2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
F: Kammerer
F: Kammerer

"Nicht im Sinne des Sports"

Mario Kallnik, Geschäftsführer des 1. FC Magdeburg, äußert sich im Interview zur Reform der Regionalliga

Am 08. Dezember entscheidet der DFB-Bundestag über die Reform der Aufstiegssituation in der Regionalliga, wobei auch die Zerschlagung der Nordost-Staffel zur Disposition steht. Mario Kallnik, Geschäftsführer des 1. FC Magdeburg und Sprecher der Drittliga-Vereine, hatte sich bereits aktiv in die Debatte eingebracht und bezieht im Interview gegenüber FuPa nochmals eine klare Position zu diesem Thema:

FuPa: Herr Kallnik, erst einmal Glückwunsch zum Derbysieg! Ist der Erfolg gegen den Halleschen FC höher einzuordnen, als zum Beispiel die Siege gegen Köln oder Erfurt?

Mario Kallnik: Nein! Wir freuen uns über jeden Sieg in dieser Liga gleichermaßen. Alle Erfolge sind für uns etwas Besonderes, egal gegen welchen Gegner.

FuPa: Der FCM rangiert mit 37 Zählern zwei Spieltage vor der Winterpause auf Rang zwei der Drittliga-Tabelle. In den vergangen fünf Jahren haben Teams mit dieser Punktzahl zur Hälfte der Saison am Ende den Sprung in die zweite Liga geschafft. Steht Magdeburg vor dem Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse?

M.K.: Mich persönlich interessieren solche Statistiken überhaupt nicht. Diese Liga ist so ausgeglichen und wir haben zuletzt gesehen, wie schnell es geht, wenn man ein paar Partien am Stück nicht gewinnt. Darum sind wir weiter gut beraten, von Spiel zu Spiel zu schauen und solche Zahlen auszublenden.

FuPa: Blicken wir eine Etage tiefer in die Regionalliga. Dort beschäftigt die Fans seit geraumer Zeit das Thema des Aufstiegs. Sie selbst mussten vor zwei Jahren gegen Offenbach als Meister durch die Relegation. Wie bewerten sie die aktuelle Debatte um die Reform?

M.K.: Ich war schon damals der Auffassung, dass die Meister direkt aufsteigen müssen. Es steht zu viel für die betreffenden Vereine auf dem Spiel, so dass es höchste Zeit ist, über eine vernünftige Reform der Aufstiegssituation zu diskutieren.

F: Harbke
F: Harbke

FuPa: Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hat sich für die Beibehaltung der fünf Fußball-Regionalligen ausgesprochen. So sollen die aus seiner Sicht leistungsfähigen Regionalligen West und Südwest ihr eigenes Aufstiegsrecht erhalten, während aus den anderen drei Ligen zwei Mannschaften aufsteigen. Wie sehen Sie diesen Entwurf?

M.K.: Es liegen vor dem Bundestag aktuell zwei Anträge auf dem Tisch. Zum einen eine Regelung, dass die Meister von vier Regionalligen direkt aufsteigen, was aber bedeuten würde, dass die Nordost-Staffel zerschlagen würde. Und zum anderen der von Herrn Grindel vorgetragene Entwurf. Beides ist aus meiner Sicht nicht fair und macht mich wütend, da hier ganz klar eine Wettbewerbsunfähigkeit zum Tragen kommt. Sollte sich das 4-aus-5-Modell durchsetzen, dann hätten die direkten Aufsteiger aus dem Süden bzw. Westen klare Vorteile in puncto Kaderplanung für die neue Saison. Ich erwarte vom DFB, dass eine Chancengleichheit für alle geschaffen wird und dies ist hier nicht der Fall.

FuPa: Stehen also Verbandsinteressen über denen der Fans bzw. der Vereine und wird auch 27 Jahre nach der Wiedervereinigung der Fußball im Osten Deutschlands seitens des DFB nicht ernst genommen?

M.K.: Es werden hier gewisse Dinge außer Kraft gesetzt. Es geht offensichtlich nicht um den Wunsch nach einer gerechten Modifizierung der Regionalliga, sondern um eigene Vorteile für begünstigte Verbände.

FuPa: Sollte sich das Modell der vier Ligen durchsetzen, würde die Regionalliga Nordost zerschlagen werden. Dabei sprechen doch gerade die Vereinsdichte im Osten sowie die sportliche Reputation der Liga für einen Erhalt der Staffel.

M.K.: Nicht nur diese Faktoren! Gerade beim Hinblick auf die Fläche muss eine eigene Regionalliga im Osten erhalten bleiben. Es macht für Vereine wie Auerbach oder Neustrelitz, die keine Ambitionen auf einen Drittliga-Aufstieg hegen, wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn, 600 Kilometer lange Auswärtsfahrten zu unternehmen. Diese Klubs definieren sich über einen regionalen Wert und dies kann nur in einer Regionalliga Nordost zum Tragen kommen.

FuPa: Der NOFV hatte vor zwei Wochen gemeinsam mit den Vertretern aus 3. Liga und Regionalliga einen einstimmen Entwurf verfasst und sich für vier Ligen plus dem Erhalt der Nordost-Staffel ausgesprochen, um anschließend noch eigenmächtig die 4-aus-5-Aufstiegsregel zu befürworten. Hat man sich damit die eigene Stellung beim NOFV nicht geschwächt?

M.K.: Natürlich! Und es ist aus meiner Sicht keineswegs nachvollziehbar, warum die Anzahl der Herrenteams, und darauf pochen die Verbände im Westen und Süden, ausschlaggebend für zwei direkte Aufstiegsplätze sein soll. Warum sollte die hohe Zahl an Kreisliga-Mannschaften einen Einfluss auf die Verteilung der Aufstiegsplätze in der Regionalliga haben? Dies ist für mich ein vorgeschobenes Argument, was ich nicht im Ansatz nachvollziehen kann.

FuPa: Glauben Sie, der DFB-Bundestag wird sich für eine 4-aus-4-Regelung mit einer Weiterführung der Regionalliga Nordost aussprechen?

M.K.: Für mich persönlich ist dies die einzig glaubhafte Lösung, wenn man so kurzfristig eine Entscheidung fällen muss. Sie ist im Vergleich zum 5er-Modell mit zwei direkten Aufsteigern praktikabel. Die andere Lösung ist für mich juristisch anfechtbar, da eine Ungleichheit im Wettbewerb geschaffen wird. Aber wie schon erwähnt geht es bei dieser Entscheidung offensichtlich darum, eigene Interessen zu schützen und nicht im Sinne des Sports zu handeln.

Aufrufe: 029.11.2017, 15:30 Uhr
Robert KeglerAutor