2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Franz-Aaron Ullrich. F: Bock
Franz-Aaron Ullrich. F: Bock

"Wir haben es nicht geschafft, den Hebel umzulegen"

Franz-Aaron Ullrich, Spielertrainer des BSV Guben Nord, im FuPa Brandenburg-Interview

Seit Samstag steht fest: Der BSV Guben Nord muss nach neun Jahren in Brandenburgs höchster Spielklasse wieder runter in die Landesliga. FuPa Brandenburg sprach darüber mit Spielertrainer Franz-Aaron Ullrich.

Herr Ullrich, durch die Niederlage in Lübben haben Sie jetzt Gewissheit: Der Abstieg aus der Brandenburgliga ist nicht mehr zu verhindern.

Am Ende will natürlich keiner absteigen, aber irgendwo hat es sich in dieser Saison abgezeichnet und es ist auch verdient, weil wir in der Rückrunde nicht ein Mal das abgerufen haben, was vielleicht möglich wäre. Das hat sich wie ein roter Faden durch die ganze Saison gezogen. Wenn mal alle da und fit gewesen wären, dann wären wir eine gute Truppe für die Liga gewesen. Das haben wir in den letzten Jahren oft genug bewiesen. Aber es war immer nur ein wenn, wenn, wenn. In der ganzen Rückrunde war der Topwert mal acht Leute im Training, sonst stehen wir mit sechs oder sieben Mann auf dem Platz und versuchen jedes Wochenende einen Kader zusammenzubekommen. Da muss man auch ganz ehrlich sagen, dass es am Ende nicht reicht. Dann baust du ab der 50. oder 60. Minuten konditionell extrem ab. Einige trainieren gefühlt ein oder zwei Mal im Monat. Da haben es ganz ehrlich andere Truppen, die mit einem 20- oder 25-Mann-Kader hochmotiviert und durchtrainiert in der Liga starten mehr verdient als wir, die zu wenig investiert haben.

Wie kam es dazu? Vor der Saison gab es immerhin sieben Neuzugänge.

In der Hinrunde gab es auch ein aufbäumen und es sah nicht so schlecht aus. Aber es gab zur Halbserie schon wieder ein oder zwei Abgänge, unter anderem berufsbedingt. Der Kader war trotzdem nicht der Größte. Dazu hatten wir mit Daniel Anton einen Langzeitverletzten und Domenic Mönnich zwei wichtige Stützen, die weggebrochen waren. In der entscheidenden Phase hat jetzt auch Patryk Mrowca, der mit seinen Dribblings den Unterschied machen kann, wegen seines Studiums drei Monate gefehlt und steht nicht im Saft. Ich war froh, dass er gegen Lübben überhaupt dabei war, aber man hat gesehen, dass dann nach einer halben Stunde die Dribblings nicht mehr funktionieren. Man muss ganz ehrlich sagen: Der Großteil der Truppe spielt seit sieben oder acht Jahren schon zusammen und hat immer die Liga gehalten. Aber die Spieler werden älter, da werden mit Anfang 30 auf einmal die Prioritäten anders gesetzt. Da fehlt man mal beim Spiel, weil man am Wochenende angeln geht. Hinten dran haben wir aber nix junges und zerriges, was nachrücken könnte. Der Jugendförderverein in Guben ist super. Aber von der Qualität her sind da auch noch nicht die riesen Spieler bei uns angekommen, dass man mal sagen könnte, wenn bei uns zwei oder drei Spieler fehlen, dass man dann aus dem Nachwuchs welche reinwerfen könnte. Dazu gibt es auch Probleme, wer zu welchem Stammverein gehört. Deswegen kann man nicht ohne weiteres auf A-Junioren zurückgreifen. Wenn nur ein 14-Mann-Kader zur Verfügung steht und am Wochenende fehlen vier oder fünf Spieler, fährst du untrainiert und unfit hin und holst noch zwei oder drei in die Startelf aus der Zweiten Mannschaft. Da muss man sich noch bedanken, dass Spieler wie Michael Kaluza in den letzten drei Partien aushelfen. Aber das ist nur irgendwie auf die elf Mann kommen. Zusammengewürfelt, kämpfen, Gas geben. Da muss man versuchen, mit Einstellung und Kampf noch das beste rauszuholen. In der ganzen Saison hat weder die Mittelfeld- und Abwehrkette noch der Sturm mit der gleichen Aufstellung gespielt. Jedes Wochenende musste man etwas anderes zusammenwürfeln. Die letzten Jahre war es nicht so verkehrt, aber dieses Jahr musst du es akzeptieren, dass du unten dabei stehst. Wir haben es nicht geschafft, in der Rückrunde den Hebel umzulegen. Und der eine oder andere hat auch die Prioritäten nicht so richtig gesetzt, vielleicht hatten sie aber auch nicht vor Augen, wie prekär die Situation eigentlich ist. In der Breite hat sich die Liga total gesteigert. Da gibt es kein Spiel mehr, wo man sagen könnte, das zieht man mal so. Du musst überall alles rausholen, um deine Punkte zu holen. Und da konnten wir nie aus dem Vollen schöpfen.

Geht der Blick jetzt schon auf die nächste Saison?

Natürlich reden wir schon darüber. Die Situation ist wieder extrem prekär. Wir haben gesagt, dass es mit acht oder neun Mann im Training nicht weitergehen kann, auch wenn der Kader nicht so groß ist. Wir müssen jetzt abwarten, wie die Gespräche laufen. Von zwei oder drei Spielern hat man schon gehört, die es zwar nicht am Abstieg festmachen, aber so oder so gesagt haben, dass sie gehen. Arkadiusz Waskowiak wird wahrscheinlich nicht mehr zur Verfügung stehen, weil er in Zielona Gora einen neuen Job hat. Wenn jetzt bei dem ohnehin schon Mini-Kader noch zwei oder drei Abgänge dazukommen, wird es extrem schwer. Denn wo holt man zehn neue Spieler in Guben her? In Cottbus gibt es genügend Truppen und jahrelang hatten wir diesen Faustpfand als einzige Brandenburgliga-Mannschaft in der Region. Da konnte man mal aus Cottbus jemanden locken. Aber das wird jetzt auch schon schwer. Vielleicht strecken wir auch die Fühler nochmal nach Polen aus. Auf jeden Fall müssen wir uns jetzt so schnell wie möglich in die Spur machen, wenn wir eine schlagkräftige Truppe aufstellen wollen. Das soll kein Abgesang werden. Aber am Ende muss man sich auch fragen, ob das soviel Sinn macht, wenn man mit sieben, acht oder neun Leuten da steht und nicht mal halbwegs vernünftig trainieren kann.

Für Sie wird es weitergehen beim BSV?

Das ist jetzt nach dem Spiel erstmal schwierig zu sagen. Es liegen natürlich auch andere Angebote vor, sowohl als Trainer, als auch als Spieler. Das weiß ich auch von vielen Jungs, dass sie umworben sind. Aber wir werden uns jetzt erstmal zusammensetzen. Als junger Spielertrainer sprechen wir immer offen und ehrlich miteinander. Wir werden uns die Meinung sagen und wie es in Zukunft weitergehen wird. Dann müssen wir mit den Verantwortlichen einen Plan machen, was wir zusammenzaubern können - oder auch nicht.

Für eine mögliche engere Zusammenarbeit mit dem Nachbarn 1. FC Guben wäre es jetzt aber wohl schon zu spät.

Ja, das wird schwierig. Wir als Auswärtige aus Cottbus haben da immer ein anderes Bild drauf. Guben hat als Stadt eigentlich Potenzial, bei uns ist der Zuschauerschnitt sehr ordentlich. Auch von den Sponsoren her, auch wenn bei uns fast alles Jens-Uwe Kellberg macht. Aber es gibt auch genügend andere, die sich einbringen wollen würden. Wenn man da einen Großverein hätte, wäre es sicher positiv, die Kräfte zu bündeln. Aber da spielen natürlich auch andere Befindlichkeiten noch eine Rolle und andere Personen haben mehr zu entscheiden als ich. Rein sportlich gesehen krauchen beide Gubener Mannschaften auf dem Zahnfleisch. Nirgendwo hat man Leute. Wenn man da die Kräfte bündeln würde, wäre es sinnvoll. Aber das obliegt nicht meinem Aufgabenbereich. Für dieses Jahr wird es ohnehin nicht zur Debatte stehen.

Mit Franz-Aaron Ullrich sprach Sven Bock.

Aufrufe: 011.6.2018, 18:04 Uhr
Sven BockAutor