2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview der Woche
Foto: System/ Stock.Adobe
Foto: System/ Stock.Adobe

"Müssen den Kampf annehmen"

Nachspielzeit mit Nico Pereira +++ Spielender Co-Trainer der SG Alsenztal spricht über den Abstiegskampf und erklärt, warum er vorerst kürzer tritt +++ "Sitzen nach den Spielen ratlos in der Kabine"

In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler, Trainer oder Persönlichkeiten der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Nico Pereira. Der 26-Jährige steckt mit seiner SG Alsenztal tief im Abstiegskampf der Bezirksliga Untere Nahe. Ausgerechnet jetzt muss der Offensivspieler kürzer treten und zieht sich von seiner Co-Trainer-Funktion zurück. Warum und wie die SGA das Worst-Case-Szenario Abstieg noch abwenden will, verrät er im Interview der Woche.

Nico, es ist ein äußerst ungewöhnlicher Zeitpunkt, zu dem du nun angekündigt hast, kürzer zu treten. Was hat dich zu diesem Schritt bewegt?

Es liegt hauptsächlich daran, dass ich es zeitlich nicht mehr auf die Kette bekomme. In meiner Tanzschule ist jetzt nach Corona einfach so viel zu tun, da muss ich zusehen, dass ich mich erstmal um das Geschäft kümmere, als um mein Trainerdasein in der Freizeit.

Ein Schritt, der in der aktuellen Situation natürlich doppelt schwer fällt…

Absolut, die Situation gibt es derzeit nicht her, dass irgendein Spieler jetzt oder im Winter den Klub verlässt oder nicht mehr zur Verfügung steht. Wer mich kennt, der weiß, dass ich sonst auch eigentlich nie ein Spiel oder Training verpasse oder zu spät komme. Als Trainer habe ich dahingehend ja auch eine gewisse Vorbildfunktion, die ich momentan aber einfach nicht so erfüllen kann, wie ich es mir vorstelle. Daher macht es Sinn, jetzt erstmal etwas kürzer zu treten und sich im Winter dann nochmal zusammen zu setzen.

Komplett wirst du dich jetzt aber nicht zurückziehen?

Nein auf keinen Fall, so bin ich nicht! Die Situation unserer Mannschaft ist ja sehr, sehr bescheiden und da will ich weiterhin als Spieler mithelfen. Ich habe auch ganz klar gesagt, dass ich aushelfen werde, sollte Maxi Bauer mal nicht zu einem Training da sein. Das war dem Vorstand auch wichtig, dass ich bis zum Winter auf jeden Fall parat stehe. Danach sprechen wir einfach und schauen, wie es weiter gehen kann. Dazu habe ich mir aber noch keine Gedanken gemacht.

Es gibt momentan auch Wichtigeres, denn ihr steckt tief in der Krise…

Definitiv, das haben wir uns vor der Saison auch ganz anders vorgestellt. Es ist wirklich eine schwere Situation, weil die meisten Spieler bei uns diese so im Aktivenbereich noch nie erlebt haben. Trotzdem ist die Stimmung gut bei uns, wir verstehen uns alle richtig gut. Aber wir bekommen es leider nicht auf den Platz und gute Stimmung alleine holt eben keine Punkte. Ich bin mir auch sicher, dass manch anderer Verein, wenn er in unserer Situation wäre, schon längst abgemeldet hätte.

Warum läuft es nicht bei euch, wenn man sich den Kader anschaut, habt ihr ja schon große Qualität?

Das stimmt, mit dieser Mannschaft abzusteigen wäre echt ein Witz. Aber das ist im Profifußball ja nicht anders. Bayern München hat auch den besten Kader der Liga und verliert 0:5 gegen Gladbach. Nur bei denen ist es ein Ausrutscher und bei uns bereits zehn. Wir sitzen nach jedem Spiel ratlos in der Kabine und verstehen nicht, was schiefgelaufen ist. Wir bekommen momentan einfach keinen Spielfluss rein, spielen nicht den Fußball, der uns die letzten Jahre stark gemacht hat. Warum wir das diese Saison nicht hinbekommen, kann sich keiner so Recht erklären. Mittlerweile ist es einfach deprimierend, was wir Woche für Woche investieren und was unterm Strich dabei rumkommt. Selbst wenn wir ein gutes Spiel gemacht haben, sind wir am Ende als Verlierer vom Platz gegangen, teilweise mit drei oder vier Toren Unterschied. Aber das kann man sich irgendwann dann auch einfach nicht mehr schön reden, es müssen Punkte her – egal wie. Aber jeder der Jungs weiß auch, dass die Punkte nicht von alleine kommen, wenn man da unten drin steckt.

Was müsst ihr verbessern?

Am Anfang der Saison haben wir immer einige Tore geschossen, hinten aber den Kasten nicht sauber gehalten. Die individuellen Fehler müssen wir unbedingt abstellen und insgesamt mehr Laufbereitschaft an den Tag legen. Wir sind eigentlich immer über das Spielerische und den Kampf gekommen, da müssen wir wieder hin. Wenn man sieht, dass wir in der Fairness-Tabelle ganz lange vorne waren, vermutet man nicht, dass wir gegen den Abstieg spielen. Wir müssen definitiv wieder eine gesunde Härte in die Zweikämpfe kriegen und dem Gegner auch mal zeigen: bis hier hin und nicht weiter.

Das Spiel gegen Hackenheim ausgenommen, warten drei Endspiele auf euch. Wie geht ihr diese an?

In der Bezirksliga kann Jeder Jeden schlagen. Das sind ganz enge Spiele, aber die gewinnst du halt aktuell nicht, wenn du hinten drin stehst und dir das nötige Glück fehlt. Daher müssen wir es erzwingen, denn wenn es in die Abstiegsrunde gegen die Birkenfelder Teams geht – wo dann ein anderer Fußball gespielt wird – wird es eng. Wenn du da den Kampf nicht an nimmst, brauchst du gar nicht erst hinfahren. Lange Bälle schlagen ist aber nicht unser Spiel, von daher müssen wir versuchen, Fußball zu spielen und die Zweikämpfe anzunehmen. Dazu müsse wir dann auch einfach mal zwei oder drei Kilometer mehr laufen wie der Gegner und uns die Punkte so erarbeiten.

Aufrufe: 011.11.2021, 10:01 Uhr
Martin ImruckAutor