2024-04-25T14:35:39.956Z

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Hermann Teckelnburg spricht über die Zukunft des SV Straelen.
Hermann Teckelnburg spricht über die Zukunft des SV Straelen. – Foto: Arno Wirths

Tecklenburg: „Spielen Saison normal zu Ende“

Der Name des Präsidenten ist untrennbar mit der Erfolgsstory des SV Straelen verbunden. Wir haben ihn gefragt, wie es weitergeht.

Das Bauunternehmen Tecklenburg hat beim Amtsgericht Kleve einen Insolvenzantrag gestellt – diese Nachricht verbreitete sich am Mittwoch auch unter Sportlern im Kreis Kleve und am gesamten Niederrhein wie ein Lauffeuer. Seit mittlerweile vier Jahrzehnten sorgt Firmenchef Hermann Tecklenburg als Präsident und Hauptsponsor des SV Straelen dafür, dass an der Römerstraße Amateurfußball auf höchstem Niveau geboten wird.

Sein Herz für den Sport ist riesengroß. Vereinsvertreter, die ihn um Unterstützung bitten – sei es um einen Zuschuss für eine Jubiläumsfeier oder einen Trikotsatz für die Bambini – verlassen nur selten den Firmensitz an der Lingsforter Straße mit leeren Händen.

Es geht ins Trainingslager

Aktuell ist für Hermann Tecklenburg Fußball im wahrsten Sinne des Wortes nur die schönste Nebensache der Welt. „Jetzt geht es erst einmal um die Zukunft der Firma, dann kommt das Privatleben und vielleicht an dritter Stelle der Fußball“, sagt er. Die jüngsten Entwicklungen haben zumindest kurzfristig keine Auswirkungen auf das Engagement des Präsidenten für die erste Mannschaft, die sich als Tabellendritter der Oberliga in die Winterpause verabschiedet hat. „Wir werden uns jetzt nicht von Spielern trennen. Die Mannschaft fliegt wie vereinbart Anfang Februar ins Trainingslager in die Türkei und wird anschließend die Saison ganz normal zu Ende spielen“, versichert Tecklenburg.

Ein möglicher Rückzug der Mannschaft aus der Oberliga zur kommenden Spielzeit sei aktuell kein Thema. „Daran habe ich noch keinen Gedanken verschwendet. Bis zur neuen Saison vergeht noch mehr als ein halbes Jahr. In dieser Zeit kann viel passieren“, so der Präsident.

Kämpfertyp, der er ist und bleibt, erinnert sich der 75-jährige Boss garantiert wieder an seine aktive Zeit als Fußballer. Die älteren Zuschauer, die es sich in den orangefarbenen und grünen Sitzschalen an der Römerstraße bequem machen, erzählen noch heute gerne von den Heldentaten ihres Präsidenten auf dem Platz. Mitte der 70er und zu Beginn der 80er-Jahre galt Hermann Tecklenburg als gefürchteter Mittelfeldspieler, der keinem Zweikampf aus dem Weg ging, weder sich noch die Gegner schonte und beim Grätschen den Rasen umpflügte. Damals war der Maurermeister schon Firmenchef – 1976 hatte er den elterlichen Betrieb übernommen. Und wer aus diesem Holz geschnitzt ist, für den ist eine Insolvenz vergleichbar mit einem 0:1-Rückstand in der 85. Minute. Soll heißen: Die Gefahr einer Niederlage ist zwar groß, doch noch ist nichts verloren.

Chef des KFC Uerdingen, Vorstand bei Fortuna Düsseldorf

Hermann Tecklenburg hat Höhen (viele) und Tiefen (eher wenige) erlebt. Der erste richtige sportliche Höhenflug „seines“ SV Straelen setzte 1993 ein, als ein gewisser Jos Luhukay seine Zelte an der Römerstraße aufschlug. Der trickreiche Spielmacher aus den Niederlanden verzauberte jahrelang das Publikum, führte die Mannschaft in die Oberliga und startete 1998 seine erfolgreiche Trainerlaufbahn. Gleich sein erster Auftritt an der Seitenlinie ist in die Vereinsgeschichte eingegangen: Am 29. August 1998 unterlag der SV Straelen in der ersten Hauptrunde um den DFB-Pokal vor 3400 Zuschauern Fortuna Düsseldorf mit 4:7. Zu jener Zeit fuhr Hermann Tecklenburg bereits zweigleisig: von 1998 bis 2002 engagierte er sich als Vorsitzender des KFC Uerdingen. Das nötige Kleingeld für sein sportliches Engagement erwirtschaftete er damals unter anderen als Teilhaber der Gelderner Diskothek E-dry.

Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends wurde es zwischenzeitlich etwas still um den SV Straelen. Nicht ohne Grund: Damals hatte das Finanzamt dem umtriebigen Präsidenten erstmals vorgeworfen, das eine oder andere Spielergehalt gezahlt zu haben, ohne die Staatskasse entsprechend zu beteiligen. Jahrelang war den Grün-Gelben ein mittelmäßiges Schattendasein in der Landesliga beschieden, während „Tecki“ als Vorstandsmitglied von Fortuna Düsseldorf (2004 bis 2011) dem „großen“ Fußball erhalten blieb.

Fokus Straelen

Aber spätestens im Sommer 2015 hatte der heimatverbundene Tecklenburg die Nase voll. Damals hatte nur ein Derbysieg gegen die Sportfreunde Broekhuysen den drohenden Abstieg in die Bezirksliga verhindert – das war dann doch mindestens eine Nummer zu klein für den erfolgsverwöhnten Präsidenten und Chef eines florierenden Bauunternehmens. Er holte Fachleute wie den späteren Meistermacher Stephan Houben, dessen Assistenten Khaled Daftari und den Sportlichen Leiter Ilja Ludenberg ins Boot. 2018 ging’s hinauf in die Regionalliga, in der sich die Mannschaft zunächst nur ein Jahr halten konnten.

Tecklenburg nicht abschreiben

Doch in der folgenden Saison folgte unter Regie von Deutschlands ehemaliger Rekord-Torjägerin Inka Grings die sofortige Rückkehr in die vierthöchste deutsche Spielklasse. Zu Beginn der Saison 2022/23 sorgte noch einmal die Verpflichtung von Sunday Oliseh als Trainer für den nötigen Glamour-Faktor, dieser durfte allerdings nur das DFB-Pokalspiel gegen den FC St. Pauli (3:4) in der Duisburger Schauinslandreisen-Arena genießen. Danach lief in der Abstiegssaison voller Pleiten, Pech und Pannen nichts mehr zusammen. In der laufenden Spielzeit hat Trainer Sunay Acar die Mannschaft auf sympathische Weise runderneuert. Wie geht’s jetzt weiter? Abwarten. Die sportliche Zukunft ist für das nächste halbe Jahr gesichert. Was dann passiert, steht noch in den Sternen.

Zumal neben der Insolvenz seines Unternehmens ein weiteres Damoklesschwert über Hermann Tecklenburg hängt. Ende Oktober hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen „Vorenthalten von Arbeitsentgelt“ eingereicht – im Raum stehen rund 850.000 Euro, die den Sozialkassen entgangen sein sollen. Um im Bild zu bleiben: Hermann Tecklenburg und damit auch der SV Straelen liegen momentan zurück. Doch der gelernte Maurer, der es zum erfolgreichen Firmenchef gebracht hat, hat in seinem Leben schon viele Rückstände umgebogen.

Aufrufe: 014.1.2024, 09:00 Uhr
Volker HimmelbergAutor