2024-04-30T13:48:59.170Z

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Julian Nagelsmanns Zeit beim FC Bayern ist nach nicht einmal zwei Jahren abgelaufen.
Julian Nagelsmanns Zeit beim FC Bayern ist nach nicht einmal zwei Jahren abgelaufen. – Foto: IMAGO/osnapix

Von „beschämend“ bis „schockiert“: Amateur-Trainer reagieren fassunglos auf Nagelsmann-Aus

Die Stimmen aus dem Amateurlager

Die Ära von Julian Nagelsmann beim FC Bayern ist beendet. Wir haben zur überraschenden Entwicklung Stimmen aus dem Amateurlager gesammelt.

München - Trotz eines gültigen Vertrags bis zum Sommer 2026 kam es in der Länderspielpause zum großen Knall an der Säbener Straße. Julian Nagelsmann wird beim FC Bayern freigestellt und soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge durch Thomas Tuchel ersetzt werden. Die endgültige Bestätigung steht bisher noch aus. Der Rauswurf kommt nicht nur für viele Experten überraschend. Auch die Trainerkollegen des 35-Jährigen aus dem Amateuerbereich suchen nach Erklärungen. Wir haben uns an der Basis umgehört und Stimmen aus dem Amateurlager gesammelt.

– Foto: Oliver Rabuser

Peter Schmid (Trainer beim TSV Gilching-Argelsried, Landesliga Südwest): Das ist beschämend für so einen großen Verein. Der Klub ist in allen Wettbewerben vertreten. Einem jungen Trainer nicht die Zeit zu geben, ist auch für die Gesellschaft ein Fingerzeig. Der Mensch ist wenig wert und jeder ist sich selbst der Nächste.

– Foto: Sven Leifer

Florian Bittner (Spielertrainer SC Eintracht Freising, Landesliga Südost): Ehrlich gesagt, kann ich die Entscheidung nicht nachvollziehen. Der Klub holt Julian Nagelsmann für 25 Millionen Ablöse, um ihn dann mehr als drei Jahre vor Vertragsende wieder zu entlassen. Der FC Bayern ist in allen Wettbewerben voll dabei und ich kann mir eigentlich nur vorstellen, dass es zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten gekommen sein muss. Klar gab es Jahre, in denen die Bundesliga mit Abstand dominiert worden ist, aber das kann nicht der Grund sein. Mal sehen, was dazu noch an die Öffentlichkeit gelangt.

„Das wirkt für mich alles nicht gerade professionell.“

Matthias Strohmaier über das Aus von Julian Nagelsmann.

– Foto: Sven Leifer

Matthias Strohmaier (Ex-Spieler des FC Bayern II, zuletzt Trainer beim VfB Hallbergmoos, Bayernliga): Das kommt sehr überraschend. Er holt in der Champions League acht von acht Siege, steht im Viertelfinale des DFB-Pokal und hat in der Meisterschaft alles in der eigenen Hand. Auch wenn die letzten Spiele nicht immer Bayern-like waren, ist er meines Erachtens nach voll im Soll. Darüber hinaus hat er noch einen Vertrag bis 2026. Der Verein hat 25 Millionen Ablöse gezahlt. Mit Blick auf das Tapalovic-Theater hat ihm der Klub im Hinblick auf eine langfristige Ausrichtung sein Trainerteam so zusammengestellt, wie er es wollte. Das wirkt für mich alles nicht gerade professionell und zeigt, dass wohl seit Längerem einiges im Argen gelegen hat.

– Foto: Dieter Metzler

Franco Simon (Trainer SC Unterpfaffenhofen-Germering, Bezirksliga Süd): Ich war gestern schon schockiert. Ich finde er, ist sportlich voll im Soll - sicherlich hat er mit der Mannschaft in der Vergangenheit auch mal Spiele verloren, weil viele Chancen nicht genutzt wurden. Aber wenn die besten Chancen nicht verwertet werden, kann er sicherlich nichts dafür. Die Bayern haben einen Umbruch mit ihm gestartet. Viele neue Gesichter, eine neue Philosophie und dann sowas - für mich unverständlich. Wenn man sich nach der Saison trennt, weil es vielleicht nicht passt, ok, aber diese Art ist für mich sehr unverständlich.

„Als Bayern-Fan fällt es mir mittlerweile schwer, mich mit einem solchen Verhalten noch zu identifizieren.“

Andreas Faber (FC Unterföhring)

– Foto: Sven Leifer

Alper Kayabunar (Trainer Türkgücü München, Regionalliga Bayern): Für mich natürlich auch sehr überraschend. Ehrlich gesagt, finde ich es ein bisschen schade. Er ist für mich zwar kein Vorbild, aber trotzdem jemand, wo man als junger Trainer hingeschaut hat - vor allem bei einem großen Klub wie Bayern. Wie er es gemeistert hat, erfolgreich war und mit den Führungsspielern und Stars in schwierigen Situationen umging, die entscheidenden Spiele gewonnen hat und es geschafft hat, die Mannschaft zu motivieren. In der Champions League war es bemerkenswert. Ich finde, dass er es sehr gut gemacht hat. Es von außen zu bewerten ist natürlich sehr schwer. Niemand weiß, was intern mit Mannschaft und Vorstand los ist. Ich finde es schade, denke aber, dass er bald wieder einen guten Klub haben wird, weil er ein guter Trainer ist.

– Foto: Norbert Herrmann

Andreas Faber (Trainer FC Unterföhring, Landesliga Südost): Ich kann ja nur das bewerten, was wir von außen mitbekommen. Ich finde es schon bedenklich, was da mittlerweile abgeht. Da wird erst ein Trainer mit Ablöse und fünfjährigen Vertrag geholt, um ihn dann nach eineinhalb Jahren ohne wirkliche Gründe rauszuschmeißen. Es ist in allen Wettbewerben noch alles drin. Ich finde es schade. Als Bayern-Fan fällt es mir mittlerweile schwer, mich mit einem solchen Verhalten noch zu identifizieren. Man weiß nie, ob nicht irgendetwas vorgefallen ist, aber mittlerweile geht’s halt leider nur noch ums Geschäft. Das ist schade und ich bin gespannt wie lange das gut geht.

„Irgendwie passt das nicht mit dem Bayern Slogan Mia san mia überein.“

Martin Buch (SC Olching)

– Foto: Bernhard Schmöller

Florian de Prato (Trainer TSV Grünwald, Landesliga Südost): Ich finde es immer schwierig, von außen zu beurteilen. Ich denke, dass Tuchel mit Borussia Dortmund, Paris und Chelsea zum einen Erfolge feiern konnte und auch charakterstarke Truppen und Klubs trainiert hat. Das könnte ihn im Handling vielleicht Vorteile verschaffen. Zumal mit Manchester City eine für ihn bekannte Mannschaft auf Bayern wartet. Es gab schon einige Spiele in der Nagelsmann-Ära, die dem Auftritt von Leverkusen ähneln. Das sollte bei Bayern München nicht passieren. Und dann bist du nunmal als Coach das schwächste Glied.

– Foto: Dieter Metzler

Martin Buch (Trainer SC Olching, Landesliga Südwest): Die Entlassung ist schon sehr überraschend. Irgendwie passt diese auch nicht mit dem Bayern Slogan „Mia san mia“ überein. Sicherlich macht ein Trainer auch im Profibereich nicht alles richtig. Aber alleine den Trainer verantwortlich zu machen, ist schon sehr schräg. Übrigens, wofür wird dieser eigentlich verantwortlich gemacht? Die Entwicklung, wo kein Wort und keine Unterschrift mehr zählt, ist beängstigend. Eventuell sind die Gründe auch drastisch und intern. Dann müsste man sich beim FC Bayern entschuldigen. Sind es rein sportlich Gründe, verstehe ich die fristlose Kündigung nicht, nichts anderes ist es ja.

Rauswurf von Trainer Julian Nagelsmann: FC Bayern kann noch alle Saisonziele erreichen

– Foto: Florian Bamminger

Florian Hahn (Trainer FC Wacker München, Kreisliga München 2): Der Zeitpunkt überrascht. Aktuell kann Julian Nagelsmann alle seine Ziele noch erreichen, mit dem Gipfeltreffen gegen Dortmund wieder Tabellenführer werden, gegen City, dem vermeintlich schwersten Gegner in der Champions League und auch im DFB-Pokal gegen Freiburg noch eine Runde weiterkommen. Von daher sind eigentlich keine der drei Ziele akut gefährdet. Meines Erachtens gibt‘s es wohl eher atmosphärische Störungen oder im Hintergrund hat es irgendwie rumort. Wenn ein Trainer einen Fünf-Jahres-Vertrag hat, entlässt man ihn ja nicht wegen eines Spiels und man muss die gesamte Situation bewerten. Der FC Bayern hat die meisten Nationalspieler in Katar gestellt, die fast keine Pause hatten und mit einer hohen Belastung zurückkamen. Es war ja fast zu erwarten, dass im Jahr 2023 auch eine kleine sportliche Delle kommt. Ich bin sehr gespannt auf die offizielle Stellungnahme und die Gründe.

– Foto: Sven Leifer

Manuel Haupt (Trainer ASV Dachau, Landesliga Südost): Ich kenne keine Internas, aber für mich ist das überhaupt nicht nachzuvollziehen. Für mich sieht das nach einem Panikanfall der Bayern-Bosse aus. Wenn man einen Trainer mit einem Fünfjahresvertrag ausstattet, dann sollte man als Verein von dem Trainer und dessen Philosophie überzeugt sein und auch mal zusammen durch schwierigere Zeiten gehen.

Aufrufe: 024.3.2023, 14:09 Uhr
Jörg BullingerAutor