorstoß Richtung deutsche Kickerelite ausbleibt? "Ich werde sicher nicht krampfhaft daran festhalten, in der Regionalliga weiter den Profi zu geben. Dann werde ich eben in meinen erlernten Beruf zurückkehren. Ich blicke jetzt auch schon über den Tellerrand hinaus und schaue, wie ich mich weiterbilden kann." Jetzt heißt es demnächst aber erst einmal Kraft tanken für Marco Fritscher, Weihnachten steht vor der Tür. Dem Trubel groß entfliehen wird er nicht, vielmehr wird er die Zeit mit seiner Freundin und der Familie in der Frankfurter Gegend verbringen. Mitte Januar beginnt dann die Vorbereitung auf die Frühjahrsrunde. Die Schnüdel haben einiges gutzumachen - und Marco Fritscher hat die Hoffnungen auf ein "Happy End" längst noch nicht aufgegeben.

Aufrufe: 011.12.2018, 17:01 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor