2024-05-02T16:12:49.858Z

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Markus Steinhöfer im Trikot  des TSV 1860 München - Keine leichte Zeit, wie er selbst sagt. sampics / Stefan Matzke / sampics
Markus Steinhöfer im Trikot  des TSV 1860 München - Keine leichte Zeit, wie er selbst sagt. sampics / Stefan Matzke / sampics

Steinhöfer über den TSV 1860: „Es ist und bleibt leider ein Chaos-Verein“

Ex-Profi spricht exklusiv über seine Karriere

Über zehn Jahre war Markus Steinhöfer Profi. Bei Fussball Vorort spricht er über Mohamed Salah, Neymar und Co. Der 32-Jährige hat sogar seinen eigenen Fangesang, wenngleich dahinter eine kuriose Geschichte steht.

Fußballprofi: Vor tausenden jubelnden Fans dem Ball hinterherjagen und das Hobby zum Beruf machen. Ein Traum, der nur für die Wenigsten je in Erfüllung gehen wird. Doch Markus Steinhöfer gehört zu denen, die es geschafft haben. Der gebürtige Weißenburger blickt auf eine Karriere mit den klassischen Höhen und Tiefen zurück.

„Trapattoni kannte ich von seinem Ausraster von der PK“

Steinhöfer hatte nie ein wirkliches fußballerisches Vorbild. Aber wie viele Jungs war er vor allem Fan von den Kickern, die zur jeweiligen Zeit für Furore sorgten. 2002 wechselte der Rechtsverteidiger von der Nürnberg-Jugend zur U19 des FC Bayern. „Die Jugendzeit in München war super, dort hatte ich eine sehr schöne Zeit. Ich habe für zwei Jahre im Jugendhaus mit 13 Jungs auf einem Haufen gewohnt, was zum akklimatisieren am Anfang klasse war. Es fehlt dir in der Jugend bei den Bayern an nichts,“ erinnert er sich im Vorort-Interview.

Steinhöfer erzählt, dass zur damaligen Zeit pro Jahr nur ein Jugendspieler zu den Profis hochgezogen wurde. Warum das so war, kann sich der heute 32-Jährige nicht erklären. „Das ist irgendwann nervenaufreibend, wenn man in die große Fußballwelt hinaus will.“ Deshalb entschloss sich Steinhöfer gemeinsam mit seinem Berater dazu, sich für zwei Jahre von RB Salzburg ausleihen zu lassen. „Irgendwann muss man mal den nächsten Schritt machen.“ Die richtige Entscheidung, wie er betont. Sein erster Profitrainer war Giovanni Trapattoni, der zusammen mit Lothar Matthäus an der Seitenlinie stand. „Das war für mich natürlich eine geile Sache. Trapattoni kannte ich von seinem Ausraster von der Pressekonferenz und plötzlich habe ich ihn jeden Tag zwei Jahre lang gesehen“, schwelgt Steinhöfer in Erinnerungen.

"Bin zurückgekehrt und hatte den gleichen Schlammassel"

Kurz nach seiner Rückkehr wechselte er zu Frankfurt. Zwar verlief die Saison für die Eintracht in der 1. Bundesliga nicht sehr erfolgreich, Steinhöfer mit seinen damaligen 22 Jahren glänzte jedoch und wurde zum drittbesten Vorbereiter der gesamten Liga. Allerdings änderte sich die Situation, als Trainer Friedhelm Funkel entlassen wurde und Michael Skibbe übernahm. „Er hat mir vom ersten Tag an im Training gesagt, dass er nicht mit mir plant, weil er neue Leute holen wird.“

Als logische Konsequenz ließ sich Steinhöfer erneut ausleihen, diesmal nach Kaiserslautern. Dort erlebte er ein erfolgreiches halbes Jahr, konnte mit seiner Mannschaft die Meisterschaft der zweiten Liga gewinnen. „Dann sollte ich dort eigentlich auch bleiben, aber irgendwas mit der Ablösesumme passte nicht. So bin ich zurückgekehrt und hatte den gleichen Schlamassel.“ Steinhöfer verließ erneut die deutschen Fußball-Ligen und transferierte in die Schweiz zum FC Basel. „Im ersten Moment ein Rückschritt.“ Doch für ihn war es das Sprungbrett in den internationalen Fußball und die erfolgreichste Zeit seiner Laufbahn.

Der beste FC Basel aller Zeiten

Zweieinhalb Jahre kickte Markus Steinhöfer für den Traditionsklub. Er darf sich dreifacher Schweizer Meister und Sieger des Schweizer Cups nennen. „In der Zeit, in der ich da war, hatten wir mit die beste Mannschaft. Wir haben einen Fußball gespielt, für den jeder gerne ins Stadion kam.“

Mit Ex-Bayer Xherdan Shaqiri bildete Steinhöfer eineinhalb Jahre die rechte Seite des FC Basel. „Es gibt Schlimmeres“, lacht Steinhöfer. „Shaqiri waren damals für sein Alter unfassbar, solch gute Spieler habe ich selten gesehen, vielleicht auch noch gar nicht“ lobt er. Auf und neben dem Platz haben sich Steinhöfer und Shaqiri gut verstanden. „Wir hatten damals in der gesamten Mannschaft kaum das Problem, dass sich einer mit dem anderen nicht versteht. Das war auch unser Vorteil.“

Aber auch Mohamed Salah, Torschützenkönig und von den Mitspielern zum besten Kicker der Premier League der Saison 2017/18 gewählt, trug eineinhalb Jahre das Trikot des FCB. „Ehrlich gesagt, hat es ihm damals niemand zugetraut, außer die Leute, die ihn geholt haben. Im ersten halben Jahr stand er nur im Training und hat gefroren, hatte ich das Gefühl. Das war natürlich auch ein Kulturschock für ihn.“ Dennoch: „Wenn er losgelegt hat, hat man gesehen, was er kann“, so Steinhöfer. Den Torriecher entwickelte der Ägypter aber nicht beim FC Basel. „Am Anfang hat er bei uns sehr viele Chancen vergeben. Ich glaube, dass Jürgen Klopp da einen großen am jetzigen Erfolg hat.“

Basel-Fans dichten Song zu Ehren Steinhöfers

Ein wahrer Höhepunkt in der Karriere von Steinhöfer war der 7. Dezember 2011. Gruppenphase in der Champions League, der FC Basel und Manchester United standen sich gegenüber. Überraschend konnte der Schweizer Verein gegen die Übermacht aus England gewinnen und kegelte Ryan Giggs, Wayne Ronney und Co. aus der Königsklasse. „Solche Spiele werden immer in Erinnerung bleiben“, schwärmt Steinhöfer. Und das nicht nur wegen des Ergebnisses. Bei einer missglückten Abwehraktion schmetterte der 1,76 Meter-Mann die Kugel in bester Stürmermanier per Volley an die Latte des eigenen Tores. „Ein Lattentreffer passiert, da war das Glück endlich mal auf meiner Seite.“

Die Fans des FC Basel jedoch sorgten dafür, dass dieser Augenblick in Erinnerung blieb. Mit dem Fangesang „Dr Steini isch e Glatte, dr Steini isch e Glatte, dr Steini schiesst dr Ball an d Latte“ erinnerten sie an diesen denkwürdigen Abend. „Wir haben ihn auch in der Meisterfeier gesungen. Es ist cool, dass es diesen Song gibt.“

Nach zweieinhalb Jahren war dann wieder Schluss beim FC Basel. Steinhöfer wollte zurück in die Bundesliga und der FCB hatte noch jemanden in der Hinterhand. So trennte man sich in beidseitigem Einverständnis.

„Es ist und bleibt leider ein Chaos-Verein“

Der Wechsel in die Bundesliga missglückte jedoch. Es ergab sich zwar etwas für Steinhöfer, doch kurz vor seinem Medizincheck platzte der Transfer. „Damit hat diese Odyssee begonnen, dass ich nach Spanien bin. Eine schlechte Entscheidung hat zur nächsten geführt“, erinnert sich der Abwehrspieler an den beginnenden Abwärtstrend seiner Karriere.

Betis Sevilla, statt Bundesliga. In Spanien hielt es Steinhöfer nur für ein halbes Jahr. Trotz der sportlichen Durststrecke hat er ein besonderes Andenken aus dieser Zeit mitgenommen. Im Rahmen der spanischen Liga traf der Rechtsverteidiger auf den FC Barcelona. Direkter Gegenspieler: Neymar. Nach dem Spiel tauschte Steinhöfer mit dem Ausnahmespieler das Trikot und hat es noch heute bei sich zu Hause.

Die „Odyssee“ führte ihn dann weiter zum TSV 1860. „ Für mich war es schön nach Deutschland zurück zu kommen. Es ist und bleibt ein Chaos-Verein. Man sieht es ja von Außen schon, aber intern ist es noch einmal eine Spur schlimmer, finde ich. Es ist nicht einfach dort“, fasst Steinhöfer seine Zeit bei den Münchner Löwen zusammen.

"Schuster gehört ganz klar zu den Trainern, die mir nicht liegen"

Auch bei seinen folgenden Stationen VfR Aalen und Sparta Prag hielt es den inzwischen routinierten Profi nicht lange. Nach seinem Aufenthalt in Tschechien war er vereinslos. „Es war eine schwierige Zeit, weil man nicht weiß, ob es weitergeht oder nicht. Aber es war auch mal schön, ein normales Leben führen zu können. Ich habe versucht, das Beste daraus zu machen, was mir auch gelungen ist.“

Dann ergab sich eine Möglichkeit beim FC Darmstadt, die Steinhöfer ergriff. „Die Zeit bei den Lilien mit Thorsten Frings war cool, am Ende war es für mich wieder gar nichts.“ Grund hierfür war die Entlassung von Frings und das Comeback von Dirk Schuster. „Es gibt Trainer, die liegen einem, und es gibt Trainer, die liegen einem nicht. Und Schuster gehört ganz klar zu denen, die mir nicht liegen“ gesteht der Routinier.

Es war die bislang letzte Station für Markus Steinhöfer im Profifußball. Eine Tatsache, der er gelassen ins Auge schaut. „Ich bin froh, dass das Kapitel „Profifußball“ momentan auf Eis gelegt ist. Man wird sehen was die Zukunft bringt. Ich bin jetzt einfach froh, zu Hause und der Papa zu sein. Das ist viel wert. Es gibt irgendwann wichtigere Dinge als Fußball.“

Text: Jan Ahrens

Aufrufe: 01.11.2018, 11:05 Uhr
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