2024-05-02T16:12:49.858Z

Querpass
F: Zobe
F: Zobe

Prestigeträchtiger Pokalkracher

oder: warum der FSV nur sich selber schlagen kann...

Fans des Frauenfußballs in Ostwestfalen werden dank der Losfee Emma Gersema, ihrerseits Spielführerin der C-Jugend des SV Meppen, dieses Wochenende „erneut“ in den Genuss eines prestigeträchtigen Duells kommen, nämlich dann, wenn am Sonntag, den 09. September 2018, in der Schüco - Arena der Anpfiff zur 2. Runde des DFB Pokals erfolgt

Denn auf die bestens in die Regionalliga West gestarteten Armininnen wartet kein geringerer Gegner als der Lokal - Rivale und ehemalige Ligakonkurrent FSV Gütersloh 2009.

Ehemalig deswegen, weil dem DSC in einem wohl an Dramatik nicht zu überbietendem Saisonfinale der Klassenerhalt zur neu gegründeten eingleisigen 2. Bundesliga in aller letzter Minute nicht geglückt war. Am Ende fehlte ein Punkt, um die Klasse zu halten.

Der FSV hingegen hatte sich frühzeitig gerettet und konnte im letzten Heimspiel durch einen 4:0 Erfolg gegen den bis dahin schon sicher abgestiegenen Nachbarn Herforder SV einen versöhnlichen Saisonabschluss feiern.

Motivation und Grund genug also für den Gastgeber, der das Glück des Heimrechts auf seiner Seite hat, eine Neuauflage des Duells zu erleben. Vor zwei Jahren gab es die gleiche Paarung und den Schützlingen von Markus Wuckel war ein Torfestival geglückt. Mit 6:2 kam der FSV total unter die Räder und wurde gefühlt deklassiert. Während dieser Partie hatten sich die Spielerinnen unter der Regie von der polnischen Nationalspielerin Kamila Kmiecik regelrecht in einen Torrausch gespielt. Zwar konnte der FSV in der 27. Minute durch Magdalena Richter in Führung gehen. Doch zwölf Minuten später glich Arminia durch die Kapitänin Kmiecik aus und schaffte es eine Minute später durch Annabel Jäger, die Partie zu drehen. Mit dem Halbzeitpfiff führte dann die Außenverteidigerin Tanja Thermalen per Kopf ihr Team auf die Siegerstraße. Nach der Halbzeit ließ Arminia Bielefeld seine Fans sicher vom Achtelfinaleinzug träumen, als Maxine Birker mit einem sehenswerten Distanztreffer in der 54. Minute das 4:1 erzielte. Annabel Jäger stürzte mit ihrem zweiten Treffer des Tages den Gegner ins Tal der Tränen. Zwar gelang dem FSV durch Laura Notmann zehn Minuten vor Schluss noch ein Treffer, der aber letztlich nur Ergebniskosmetik war. Den Schlusspunkt in einer fulminanten Pokalpartie setzte Laura Liedmeier in der 85. Minute zum 6:2 Endstand.

Ein dunkler Tag in der DFB - Pokal - Historie für den FSV Gütersloh, weshalb die erneute Begegnung eine Art Wiedergutmachung und Rehabilitation darstellt. Bemerkenswert ist zu erwähnen, dass drei der damaligen fünf Torschützinnen (die alle samt bis auf Kamila Kmiecik noch die Fußballschuhe für den DSC schnüren) alle eine FSV - Vergangenheit vorweisen können. Streng genommen hatte sich der FSV also zu 66,6% selbst geschlagen:

Beginnen wir mit der ersten Schützin:

Annabel Jäger wechselte 2001 in die Frauenabteilung des FSV Gütersloh (damals noch FC Gütersloh 2000 genannt) zur damaligen B - Jugend und reifte dort zur einem vielversprechenden Talent heran. In dieser Zeit wuchs sie zu einer etablierten Kraft in sämtlichen Juniorinnen - Auswahljahrgängen des DFB heran und darf sich mit 10 Einsätzen sogar Rekordnationalspielerin der U - 15 Auswahl nennen. Seit der Saison 2009/10 spielte sie bis Sommer 2012 für die erste Frauenmannschaft in der 2. Bundesliga Nord, mit der sie in ihrer letzten Saison den Aufstieg in die Bundesliga feiern konnte. Anschließend versuchte sie aber ihr Glück beim Bundesligisten Vfl Wolfsburg, ehe sie zur Saison 2015/16 zu ihrem Heimatverein zurückkehrte. Ein Jahr später folgte aber der Wechsel zu Arminia Bielefeld. Ihre größten Erfolge verlebte sie in der Zeit beim FSV Gütersloh: So konnte sie zweimal bei den U - 17 Europameisterschaften die Bronzemedaille gewinnen und wurde sogar Vize - Weltmeisterin mit der U - 20 - Delegation des DFBs.

Maxine Birker

Die jüngste und erste im Bunde der (ehemaligen) FSV - Akteurinnen zugleich. Denn notgedrungen musste sie ihren liebgewonnenen Ausbildungsplatz zwischen den Jungen in der Bezirksliga beim SC Halle aufgegeben, den sie dank einer Sondergenehmigung des DFB bis zur C - Jugend behalten durfte. Also ging sie mit 13 Jahren zu den B - Juniorinnen des FC Gütersloh 2000, die damals in der höchsten Spielklasse des Mädchenfussball spielten. Kein Geringerer als ihr Vater Wolfgang Mittendorf war Trainer dieser Mannschaft. Zum damaligen B-Jugendkader gehörten auch Spielerinnen wie Anna Laue, Frederike Bittner, Deniz Harbert und später Stefanie Goddard, die sich später im Raum OWLs und darüber hinaus einen Namen in der Frauenfußball-Szene machen sollten. Innerhalb von zwei Jahren gelang es den beiden Mittendorfs mit Gütersloh im Endspiel um die deutsche Meisterschaft aufzutreten. Beide Male scheiterten sie im Finale knapp an der Talentschmiede aus Potsdam. Der damalige Erstligist FFC Heike Rheine wurde auf Maxis Talent aufmerksam und gewann das Talent für seine Damenmannschaft. Mit gerade einmal 15 Jahren wurde sie so zur jüngsten Bundesligaspielerin aller Zeiten. Nach nur einem Jahr kehrte sie aber dem Münsterland den Rücken, weil der Fahraufwand zu hoch war und nicht im Einklang mit ihren schulischen Ambitionen zu bringen war. Der erneute Wechsel zurück in die Heimat brachte aber sportlich gesehen nicht so viel Zufriedenheit wie in den Anfängen, sodass Birker 2007 ihr fußballerisches Glück beim Nachbarn, dem Herforder SV unter der Regie von Björn Kenter ver-suchte. Dort erlebte sie gleich ein rauschhaft erfolgreiches Jahr und stieg 2008 mit der Mannschaft in die erste Bundesliga auf. Der gleiche Erfolg sollte sich im Jahr 2010 erneut wiederholen.

Laura Liedmeier war ein Eigengewächs des FSV Gütersloh und wuchs dort seit der C - Jugend (2010) zur Allrounderin heran. Denn ursprünglich war sie eine brandgefährliche Stürmerin in den Reihen der B - Jugend und später bei den Damen. Zu ihren größten Erfolgen während ihrer Spielzeit in der Bundesliga West/Südwest (2012/2013) zählt der Gewinn der Meisterschaft und die daraus resultierende Qualifikation der Deutschen Meisterschaften. Im Endspiel gegen den hochgehandelten Favoriten, die Talentbienen aus der aufstrebenden Fußballschmiede des FC Bayern Münchens musste sich der FSV 3:1 geschlagen geben und vor einer beeindruckenden Kulisse von ca. 1500 Zuschauern sich mit dem Titel Deutscher Vizemeister begnügen.

Ab der Saison 2013/2014 trat sie für die Seniorinnen in der 2. Bundesliga Nord gegen den Ball und kam binnen von zwei Jahren auf 13 Einsätze. Insgesamt für die ehrgeizige junge Spielerin zu wenig, weshalb sie sich, auch wegen ihres Jura - Studienplatzes in Bielefeld, zu einem Wechsel in die Westfalenliga für Arminia Bielefeld entschied. Vor Laura Liedmeier Offensivqualitäten müssen sich die FSV - Akteurinnen aber nicht fürchten: sie setzt examensbedingt eine Fußball-Pause ein, um ihre ganzen Energien für ihren Abschluss als Juristin zu bündeln.

Sarah Grünheid wechselte in der Saison 2015/2016 aus dem Ruhrgebiet (Vfl Bochum) nach Ostwestfalen. Sie blieb aber nur eine Saison und schloss sich dann dem Nachbarn Arminia Bielefeld an, der in die 2. Bundesliga Nord aufgestiegen war. Die Entscheidung sollte sich als goldrichtig herausstellen, denn sie schlug ein „wie eine Bombe“ und etablierte sich zur Stammkraft.

Eine Saison später (2017/2018) wurde sie sogar Torschützenkönigin.

Blickt man hingegen auf die Biographien der Spielerinnen des FSV Gütersloh findet sich erstaunlicherweise keine einzige Akteurin mit DSC - Vergangenheit. Ganz im Gegenteil: Der Großteil des Kaders hat seine sportliche Laufbahn beim FSV Gütersloh begonnen, was also für eine ausgeprägte und erfolgreiche Nachwuchsförderung spricht. Lediglich vier Spielerinnen haben schon woanders Fußballluft geschnuppert: Zu ihnen zählen Melissa Knüppel (Vfl Wolfsburg), Marleen Peters (On - Off - Beziehung mit dem Magdeburger FFC), Paula Reimann (Vfl Bochum) Isabelle Wolf (SGS Essen Schönebeck) und Neuzugang Lia College Wille (SV Rot Weiß Fellern). Ein weiterer Grund kann auch darin liegen, dass der Kader mit einem durchschnittlichem Alter von 21,9 Jahren eine der jüngsten der Liga ist.

Aus eben diesen aufgeführten Gründen ist es vielleicht langfristig im Sinne jeder Vereine oder sogar des dritten im OWL-Bunde (Herforder SV) lohnenswert, darüber nachzudenken, in Zukunft gemeinsam an einem Strang zu ziehen, anstatt sich durch das Aufrechterhalten der langjährigen Rivalität unnötig gemeinsam um Talente zu berauben. Auch wäre vielleicht mit dieser noch utopisch erscheinenden Fusion Licht am Ende der eher unzufrieden stellenden Platz (Tunnel - ) Problematik. Denn die Damen der Arminia haben „immer noch“ kein eigenes fußballerisches Zuhause und müssen für ihre Übungseinheiten verschiedene Plätze der Region aufsuchen, um sich dort auf die Spiele vorzubereiten. Das haben die FSV - Damen ihnen voraus mit der eigenen Tönnies - Arena, Eine langfristige Lösung scheint in Sicht, da sie die Anlage an der Windflöte in Aussicht haben. Aber das Gelingen des Projektes ist noch von einigen wackeligen (Rahmenorganisatorischen) Variablen abhängig. Das wird aber vermutlich wahrscheinlicher sein als dass einer der Vereine mit traditionsreicher Vergangenheit bereit wäre, seine sportliche Identität aufgeben zum Wohle einer Leistungszentrierung - und Steigerung. Schade eigentlich.

Aufrufe: 08.9.2018, 13:22 Uhr
Nicu BurgheimAutor