2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Franz-Aaron Ullrich.
Franz-Aaron Ullrich. – Foto: Bock

"70 bis 80 Prozent der Spieler werden nicht mehr hier sein"

Franz-Aaron Ullrich, Spielertrainer des BSV Guben Nord, im FuPa Brandenburg-Interview

Im Jahr eins nach dem Abstieg aus der Brandenburgliga hat sich der BSV Guben Nord im oberen Tabellendrittel der Landesliga Süd etabliert. Nach dem schon länger angekündigten Rückzug von Präsident und Hauptsponsor Jens-Uwe Kellberg wird es im Sommer aber einen großen Umbruch geben. FuPa Brandenburg sprach darüber mit BSV-Spielertrainer Franz-Aaron Ullrich.

Herr Ullrich, der klare Derbysieg gegen den Nachbarn 1. FC Guben ist sicher ein guter Saison-Abschluss vor den eigenen Fans?

Wir wollten zum letzten Heimspiel der Saison nochmal eine ordentliche Leistung abrufen. Das ist uns auch gelungen. Vor allem, dass wir uns auch für die Hinspielniederlage rehabilitiert haben. Alles in allem war es am Ende ein völlig verdienter und gerechter Sieg. Ich bin zufrieden, dass wir zum Abschluss nochmal unseren Fans ein gutes Heimspiel abliefern konnten und die Jungs bis zum Schluss ordentlich durchgezogen haben. Wir hatten jetzt vorher natürlich diese vier Niederlagen nacheinander. Aber man muss auch immer sehen, wie die Situation im Augenblick im Verein ist. Es steht ein großer Umbruch an. Keiner weiß bislang so richtig, wohin der Weg geht. Dafür muss man sagen, haben wir alles in Allem eine ordentliche Saison gespielt. Es war wieder alles nicht einfach: Du hattest wieder nicht den größten Kader, keine rege Trainingsbeteiligung und hast trotzdem gute Spiele abgeliefert. Am Ende fehlt dann natürlich das Quäntchen, um ganz oben angreifen zu können, wenn du teilweise nur mit sechs Mann Drei-gegen-drei spielst. Aber wenn wir am Wochenende zusammen waren, haben sich die Jungs immer gerade gemacht und den Arsch aufgerissen. Da kann man nichts sagen. Jetzt schauen wir, wo wir nach dem Spiel gegen Dynamo Eisenhüttenstadt noch landen in der Tabelle. Aber das wir uns im Derby nochmal ordentlich präsentieren war das Wichtige.

Wie genau wird der Umbruch aussehen?

Fakt ist: Mit Herrn Kellberg, der am Samstag verabschiedet wurde, geht der Präsident und seit vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten vor allem auch der Hauptsponsor von Bord. Er hatte vor drei Jahren schon angekündigt, dass die Aufwandsentschädigungen, die im Amateurfußballbereich Gang und Gäbe sind, zurückgefahren werden und sein Engagement nicht mehr so groß sein wird wie in den vergangenen Jahren. Er bleibt dem Verein natürlich im Hintergrund weiter erhalten und leistet seinen Beitrag. Man muss aber leider auch ehrlich sagen: Heutzutage nehmen schon in der Kreisliga Spieler ein Taschengeld mit. Und in Guben war es schon immer alleine von der Lage her schwierig, gute Leute für die Brandenburg- oder Landesliga herzu lotsen. Dann fast ohne finanzielle Mittel gute Spieler aus Cottbus oder auch aus Polen hier im Verein zu halten wird eine Bärenaufgabe. Es haben schon viele Gespräche stattgefunden und es ist inzwischen auch schon hinlänglich bekannt, dass von der Ersten Mannschaft 70 bis 80 Prozent der Spieler in der nächsten Saison nicht mehr hier sein werden. Der Verein hat für die kommende Spielzeit eine Mannschaft für die Landesliga gemeldet. Jetzt muss man sehen, was man daraus macht, ob man diesen Weg gemeinsam mit den Spieler aus der Zweiten Mannschaft geht, die aus der Kreisliga alle hochrücken. Das wird natürlich extrem schwer und es sind immer die Bedenken zu hören, dass es nicht so ein Fall wird wie Vetschau. Das man auf Teufel kommt raus den Landesspielplatz halten will, aber dann Kanonenfutter wird. Wir müssen schauen: Bis 30. Juni ist Wechselfrist und Abteilungsleiter Roland Kunzke legt sich enorm ins Zeug. Aber wie es genau weitergeht, steht leider noch in den Sternen.

Wie geht es für Sie persönlich weiter?

Ich habe lange alles offen gehalten. Das habe ich auch ganz offen kommuniziert: Es gibt viele andere interessante Aufgaben und Angebote. Ich habe auch schon mit anderen Vereinen gesprochen. Aber fest ist noch nirgendwo etwas. Ich kann auch gut und gerne hier beim BSV bleiben. Ich habe erstmal keinen Druck, ich habe einen guten Job und es passt alles. Am Ende muss es das sein wo ich sage, da habe ich am meisten Bock drauf. Es ist natürlich immer schwierig, weil es in diesem Bereich seit Jahrzehnten schon um Geld geht, aber in erster Linie soll es Hobby sein und Spaß machen. Ich komme aber auch aus dem Leistungsbereich und will ordentlich trainieren und mit Engagement und Zielen Fußball spielen. Leider kann ich aber noch nichts Spruchreifes sagen, wo es hingehen wird.

Für einen Trainer ist das aber sicher auch nicht die allerbeste Perspektive, wenn man weiß, dass 70 oder 80 Prozent der Spieler gehen?

Nein, definitiv nicht. Wenn man sich für diese Aufgabe entscheiden würde, wäre es mit der Mannschaft im kommenden Jahr eine Saison, die man überbrücken muss. Im Jugendförderverein trägt die Arbeit von Gunnar Geilich langsam Früchte, der sich jahrelang schon riesig engagiert. Wir haben eine sehr gute A-Jugend, die in die Brandenburgliga aufgestiegen ist. Aus den B- und C-Jugend-Jahrgängen kommen auch richtig gute Fußballer raus. Das Problem ist aber, dass die A-Junioren geschlossen in die Brandenburgliga gehen und keiner hoch rückt in den Männerbereich. Von daher kann man da vorerst auch nicht auf große Verstärkungen setzen. Es wäre eine Aufgabe, wo man weiß, dass es nur mit einer Mannschaft geht, wo engagierte und motivierte Spieler aus der Zweiten hoch rücken. Aber man auch weiß, dass die Qualität eigentlich nicht reicht und es geht nur gegen den Abstieg. Hut ab vor Vetschau, dass die sich dieses Jahr immer wieder aufgerappelt haben. So eine Festigkeit muss man erstmal haben. Und es kann durchaus so laufen, dass man die ersten fünf oder sechs Spiele irgendwo hinfährt und fünf oder sechs Kirschen bekommt. Dass das eine Aufgabe wäre, die sehr sehr schwierig und ambitioniert ist, steht außer Frage. Aber ich bin jetzt auch schon acht oder neun Jahre hier und habe gesagt, wir schauen bis zum Schluss was möglich ist. Vielleicht lässt der Eine oder Andere auch noch mit sich reden. Aber ich habe auch gesagt: Wenn absehbar ist, dass es von der Qualität und Breite des Kaders her so ist, das wir uns alle damit keinen Gefallen tun würden, muss man ehrlicherweise auch sagen, dass es andere Perspektiven und Wege gibt. Da sind wir im Verein mit Roland Kunze und Jens-Uwe Kellberg ehrlich und offen miteinander. Ich tue mich mit der Entscheidung selbst schwer, weil es mir im Herzen weh tut, wenn es nach acht oder neun Jahren, die man sich hier den Arsch aufgerissen hat, den Bach runtergehen würde.

Gibt es schon feststehende Abgänge?

Die Sportfreunde Kevin Hauf und Alexander Herzog aus Saspow, die aus der Kreisoberliga zu uns gekommen sind und uns super verstärkt haben, werden definitiv gehen. Herzog wechselt zurück zu Saspow in die Kreisoberliga, bei Kevin Hauf ist es noch etwas offen, aber die Tendenz geht auch zu Saspow. Da kann sich der Verein über zwei richtig gute Fußballer wieder in ihren Reihen freuen, wenn es so kommen sollte. Alexander Ost wird den Aufwand aus Potsdam nicht mehr betreiben. Er ist auch Vater geworden und fällt als Stürmer weg. Sven Hähnel geht zurück nach Bärenklau als Spielertrainer. Andere sind eigentlich auch schon weg, aber es besteht vielleicht noch die Option, bis zum 30. Juni auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt. Aber die Tendenzen gehen dahin, dass viele weg sein werden. Unser Torhüter Danny Hübner hat natürlich auch Begehrlichkeiten überall geweckt. Er hat die ganze Saison bei uns aufgrund seines Jobs und Umzugs vielleicht zehn Mal über das ganze Jahr trainieren können. Er war also fast ausschließlich nur bei den Spielen da und macht trotzdem immer seine Sache. Ab nächstem Jahr ist er richtig wieder im Saft, kann wieder trainieren und ist Job mäßig so eingebunden, dass er immer bei den Einheiten sein kann. Wenn er seine zwei oder drei Einheiten die Woche macht, ist er für jede Truppe in unserer Region eine super Verstärkung im Tor. Und du hast noch andere Spieler, die überall im Gespräch sind. Es gab auch schon Überlegungen mit den Cottbusern, ob man irgendwo gemeinsam in Cottbus etwas macht. Aber es gibt wie gesagt nichts Spruchreifes oder schon fest stehende Infos.

Es werden also noch spannende zwei Wochen bis zum 30. Juni.

Auf jeden Fall. Für mich ist es nur einfach schade zu sehen, welches Potenzial bei beiden Mannschaften in Guben da ist. Im Derby waren 500 Zuschauer da. Aber man es immer noch nicht richtig geschafft hat, sich mal zusammen zu setzen und zu sprechen und über den einen oder anderen Schatten zu springen, um einen gemeinsamen Verein aufzuziehen. Der Zeitpunkt wäre jetzt meiner Meinung nach ideal gewesen. Damit es dann auch nicht immer so ein Gebuhle um die Spieler aus dem Jugendförderverein gibt. Aber diese einheitliche runde Geschichte kam dieses Jahr leider wieder nicht zu Stande. Ich hoffe für den Gubener Fußball und für alle drum herum, dass die Leute es irgendwann verstehen und akzeptieren, dass es einfach so kommen wird. Wenn man sich gut aufstellen will, sollte man einen großen Verein haben.

Mit Franz-Aaron Ullrich sprach Sven Bock.


Aufrufe: 018.6.2019, 19:08 Uhr
Sven BockAutor