1. FC Nürnberg II - SpVgg Greuther Fürth II 0:3 (0:2)
Heini Müller dürfte sich angesichts des Geschehens auf dem Rasen mit Grausen abgewandt haben. Da kam der Meisterspieler des 1.FC Nürnberg von 1961 mal wieder ins Stadion, um sich den Club-Nachwuchs anzuschauen, und dann das: Als Ivan Knezevic in der zweiten Minute am Fürther Strafraum frei zum Schuss kam, den aber zu hoch ansetzte, hatte Müller wie die übrigen 631 Zuschauer die erste, beste und letzte Torchance des 1.FCN gesehen.
Das Grauen für den Club-Anhang begann zwei Minuten später: Da vertändelte Özgür Özdemir aus dem FCN-Profikader als letzter Mann den Ball, Fürths Sturmspitze Jann George schnappte sich die Kugel, sprintete frei auf Keeper Max Nawe zu – und schob haarscharf daneben. Als der einst beim FCN ausgebildete und dann vom Hof gejagte George eine knappe Viertelstunde später nahezu perfekt flankte, behinderten sich Nawe und Patrick Weimar im eigenen Fünfmeterraum selbst, so dass Aykut Civelek keine Mühe hatte, den Hausherren per Abstauber den ersten Genickschlag zu verpassen. Fortan waren die jungen Nürnberger von der Rolle, agierten bewegungsarm, behäbig und ohne Tempo. Wie man es besser macht, führten ihre Altersgenossen aus der Nachbarstadt vor: Die waren in den Zweikämpfen des insgesamt sehr fairen Derbys aggressiver, spielten durchdachter und gefälliger und stürmten bei ihren Angriffen mit Zug zum Nürnberger Tor. Eine der wenigen Gemeinsamkeiten beider Teams nicht nur an diesem Tag: die mäßige Spieleröffnung aus der Abwehr heraus. Größere Handlungsschnelligkeit zeigten die Gäste auch beim 2:0, dem eine laut Trainer Mirko Reichel einstudierte Freistoßvariante vorausging: Der Ball wurde an der Mauer vorbeigeschoben, George sprintete ihm hinterher und hämmerte aus spitzem Winkel ein (28.). Wie man es nicht macht, führten zwei Minuten später wiederum die Nürnberger vor: Als sich der wenig überzeugende Markus Mendler einmal am Flügel durchsetzen und flanken konnte, stand kein Clubspieler im Strafraum, dafür hatten sich sechs von ihnen vor dem „Sechzehner“ versammelt und staunten dem Ball andächtig hinterher.
Auch die Pausenansprache von Trainer Roger Prinzen hatte offenbar nicht die erhoffte Wirkung: So schlief die Club-Abwehr noch selig, als die Fürther ihren ersten erfolgversprechenden Angriff nach dem Seitenwechsel starteten. Özdemir wusste sich nur mit einem Foul zu helfen, den folgenden direkten Freistoß hob Civelek aus 20 Metern gefühlvoll über die Mauer ins FCN-Gehäuse (47.). Nürnberger Aufbäumen? Fehlanzeige. Mendler, Maximilian Dittgen und Co. verzettelten sich in Einzelaktionen und blieben dabei immer wieder in der kompakten Defensive des Kleeblatts hängen. Die wiederum stand für einen gravierenden Unterschied zwischen beiden Teams: Sie wurde vom spielenden Co-Trainer Thomas Kleine stabilisiert, der mit seiner Routine viel Ruhe auf die jungen Mitspieler ausstrahlte.
Ein solcher Führungsspieler fehlt in den vor der Saison noch einmal verjüngten Nürnberger „U21“-Reihen, wie Prinzen bereits vor Wochen eingeräumt hatte. Bleibt abzuwarten, ob Ex-Profi Andreas Wolf im Abstiegskampf nicht doch reaktiviert wird. Prinzen meinte hinterher zwar, er habe mit Knezevic, Dittgen und Julian Wießmeier drei Stürmer aufgeboten – zu sehen war davon wenig. Der „falsche Neuner“ Wießmeier versauert als alleinige (wenig torgefährliche) Spitze auf unpassender Position, wäre mit seiner Laufstärke im Mittelfeld besser aufgehoben. Als mit dem schnellen A-Junior Cedric Teuchert nach einer Stunde ein echter Stürmer kam, sollte der die Gästeabwehr auf der linken Außenbahn aufreißen, statt zentral vorne zu agieren. Also so, wie es der sichtlich motivierte George auf der anderen Seite tat: Er war treffsicherer Stürmer und Spielmacher in einer Person, arbeitete zudem viel nach hinten – und hat sich mit starken Leistungen in den Blick der Profis geschoben, bei denen er inzwischen mittrainiert.
Schiedsrichter: Tobias Schultes (Betzigau) - Zuschauer: 632