2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Zehn Jahre hatte Michael Junker seinen festen Platz auf der Trainerbank des SC 1903 Weimar. Im Sommer schließt er das Kapitel auf dem Lindenberg.
Zehn Jahre hatte Michael Junker seinen festen Platz auf der Trainerbank des SC 1903 Weimar. Im Sommer schließt er das Kapitel auf dem Lindenberg. – Foto: Sportfotos Ostthüringen

Es geht auch ein Stück Fußballromantik

Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft - nicht nur im Profifußball. Dass ein Trainer mal mehr als drei Spielzeiten bei einem Verein im Amt ist, hat Seltenheitswert.

Umso bemerkenswerter sind dann zehn Jahre. Seit 2012 saß Michael Junker auf der Trainerbank beim SC 1903 Weimar. Und Parallelen zu einem Berufsgenossen aus der Bundesliga gibt es auch.

Das Pendant aus der Bundesliga

Denn es war ebenfalls im Jahr 2012, dass ein gewisser Christian Streich beim SC Freiburg das Traineramt übernahm. Streich ist zwar drei Jahre älter als Junker, doch sonst findet man vor allem Gemeinsamkeiten. Was Christian Streich in der Bundesliga ist, gilt für Michael Junker in der Verbandsliga. Beide sind die dienstältesten Trainer in ihrer Spielklasse, beide trainieren einen Sportclub und sind wirklich seltene Exemplare ihrer Gattung. Beide haben immer eine starke Meinung und vertreten diese - manchmal auch zum Leidwesen der Schiedsrichter. Sie leben beide von Emotionen, fordern alles von ihren Spielern und geben selber immer mehr als 100 Prozent. Nach dem Abpfiff so mancher Partie zeig(t)en sich beide Trainer oftmals reumütig in Richtung Schiedsrichter. Und beide Übungsleiter kamen aus dem Nachwuchs und prägten gleich bei ihrer ersten Männerstation eine Ära. Doch im Unterschied zum DFB-Pokalfinalisten Christian Streich, ist für Michael Junker im Sommer Schluss - zumindest beim SC 1903 Weimar.

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Entscheidung ist kein Schnellschuss

„Der ein oder andere Schiedsrichter wird froh sein, wenn ich nicht mehr an der Seitenlinie steht“, sagt Junker scherzhaft. Doch ansonsten gibt es wohl nicht viel Freude ob seines Abgangs vom Lindenberg. Dabei ist dies keine Entscheidung, die er von Heute auf Morgen getroffen hat. „Es stand schon vor der Saison fest, dass ich aufhöre. Damals habe ich gesagt, dass ich noch ein Jahr mache. Diese Entscheidung wurde im Laufe der Saison immer fester“, untermauert der 53-Jährige seinen Abschied vom Sportclub.

Seine Entscheidung macht er dabei nicht von der aktuellen sportlichen Entwicklung in Weimar abhängig. „Ich wäre auch gegangen, wenn wir auf Platz Fünf stehen“, sagt er. Aber absteigen will er auf gar keinen Fall. Seit 1998 spielt der SC 1903 Weimar in der Verbandsliga. Junker selbst kennt das Gefühl eines Abstieges nicht und will diese Bekanntschaft auch nicht machen. „Ich werde alles dafür tun die Liga zu halten, auch wenn es immens schwer wird. Wir sind eine gute Mannschaft, haben sehr viel gute junge Spieler. Da sind Auf und Abs aber auch normal. Uns würden aktuell gestandene Spieler helfen“, so seine Einschätzung zur aktuellen Situation. „Nach guten zehn Jahren will ich nicht derjenige sein, der dann am Ende absteigt. Wir haben das Zeug die Liga zu halten", zeigt er sich kämpferisch.

Aufgrund der prekären sportlichen Situation in der Goethestadt wagt Junker nur einen kleinen Blick in den Rückspiegel. „Es war eine gute Zeit beim SC 03. Michael Hoeffer als Präsident habe ich viel zu verdanken. Er hat mir immer freie Hand gelassen und mich unterstützt“, so der langjährige SC-Coach. Und der Präsident hat auch noch warme Worte für seinen Dekaden-Trainer zum Abschied: „Wir bedanken uns für deine Zeit und geleistete Arbeit bei uns in Weimar und wünschen dir für Deine Zukunft alles Gute, du bist immer ein gerne gesehener Gast.“ Doch in der letzten Zeit kamen dennoch mehr und mehr Zweifel bei Michael Junker auf. „Generationsbedingt gibt es da Sachen, die sich in eine Richtung entwickelt haben, die ich nicht mehr mitgehen will. Sicher muss man sich als Trainer ein stückweit selbst verändern und anpassen. Das war früher auch schon so. Aber irgendwie fühlt sich das jetzt anders an. Die Zeiten haben sich gewandelt“, beschreibt er seine Gefühlswelt.

Eine Kreuzung mit vielen Wegen

„Solange ich gerne nach Weimar fahre, habe ich es gemacht. Momentan ist es aber anstrengend für mich“, so Junker, der in Bad Klosterlausnitz wohnt. Nun sieht er die Zeit gekommen mal durchzuatmen und kürzer zu treten. Dass er direkt ins nächste Abenteuer startet, schließt er zwar nicht aus, zeigt sich andernfalls froh über die anstehende Pause. „Ich bin komplett offen und weiß nicht wo die Reise hingeht. Es ist an der Zeit auch mal was anderes außer Fußball zu machen. Und wer weiß, vielleicht finde ich daran gefallen“, so Junker. Andererseits lässt er sich aber auf Gespräche ein, kann sich vorstellen auch als Co-Trainer irgendwo zu agieren. Denn die Arbeit mit den „Burschen“ macht ihn weiterhin großen Spaß. „Ich höre mir Gespräche an, aber es muss passen. Wenn nichts passiert, ist das auch nicht schlimm“, so Junker.

Nachfolge steht fest - Veränderungen im Vorstand

Seine Nachfolge auf dem Lindenberg wurde indes intern geklärt. Mit seinem aktuellen Co-Trainer Holger Orlamünde übernimmt ein Trainer, der den Verein und Spieler bestens kennt. Die Fußstapfen für den neuen Coach sind sicher nicht klein. „Er hat die Jungs aus den A-Junioren hochgebracht und war immer mein Bindeglied. Ich denke, dass ist die beste Lösung für den Verein“, sagt Michael Junker zu seinem Nachfolger. Doch der zukünftige Trainer spielte in allen Altersklassen des Vereins, „damals“ auch noch als Motor Weimar. Des Weiteren trainierte er sehr erfolgreich im Nachwuchsbereich, u.a in der SG SC 03 Weimar / TSV Kromsdorf. Die Position des neuen Co-Trainers wird kurzfristig neu besetzt.

Erweitert wurde auch der Vorstand des SC 1903 Weimar, speziell die Position des Sportlichen Leiters. Für dieses Amt konnten die Verantwortlichen mit Thomas Müller ebenfalls ein „Eigengewächs“ des Vereins gewinnen. Thomas Müller ist seit 1986 im Verein Mitglied und begann als D-Jugendlicher hier seine bemerkenswerte Karriere. In der ersten Männermannschaft absolvierte er 461 Spiele und erzielte 176 Tore, wurde 1994/95 Thüringenmeister und stieg mit der Mannschaft in die Oberliga auf. Des Weiteren war er Trainer im Nachwuchs und bei den Frauenmannschaften des SC 1903 Weimar und des Weimarer FFC. Ihm zur Seite wird weiterhin Jörg Weidensee stehen, er wird im sportlichen Bereich administrativ tätig sein und Thomas Müller im Back-Office unterstützen.

Aufrufe: 018.5.2022, 20:00 Uhr
André HofmannAutor