2024-05-24T11:28:31.627Z

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Stephan Houben gehört zum Team, das die Jugend von Wegberg-Beeck weiterentwickeln soll.
Stephan Houben gehört zum Team, das die Jugend von Wegberg-Beeck weiterentwickeln soll. – Foto: Sascha Köppen

Ein neues Fundament für Beecks Jugend

Jugendkoordinator Hans-Georg „Schorsch“ Dreßen und Jugendcheftrainer Stephan Houben erzählen im Gespräch, wie sie die Nachwuchsabteilung beim Mittelrheinligisten FC Wegberg-Beeck in den vergangenen Monaten umstrukturiert haben. Sehr wichtig ist diese Neuerung: Ab sofort sind die Jugendtrainer der Teams selbst für die Rekrutierung ihrer Spieler zuständig.

Seit Februar 2022 fungieren beim FC Wegberg-Beeck Borussias langjähriger Ex-Profi Hans-Georg Dreßen (58) und der ebenfalls aus Mönchengladbach stammende Ex-Nationalspieler Jörg Albertz (51) als Jugendkoordinatoren für den Leistungsbereich A- bis C-Junioren. Als quasi erste Amtshandlung installierten sie im März mit Stephan Houben (51) einen weiteren waschechten Gladbacher als Trainer für Beecks U19. Seit 1. Juli ist Houben zudem Beecks Jugendcheftrainer. Während Albertz urlaubte, traf sich unsere Redaktion mit Dreßen und Houben zu einem Grundsatzgespräch.

Herr Dreßen, bei Ihrer Vorstellung im Februar wollten Sie zur künftigen Ausrichtung der Beecker Jugend noch nichts sagen, da Sie sich gemeinsam mit Jörg Albertz verständlicher Weise erst einmal Mannschaften, Trainer und Strukturen genau anschauen wollten. Dann haben Sie Stephan Houben verpflichtet. Wie ist nun der Stand im Sommer 2022?

Dreßen: "Wir haben in den vergangenen Monaten in der Tat alles durchleuchtet und auf den Prüfstand gestellt – mit dem Ziel, Strukturen aufzubrechen. Fakt ist nun einmal, dass beim FC in den vergangenen Jahren zu wenige Spieler aus der Jugend den Sprung in die erste Mannschaft geschafft haben. Jörg und ich sind angetreten, das langfristig zu ändern – und dafür muss eben auch eine andere Struktur als bislang geschaffen werden, muss die Verzahnung Senioren/Junioren enger werden. Wir wussten, dass wir dafür an der Spitze einen starken Mann brauchen, und von daher waren wir sehr froh, Stephan für diese Aufgabe gewinnen zu können. Er ist dafür genau der richtige Mann und war daher unser absoluter Wunschkandidat."

Was für viele sehr überraschend kam. Stephan Houben hatte schließlich schon lange nicht mehr in der Jugend gearbeitet, war vor seiner kurzen Rückkehr zum 1. FC Mönchengladbach im Herbst 2021 zuvor viele Jahre für Regionalligist SV Straelen tätig – zunächst als Trainer, dann als Sportlicher Leiter. Wie haben Sie den für diese Aufgabe gewinnen können – und das für einen Verein, zu dem er bis dahin keinen Bezug hatte?

Dreßen: "Wir haben ihn einfach gefragt. Stephan war frei, von daher hatten wir das Gespräch mit ihm gesucht. Er kennt alle Facetten des Fußballs und ist einfach auch ein fußballverrückter Typ. Wo auch immer Stephan gearbeitet hat – er hatte Erfolg. Für Beecks Jugendabteilung wird er ein Zugpferd werden, da bin ich mir absolut sicher. Beecks Geschäftsführer und Hauptsponsor Werner Tellers hat vor kurzem in einem Interview mit der RP ja gesagt, dass in Beeck der beste Zugang der vergangenen Jahre das neue Stadionzelt gewesen sei. Analog dazu sage ich nun, dass Stephan Houben der beste Neuzugang der vergangenen Jahre im Beecker Jugendbereich werden wird."

Houben: "Jetzt aber mal genug der Lobhudelei. Fakt ist einfach, dass mich die Aufgabe gereizt hat. Außerdem wird mir auf der Couch auch schnell langweilig. Daher habe ich auch nicht lange überlegt – zumal ich Jörg schon seit über 40 Jahren kenne. Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Beim 1. FC Mönchengladbach war ich ja Anfang Januar mit der merkwürdigen Begründung entlassen worden, dass ich dort zu gut für die Aufgabe sei, also quasi überqualifiziert. Das war in 25 Trainerjahren meine erste Entlassung. So wollte ich dann auch nicht Schluss machen."

Ihr Start in Beeck war aber nicht von Erfolg gekrönt – auch mit Ihnen als Trainer gelang es dem in der Mittelrheinliga spielenden A-Junioren-Team nicht, die Klasse zu halten, stieg in die Bezirksliga ab. Woran lag es?

Houben: "Das ist relativ schnell erklärt: Die Qualität der Mannschaft war schlicht und ergreifend nicht ausreichend. Das Gleiche gilt für die ebenfalls aus der Mittelrheinliga sportlich abgestiegenen B-Junioren. Auch da war das Spielermaterial einfach nicht gut genug, um die Klasse zu halten. Dass wir dann am grünen Tisch mit der „B“ nach einem erfolgreichen Einspruch doch noch in der Mittelrheinliga geblieben sind, ändert an diesem Befund nichts."

Streben Sie nun den direkten Wiederaufstieg an?

Houben: "Das wird schwer. Auf Strecke gesehen ist die Mittelrheinliga natürlich aber schon ein Muss. Und grundsätzlich gilt, dass ab der C-Jugend unsere Teams in Verbandsspielklassen kicken sollten. Dies alles sehe ich als Voraussetzung, wenn man Spieler nach der U19 in den Seniorenbereich übergeben will."

Was werden Sie konkret bei Ihrem Team, also der A-Jugend, ändern?

Houben: "Die Trainingsintensität wird höher – unabhängig von der Spielklasse. So stehen nun in der Vorbereitung fünf bis sechs Einheiten in der Woche an. Und da die Bezirksliga nur aus zehn Mannschaften besteht, werden wir nur 18 Punktspiele haben. Das ist natürlich ein bisschen wenig. Von daher werden wir zusätzlich etliche Testspiele absolvieren – und zwar gegen deutlich stärkere Gegner. Da können die Jungs eine Menge lernen. Generell haben wir klasse Rahmenbedingungen. Dazu gehören eine eigene Physiotherapeutin und individuelle Leistungstests. Generell möchte ich die Jungs schon mehr als bislang an die harte Gangart bei den Senioren gewöhnen – und auch an der Einstellung arbeiten, an ihrer Motivation. Die soll nämlich nicht sein, nach der Jugend für 300 Euro im Monat irgendwo in der Kreisliga zu spielen, sondern so hoch wie möglich. Das muss der Anspruch eines Spielers aus der U19 sein. Generell investieren wir viel Zeit und Herzblut in diese Aufgabe – so wie ich es von allen meinen Trainerstationen gewohnt bin. Da hatten wir oft nicht die besten Spieler, waren aber immer das beste Team im Sinne von Zusammenhalt. Den entscheidenden Unterschied hat dann eben der Fleiß ausgemacht. (grinst) Ich bin da schon ein positiver Psychopath."

Wie setzt sich denn das neue Team zusammen?

Houben: "Nur drei sind noch aus der alten Mannschaft dabei. Etwa 75 Prozent sind der jüngere Jahrgang. Wir wollen mit etwa 22 Feldspielern und zwei Torhütern ins Rennen gehen."

Eine gravierende Änderung für alle Teams im Leistungsbereich haben Sie auch schon eingeführt: Ab sofort ist jeder Trainer dort selbst für die Rekrutierung seiner Spieler zuständig – nicht mehr der Jugendleiter.

Houben: "Ja. Wir haben bei unserer Analyse festgestellt, dass in der Vergangenheit bei der Rekrutierung von Spielern zu sehr auf deren Vita geguckt wurde. Wenn einer mal beispielsweise bei Alemannia Aachen gespielt hat, wurde der geholt – unabhängig davon, ob der wirklich ins Team passte. Hier wurde nicht selber bewertet. Diesen Fehler wollen wir nicht wiederholen. Es geht nicht darum, fünf herausragende Spieler für eine Mannschaft zu verpflichten, die alles reißen. Die anderen schwimmen dann nur mit, werden aber auf diese Weise nicht richtig gefordert und gefördert. Das ist nicht unser Weg. Dazu gilt es auch, ein bisschen demütiger zu werden. E-Jugendspieler mit Trolleys, die Körpergröße haben, werden hier nicht mehr durch die Gegend laufen. Wir wollen eben auch Werte vermitteln. Und da geht es um wichtigere Dinge als Ausrüstung."

Dreßen: "Wir wollen zudem auch mehr Spieler aus der Region nach Beeck holen, uns also mehr Richtung Erkelenz, Wegberg und Mönchengladbach orientieren. Beeck ist ein familiärer Verein, und das ist auch für uns die Richtschnur."

Zu Ihrer ersten Aufgabe zählte es, entsprechende Trainer für den Leistungsbereich zu finden. Was ist dabei herausgekommen?

Houben: "Fangen wir bei der C2 an – dort stehen für die Jugendlichen ja die ersten Schritte im Leistungsbereich an. Für diese Aufgabe haben wir Marco Saremba gewonnen. Der ist an dieser Schnittstelle genau der richtige Mann. Die C1 coacht nun Stephan Deues, der zuletzt die zweite Frauenmannschaft Borussia Mönchengladbachs trainiert hat, davor aber im Jugendbereich tätig war. Für die B-Jugend – auch da haben wir nur noch ein Team – ist nun Timo Rheindorf verantwortlich, zuvor Co-Trainer beim 1. FC Mönchengladbach. Der ist zwar erst 24, aber extrem ehrgeizig. Und für sein Alter weiß er schon verdammt viel über taktische Dinge. Nicht vergessen möchte ich an dieser Stelle aber auch Homan Taghizadeh. Denn der kümmert sich von unserer Seite aus federführend um die Spielgemeinschaft mit dem SC Wegberg in den unteren Jahrgangsklassen. Und das tut er mit ganz viel Herzblut."

Etwas eingeschlafen war zuletzt ja auch die Kooperation mit Borussia Mönchengladbach. Wie wollen Sie die wiederbeleben?

Dreßen: "Wir hatten genau darüber vor kurzem mit der Borussia ein richtig gutes Gespräch. Da werden wir nun einiges auf den Weg bringen. Fakt ist schon mal, dass es vermehrt Spiele gegen die Borussia geben wird. Aber da kommt noch mehr, ist aber noch nicht spruchreif. In einem Fall haben wir aber schon mal eine sehr konkrete Zusammenarbeit. Da geht es um einen ukrainischen Torwart von uns, der aber sowohl bei Borussia als auch in Beeck trainiert."

Was sich in Beeck aber einige wünschen würden, wäre, dass nach längerer Zeit auch mal wieder ein Akteur von Borussias U19, der dort keinen Seniorenvertrag erhält, nach Beeck kommt. In den Nuller Jahren hatte der FC da mit Arian Berkigt (2003), Philipp Reichartz (2004) und Johannes Walbaum (2005) in kurzer Zeit drei exzellente Erfahrungen gemacht. Speziell Berkigt und Walbaum waren dann über ein Jahrzehnt – und noch länger – in Beeck absolute Topspieler.

Dreßen: "Das ist aber weit schwieriger geworden. Borussias Akteure der U19 kommen mittlerweile aus ganz Deutschland. Wenn die bei Borussia nach der Jugend keinen Vertrag bekommen, gehen die in der Regel zurück in ihre Heimatregion – und die liegt dann eben nicht um die Ecke."

Gute Jugendarbeit kostet aber auch viel Geld. Wie schaut es da aus?

Dreßen: "Werner Tellers hat uns ein Budget zur Verfügung gestellt, und damit kommen wir aus. Wir denken, damit die Ziele des Vereins erreichen zu können. Unser Konzept ist erst einmal auf zwei Jahre ausgerichtet."

Sie zeichnen gemeinsam mit Jörg Albertz nun für den sportlichen Bereich der Beecker Jugend verantwortlich. Wer kümmert sich nun denn um die administrativen Aufgaben?

Houben: "Mein Co-Trainer Kwame Nsiah, der ja schon sehr lange im Verein ist, ist zugleich kommissarischer Jugendleiter und erledigt die administrativen Dinge nun gemeinsam mit Beecks Vorstandsmitglied Stefan Frühling sowie Yannik Leersmacher. Der ist ja nicht nur Spieler der ersten Mannschaft, sondern auch Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle. Was der Kwame hier alles macht, ist wirklich unglaublich. Und ich kann sagen, dass ich selten einen besseren Co-Trainer als ihn hatte. Der zählt da schon zu meiner persönlichen Top drei und erinnert mich häufig an meine erfolgreiche und langjährige Zusammenarbeit mit meinem Co-Trainer Khaled Daftari (heute Teammanager Union Nettetal), dem der gleiche Anteil wie mir an den erfolgreichen Saisons zugeschrieben werden kann. Auch hier macht der Teamgedanke vielleicht den Unterschied."

Dreßen: "Wir entscheiden hier wirklich alles gemeinsam, es gibt keine One-Man-Show mehr. Jörg und ich verstehen uns in erster Linie als Backups. Einer muss natürlich den Hut aufhaben, doch bislang war es nicht nötig, den einzusetzen. Wir verstehen uns als Teamplayer, diskutieren intern auch gerne mal kontrovers, aber am Ende stehen alle hinter den getroffenen Entscheidungen – und so muss es auch sein. Das gilt auch fürs Private: Ich bin jetzt seit 38 Jahren glücklich mit derselben Frau verheiratet, und das geht nur, wenn man alles bespricht und dann gemeinsam trägt. Und so möchte ich das auch hier im Verein handhaben."

Verfolgen Sie als Ex-Borusse eigentlich noch intensiv Ihren alten Verein?

Dreßen: "Natürlich bin ich sehr gespannt, wie sich die Borussia unter Daniel Farke entwickelt."

Der letzte große Titel war der DFB-Pokalsieg 1995. Da waren Sie dabei – als Co-Trainer von Bernd Krauss.

Dreßen (schmunzelt): "Ja, und damit kann ich sagen, dass ich derjenige bin, der an Borussias zwei letzten Titeln beteiligt war."

Sie spielen damit auf Borussias einzigen Deutschen Meistertitel in der Jugend an: Am 26. Juli 1981 gewann die Borussia das Endspiel um die B-Jugend-Meisterschaft gegen Eintracht Frankfurt vor 10.000 Zuschauern im Rheydter Grenzlandstadion mit 1:0 gegen Eintracht Frankfurt – mit Ihnen als Kapitän.

Dreßen: "Exakt so ist es. Auf der Gegenseite spielte damals Thomas Berthold. Daran kann ich mich noch gut erinnern."

Mario Emonds führte das Gespräch.

Aufrufe: 031.7.2022, 10:00 Uhr
Mario EmondsAutor