2024-04-25T14:35:39.956Z

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Für Marcus John war das Derby das letzte KFC-Spiel
Für Marcus John war das Derby das letzte KFC-Spiel – Foto: Ralph Görtz

KFC Uerdingen: Panik und Kosmetik statt Führung

Nach dem Abschied des Vorsitzenden Marc Schürmann im Februar und der Trennung vom Sportlichen Leiter und Trainer Marcus John und seinem Assistenten Said Essahel kommt der KFC Uerdingen nicht zur Ruhe.

Beim KFC Uerdingen bleiben nicht nur die sportlichen Ergebnisse in der Oberliga Niederrhein aus, auch die personellen Wechsel in der Vereinsführung sorgen für weiteres Chaos. Ein Kommentar von Thomas Schulze.

Die Szenerie war angsteinflößend und zeigte Wirkung. Marcus John, Sportlicher Leiter und Trainer des KFC Uerdingen, schlug die geballte Wut einiger Anhänger nach der 1:4-Niederlage gegen den SC St. Tönis entgegen. Die Beleidigungen und Drohungen beeindruckten nicht nur John, sondern auch die nach dem Rücktritt des Vorsitzenden Marc Schürmann verbliebenen drei Vorstandsmitglieder Bernd Limberg, Andreas Scholten und Sebastian Thißen. Am Montag trennten sie sich von John und seinem Assistenten Said Essahel. Vor einem Jahr hatte sich der Klub nach einem 1:4 gegen St. Tönis von Trainer Björn Joppe getrennt und dennoch sind die Fälle nicht vergleichbar. Die Gründe für die Vereinskrise liegen viel tiefer und sind umfangreicher.

John nicht einzig Schuldiger

John ist ein Bauernopfer. Die Pressemitteilung war fünf Zeilen lang. Sie ist Ausdruck der Sprachlosigkeit über das, was gerade beim KFC geschieht. Richtig ist, dass die Mannschaft hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Der Trainer sei stets das schwächste Glied in der Kette, heißt es. Und das wird herausgebrochen, wenn die Vereinsführung es will oder ihn nicht stärken kann. John hat als Trainer natürlich auch Fehler gemacht, aber nicht entscheidende. Gravierender waren seine Fehler als Sportlicher Leiter bei der Zusammenstellung des Kaders. Nahezu ausschließlich auf gestandene, ihm bekannte Spieler zu bauen, erwies sich als falsch. John quasi als Alleinverantwortlichen zu installieren, war ein Kardinalfehler, denn so fehlte ihm das positive, inspirierende Korrektiv.

Diese Notlösung ist keine Lösung. Die Trennung von John ist weder gut durchdacht, noch vorbereitet. Sie ist ein Schnellschuss. Das zeigt auch die Übertragung der Verantwortung auf Levan Kenia, Johannes Dahms und Florian Abel, die kurzfristig helfen kann. Aber es ist eine Notlösung. Das Trio kann aber die vielschichtigen, tiefgreifenden Probleme nicht lösen.

Die Mannschaft ist extrem labil. Spieler sind Verkäufer. Sie heben ihre Vorzüge und Qualitäten hervor, um möglichst gute Verträge auszuhandeln. Das ist legitim. Nach zwei Dritteln der Saison ist jedoch festzuhalten: Das Preis-Leistungssystem stimmt nicht. Die Spieler verdienen viertklassig, spielen aber allenfalls fünftklassig. Und in einigen Spielen haben sie sich gehen lassen, nicht für den Trainer gespielt und auch nicht für den Verein.

Stimmung der KFC-Fans kocht über

Die Fans sind emotional. Dass die treuen Anhänger, das dickste Faustpfand des Vereins, sauer sind, wenn ihr Herzensverein auf dem Rasen eine blutleere Leistung zeigt, wenn nur zwei, drei Spieler kämpfen und Herz zeigen, wenn das Derby gegen den Nachbarn, bei dem die Spieler nicht einmal die Hälfte erhalten, aber mit ganzem Herzen dabei sind, zum wiederholten Mal 1:4 verloren geht, kocht die Fan-Seele. Das ist verständlich. Beleidigungen und Drohungen gehen jedoch entschieden zu weit. Diesmal hatten sie sogar Konsequenzen – kurzfristig können sie befreiend wirken. Ein Konzept ist das aber nicht.

Unzählige Fehler im Vorstand und Verwaltungsrat

Der Vorstand ist viel zu schwach. In der zweiten Jahreshälfte 2023 wurde das wirtschaftliche Desaster publik, in den zurückliegenden Wochen offenbarte sich das sportliche Debakel. Die beiden unterschiedlichen Bereiche sind eng miteinander verwoben – mangelnde Kompetenz. Die Verantwortung dafür trägt der frühere Verwaltungsrat, der Damien Raths, Andreas Scholten und Christoph Lenz inthronisierte und nicht ausreichend kontrollierte. Sie türmten zunächst Schulden an und hofften auf den Hauptsponsor dasbob als Retter, der sich als Luftschloss entpuppte.

Der Verwaltungsrat ist blass. Das wohlmeinende Gremium war und ist viel zu vertrauensselig und wird einem Kontrollorgan einfach nicht gerecht. Es hat viel zu viele Fehlentscheidungen der Vorstände blauäugig durchgewunken.

Die Mitglieder sind passiv. Viele Mitglieder sind erbost und schimpfen, weil sie sich nicht informiert fühlen, geschweige denn eine Teilhabe oder Mitsprache gewährt sehen. Sie wüssten gerne, wie hoch der Schuldenberg ist? Welche Konzepte es wirtschaftlich und sportlich gibt? Wer künftig Verantwortung zu übernehmen bereit ist und sie trägt? Sie hätten längst eine Versammlung beantragen und erzwingen müssen.

Transparenz, Ehrlichkeit und Neuanfang sind nötig. Der KFC Uerdingen steht mal wieder am Abgrund. Der Verein hat die Chance zu einem Neuanfang nach der vierten Insolvenz im Jahr 2022 nicht genutzt, sondern in den Sand gesetzt. Soll es eine weitere Chance geben – das mag schmerzhaft sein, ist aber durchaus möglich – so muss sich die Führung ehrlich machen, die Zahlen auf den Tisch legen, die Mitglieder informieren und sie hören, den Weg für einen Neuanfang frei machen.

Aufrufe: 028.2.2024, 12:15 Uhr
Thomas SchulzeAutor