2024-04-25T14:35:39.956Z

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Die beiden Flügelspieler Pascal Stieglitz (links) und Joshua Zintel sind unverzichtbar im Bargstedter Angriffsspiel. Fotos: Scholz
Die beiden Flügelspieler Pascal Stieglitz (links) und Joshua Zintel sind unverzichtbar im Bargstedter Angriffsspiel. Fotos: Scholz

Im Schatten einer treffsicheren Lichtgestalt

Über den Kreisligisten TuS Eiche Bargstedt

BARGSTEDT. Jan Fitschen ist seit Jahren der herausragende Fußballer beim Kreisliga-Spitzenreiter Eiche Bargstedt. Während der Trainingswoche weilte der Ausnahmestürmer im Kurzurlaub an der Nordsee. Eine gute Gelegenheit, seine Mitspieler kennenzulernen.

Mit den Leibchen ist es immer so eine Sache. Häufig werden sie nach dem Training schweißdurchtränkt in einen Jutebeutel gestopft und im Spind gelagert. Zwei, drei Tage später entfalten die Sportler dann das Knäuel und wundern sich über den Geruch oder auch nicht mehr. Die Bargstedter Fußballer haben am Dienstagabend jedenfalls den Gegenbeweis erbracht: „Die Leibchen haben noch nie so frisch gerochen“, sagt einer, der sich eines übergestreift hat. Ein anderer fragt: „Wessen Mutter hat die gewaschen?“ Gelächter auf dem Rasen.

Die Stimmung ist gut beim Training des TuS Eiche Bargstedt. Zehn Spieler mit gelben Leibchen verteilen sich in einem mit Hütchen abgesteckten Quadrat, außerhalb davon stehen vier Spieler in roten Leibchen. Sie haben die Aufgabe, nach und nach in das Quadrat zu rennen und den Ball zu erobern. Ihre Mitspieler in Gelb müssen sich den Ball zuspielen und freilaufen oder, wie es Trainer heutzutage ausdrücken, sich aus dem Deckungsschatten des Gegners lösen. „Das“, sagt Bargstedts Trainer Marcus Böckmann, „muss man gerade in der Kreisliga immer wieder trainieren.“

Trainer Marcus Böckmann im Vereinshaus des TuS Eiche Bargstedt.

Nach sechs Spieltagen ist der TuS Eiche Bargstedt Spitzenreiter der Kreisliga Stade. Eine schöne Momentaufnahme für den Trainer, mehr nicht. „Wir dürfen keine Zufriedenheit aufbauen“, sagt Böckmann, der Mahner. Er steht im Kreis seiner Spieler, analysiert den Sieg am vergangenen Wochenende gegen Ahlerstedt/Ottendorf II, blickt voraus auf das Auswärtsspiel am heutigen Freitagabend (20 Uhr) in Großenwörden, fordert „volle Kanone“ gegen den Aufsteiger. Es wird allmählich dunkel, die Schlagschatten der Spieler zeichnen sich unter Flutlicht auf dem Rasen ab. Im Hintergrund trainiert die zweite Mannschaft.

172 Tore in 108 Kreisligaspielen


Ausnahmestürmer Jan Fitschen.

An den Einheiten der „Ersten“ beteiligen sich im Schnitt 17 Spieler. Einer fehlt diesmal jedoch: Jan Fitschen, der an der Nordsee kurzurlaubt. Seit der Saison 2015/16 hat der Ausnahmestürmer 172 Tore in 108 Kreisligaspielen erzielt. In dieser Spielzeit steht Fitschen schon bei 17 Treffern. Er, zugleich Kapitän der Mannschaft, ist so etwas wie die Lebensversicherung, das Gesicht der Mannschaft. Selbst das Spielsystem ist auf Fitschen ausgerichtet. Trainer Böckmann beschreibt es als „ultra-offensiv“, zulasten der Defensive natürlich. Was soll’s: „Wir versuchen lieber, Spektakel zu bieten.“

Böckmann führt in das Vereinshaus am Sportplatz und setzt sich an das Ende eines langen Tischs. Wimpel, Pokale, Mannschaftsfotos an den Wänden, optisch ist der Raum eine Symbiose aus Klassenzimmer und Kneipe. „Wir haben wenig Geld, eine normale Sportanlage. Unser größtes Gut ist der Zusammenhalt“, sagt Böckmann und verschränkt die Arme vorm Bauch. Der 35-Jährige wertet es als gutes Zeichen für den Charakter der Mannschaft, dass es kaum Bewegung im Kader gebe, und verrät, dass die Truppe leicht zu trainieren sei.

Flügelspieler im Bargstedter Angriffsspiel unverzichtbar

Beim Aufwärmen fliegen die Bälle kreuz und quer über den Trainingsplatz. Mittendrin: die Flügelspieler Pascal Stieglitz, 19, und Joshua Zintel, 23. Zwei Spieler, die im Schatten der beeindruckenden Torausbeute Fitschens schnell übersehen werden können, die jedoch im Bargstedter Angriffsspiel unverzichtbar sind. Zwei schnelle Spieler und wichtige Vorbereiter mit einer Vita, die viel über den Charakter des Dorfvereins sagt.

Stieglitz ist in Bargstedt verwurzelt und kommt damit wie die meisten seiner Mitspieler aus der Samtgemeinde Harsefeld. Nach der Zeit in der Jugendspielgemeinschaft Ahlerstedt/Ottendorf/Bargstedt kehrte er zu seinem Stammverein zurück. Keine Frage: „Der Zusammenhalt ist hier sehr gut“, sagt er. In seiner zweiten Saison im Herrenbereich ist Stieglitz scheinbar angekommen. Sechs Spiele, zwei Tore, drei Vorlagen. Er könne sich vorstellen, irgendwann mal höher zu spielen. Letztlich aber sei Fußball nur ein Hobby, sagt Stieglitz, der sich zum Dachdecker ausbilden lässt.

Zintel musste sich nach seiner Zeit bei A/O/B entscheiden: bei A/O höherklassig spielen oder die Laufbahn bei einem Verein fortsetzen, der zum Inventar der Kreisliga gehört. Zintel spielt nun schon sein fünftes Jahr bei Eiche Bargstedt und bereut es nicht. „Ich wurde sofort an die Hand genommen und super integriert“, sagt er. Hier könne er das Training besser mit seinem Job vereinbaren, auch mal eine Einheit ausfallen lassen. Die Konsequenzen halten sich in Grenzen.

Fitschen nimmt keine Sonderstellung ein

Ob es nicht demoralisiere, im Schatten Fitschens zu stehen? Nein, sagen Stieglitz und Zintel. „Als junger Spieler schaue ich zu ihm auf. Er ist wie ein Vorbild“, sagt Stieglitz. Zintel: „Jan ist ein Wahnsinnsfußballer. Wir sind froh, dass wir ihn haben.“ Fitschen, sagt er, nehme keine Sonderstellung in der Mannschaft ein. Er ist einer von ihnen, ein Freund.

Während die Spieler sich dehnen, verteilt Trainer Marcus Böckmann bunte Hütchen auf dem Rasen. „Wir werden zu Beginn einige technische Dinge machen“, sagt er. Die Mannschaft könne vor allem noch im Passspiel, bei der Ballverarbeitung zulegen. Der Torhüter trainiert derweil Abstöße auf die Flügel, einige Bälle fliegen über den Fangzaun und landen im Gebüsch. Dann ruft Böckmann seine Spieler zusammen und verteilt die frisch duftenden Leibchen. Die Stimmung ist gut.

Aufrufe: 020.9.2019, 16:45 Uhr
TAGEBALTT | Tim ScholzAutor