2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Im Bayerwald-Derby der Landesliga trifft unter anderem Hauzenbergs Johannes Schäffner regelmäßig auf die alten Kameraden des TSV Waldkirchen.
Im Bayerwald-Derby der Landesliga trifft unter anderem Hauzenbergs Johannes Schäffner regelmäßig auf die alten Kameraden des TSV Waldkirchen. – Foto: Geisler

Waldkirchen und Hauzenberg: Nachbarn, Rivalen - Feinde?

Viele Hauzenberger Spieler haben eine Waldkirchener Vergangenheit. Fließt deshalb böses Blut?

Als Mitglieder der Landesliga Südost sind sowohl der TSV Waldkirchen als auch der FC Sturm Hauzenberg fußballerische Aushängeschilder des Bayerischen Waldes. Beim Duell beider Teams darf man also getrost von einem Derby sprechen - zumal die beiden Stadtgebiete unmittelbar aneinandergrenzen. Die Berührungspunkte beider Sechstligisten werden noch deutlicher, wenn man den Kader der Geiger-Truppe genauer unter die Lupe nimmt: Beim "Sturm" tummeln sich zahlreiche Kicker mit Waldkirchener Vergangenheit, was unweigerlich zur Frage führt: Sind Hauzenberg und Waldkirchen mehr als nur Nachbarn und Rivalen - vielleicht sogar Feinde?

Nach dem Fast-Karriereende von Ex-Profi Robert Zillner und dem Wechsel seines Bruders Maximilian nach Salzweg sind es aktuell mit Spielertrainer Alex Geiger, Fabian Wiesmeier, Fabian Gastinger, Sebastian Raml, Johannes Schäffner und Jürgen Knödlseder sechs FC-Spieler, die ihre Fußballschuhe einst für Waldkirchen geschnürt haben und dort unter anderem bei "Wigg" Eckerl, inzwischen Teammanager in Hauzenberg, ihre Fußball-Ausbildung genossen haben. Hinzu kommen mit u.a. Benedikt Obermüller, Felix Schäffner, Philipp Breitenfellner und Adam Niemczyk weitere Akteure, die einst von Waldkirchen nach Hauzenberg gewechselt sind, inzwischen aber ihre Karriere beendet haben bzw. weitergezogen sind.

In Anbetracht dieser zahlreichen Abgänge, die der TSV Waldkirchen in den vergangenen Jahren in Richtung Hauzenberg verkraften musste, liegt es nicht fern, darüber zu spekulieren, ob die "Boscheissa"-Verantwortlichen um Abteilungsleiter Thomas Gründinger nicht gut zu sprechen sind auf die Hauzenberger Fußball-Chefs um deren sportlichen Leiter Markus Reischl - immerhin musste Waldkirchen immer wieder damit leben, dass Leistungsträger lieber beim Nachbarverein auflaufen. Doch dem ist nicht so, wie beide Seiten unisono gegenüber FuPa bestätigen.


"Der regionale Spielermarkt gibt nur wenig her"

"Wir pflegen gute Kontakte, der Umgang miteinander ist einwandfrei - und eine gesunde Rivalität hat noch nie geschadet", berichtet Markus Reischl vom Verhältnis zum Nachbarn und Ligarivalen. Der junge, aber dennoch erfahrene Hauzenberger Funktionär war in der Vergangenheit an vielen Transfers des Sturms maßgeblich beteiligt. Angesprochen auf die vielen Neuverpflichtungen mit Waldkirchener Vergangenheit, ist dem 35-Jährigen diese Tatsache durchaus bekannt, wobei die Hauzenberger Transferbemühungen nicht bewusst den Nachbarn schwächen sollen - sondern Folge des überschaubaren Potenzials an qualitativ hochwertigen Fußballern im Bayerischen Wald ist.

Auf Verbandsebene sei es im immer noch strukturschwachen Gebiet zwischen Staffelberg und Osser schwierig, Spieler zu bekommen, die Landesliga-Niveau haben. "Der Spielermarkt gibt bei uns in der Region nur wenig her. Die Vereine, die entsprechende Spieler haben, sind überschaubar. Und dann bemüht man sich zwangsläufig immer wieder um Akteure von Hutthurm, Passau - oder eben Waldkirchen", berichtet Reischl, der eigenen Angaben zufolge über ein großes Netzwerk in der regionalen Fußballszene verfügt und deshalb viele potenzielle Sturm-Spieler im Auge hat.


"Diese Konstellation macht ein Derby doppelt interessant"

Und in den letzten Jahren läutete dann halt öfter das Handy von Thomas Gründinger, Abteilungsleiter beim TSV Waldkirchen, hinsichtlich eines anstehenden Wechsels eines Waldkirchener Spielers nach Hauzenberg. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass das Bayerwald-Landesliga-Derby mittlerweile zu einer Art Klassentreffen geworden ist. Man kennt sich, man schätzt sich - man will aber auch unbedingt gegen den Lokalrivalen gewinnen. "Diese Konstellation macht ein Derby natürlich doppelt interessant. Da ist schon eine gewisse Brisanz da", weiß auch Markus Reischl.

Der 35-Jährige erklärt darüber hinaus, dass beide Vereine eine unterschiedliche Philosophie aufweisen. Während Waldkirchen der typische Ausbildungsverein ist, der Abgänge immer wieder durch Talente aus der eigenen Jugend auffängt, ist Hauzenberg eher daran interessiert, gestandene Spieler an Land zu ziehen. Grund für diese Vorgehensweise ist auch, dass Hauzenberg in Sachen Jugendarbeit einige Versäumnisse aufzuarbeiten hat, wie der Sturm-Fußballchef unumwunden zugibt. "Hier haben wir Fehler gemacht und hinken deshalb etwas hinterher. Wir sind aber sehr bemüht, den Rückstand aufzuholen. Und ich bin davon überzeugt, dass wir schon bald die entsprechenden Früchte ernten dürfen."


"... im Gegensatz zu früher der normale Lauf"

Wenn es darum geht, eigene Nachwuchskräfte in die Landesliga-Elf einzubauen, ist Waldkirchen ein Vorbild - nicht nur im Bayerischen Wald, sondern auch darüber hinaus. Eine gewollte und gleichzeitig auch aus der Not geborene Philosophie, wie Thomas Gründinger deutlich macht. "Wir müssen auf die Jugend setzen - es geht einfach nicht anders aus finanziellen Gründen." Und irgendwie ist der TSV dann auch darauf angewiesen, dass diese Spieler im reiferen Alter gegen eine entsprechende Ablöse weiterziehen. Mit Mario Strahberger, Benedikt Giller oder Philip Autengruber gehören auch aktuell wieder vielversprechende Talente dem Kader an, die bereits in jungen Jahren Stammspieler und Leistungsträger sind.

Verläuft deren Entwicklung weiterhin so vielversprechend, werden sie zwangsläufig interessant für andere Vereine - wie eben dem FC Sturm Hauzenberg, der "einen zu uns alternativen Weg" (Gründinger) geht. Mit kontinuierlicher Arbeit mit jungen Sportlern habe man die Landesliga erreicht, das sportliche Nonplusultra für Waldkirchen. Gleichzeitig war man zwischenzeitlich jahrelang vor dem Rivalen aus der Granitstadt, der viele Jahre in der Bezirksliga spielte und erst 2015 in die 6. Liga zurückkehren konnte. "Freilich ärgert es einem, wenn Spieler den Verein verlassen, gerade wenn sie zum Rivalen wechseln. Doch das ist, im Gegensatz zu früher, inzwischen der normale Lauf."


Ex-Profi Robert Zillner kennt beide Seiten

Ebenso wie Markus Reischl spricht auch Thomas Gründinger von einem "normalen Verhältnis" zum Nachbarverein. Auch mit den ehemaligen Spielern, die inzwischen für Hauzenberg spielen, seien noch Kontakte da. "Manche ehemalige Teamkamerade treffen sich auch heute noch regelmäßig", weiß der TSV-Funktionär. Trotz allem gegenseitigen Respekt und der Bestätigung eines guten Verhältnisses freuen sich beide Fußballchefs natürlich auf das regelmäßige sportliche Kräftemessen in der Landesliga. "Das eigene Ego treibt einem an", erzählt Thomas Gründinger und schmunzelt vielsagend.

Einer, der beide Seiten kennt - und auch das im Gegensatz zum Amateurbereich eher unpersönlichere Profitum miterlebt hat, ist Robert Zillner. Vor seiner Zeit in der 1. und 2. Bundesliga kickte der Wegscheider für den TSV Waldkirchen. Nach seiner Profizeit und einer Zwischenstation beim SV Schalding-Heining schloss er sich dem FC Sturm Hauzenberg an. Der 33-Jährige, dessen Karriere sich langsam dem Ende zuneigt und der nur noch als Stand-Bye-Spieler zur Verfügung steht, kann also mit den nötigen Abstand auf die Rivalität der beiden Bayerwald-Landesligisten blicken.


"Ein Duell wie Wegscheid gegen Hochwinkl"

Ganz professioneller Sportler gibt er zu Protokoll: "Für mich waren die Duelle mit Waldkirchen Spiele wie jedes andere auch - man will gewinnen." Dass man sich gegenseitige kenne, sei während der 90 Minuten relativ egal - weshalb die letzten Begegnungen für ihn ganz entspannt waren. "Und nach dem Spiel trinkt man dann miteinander ein Bier - und alles ist gut." Von einer besonderen Brisanz oder gar einer Feindschaft will der ältere der Zillner-Brüder deshalb nicht sprechen. "Für mich ist Hauzenberg gegen Waldkirchen ein ganz normales Nachbarschaftsduell - wie beispielsweise Wegscheid gegen Hochwinkl."

Dass Robert Zillner die Sache relativ nüchtern betrachtet, liegt wohl auch daran, dass viele seiner ehemaligen Mitspielern bei Waldkirchen, mit denen er in der A-Jugend in der Bayernliga spielte, längst nicht mehr aktiv sind. Anders ist es bei Johannes Schäffner. Der 28-jährige Defensivspezialist, der schon mehrmals die Sturm-Kapitänsbinde trug, hat beispielsweise in seiner Waldkirchener Zeit mit Torjäger Martin Krieg um Punkte gekämpft, der jetzt bei den Derbys oftmals sein direkter Gegenspieler ist.


"Jeder macht sein eigenes Ding"

Johannes Schäffner ist also "direkt betroffen" - bestätigt aber Markus Reischl und Thomas Gründinger darin, dass zwischen Hauzenberg und Waldkirchen sein "normales Verhältnis" besteht. "Nichtsdestotrotz sind Spiele gegen Waldkirchen immer etwas Besonderes. Es ist aber sicher nicht so, dass man sich gegenseitig etwas Schlechtes wünscht. Man respektiert sich", berichtet der 28-Jährige, der sich in Hauzenberg wohlfühlt und auf der Suche nach einer neuen Herausforderung gewechselt ist, an seine Waldkirchener Zeit aber dennoch schöne Erinnerungen hat.

"Ich habe in Waldkirchen viel gelernt und auch viele Erfolge gefeiert - beispielsweise den Aufstieg in die Landesliga. Dafür bin ich dem TSV sehr dankbar", findet Schäffner lobende Worte für seinen Jugendverein. Deshalb war es "am Anfang ein bisschen komisch, wegen die alten Mitspieler zu spielen, mit denen noch heute Freundschaften bestehen". Vergleichen möchte der FC-Kicker die beiden Vereine nicht. Denn: "Jeder macht einfach sein eigenes Ding."

Aufrufe: 06.7.2019, 09:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor