2024-04-30T13:48:59.170Z

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Mit Superstar Alex Morgan in einem Team

Serie - Teil 19: Mainzerin Marleen Schimmer erhält in der US-Topliga NWSL einen Profivertrag bei den San Diego Waves

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PHOENIX. Es ist der 19. Dezember 2021, an dem sich das Leben von Marleen Schimmer schlagartig ändert. Gemeinsam mit ihrer Familie und ihrem besten Freund sitzt die 21-jährige Fußballerin in Mainz wie gebannt vor dem Fernseher. Die Szenerie scheint wie eingefroren. Lediglich die vier Adventskerzen auf dem Couchtisch flackern still vor sich hin, als kurz vor Weihnachten die magischen Worte fallen: „San Diego FC select Marleen Schimmer…“, mehr ist nicht zu hören, als ein wahrer Urschrei aus Freude und Erleichterung im Schimmerschen Wohnzimmer losgeht. Dann fließen Freudentränen.

Eine Welle der Glückwünsche bricht über die 21-Jährige hinein. „Gefühlt jeder hat sich gemeldet“, freut sich Schimmer. Die Psychologiestudentin der Grand Canyon Universität (GCU) Phoenix im US-Bundesstaat Arizona hat es geschafft: Als erste Sportlerin ihrer Uni überhaupt erhält die 21-jährige Deutsche einen Profivertrag in der National Women’s Soccer League (NWSL). „In dem Moment ist eine ganz große Last von mir abgefallen. Es hat sich angefühlt, als hätte sich die ganze Arbeit endlich ausgezahlt“, erklärt Marleen Schimmer, für die ein Traum in Erfüllung geht.

Ausgebildet beim TSV Schott, mit 16 in der Zweiten Liga

Mit sieben Jahren fing alles an, beim TSV Schott lernte die Angreiferin das Fußballspielen. Zunächst bei den Jungen, dann bei den Mädchen und mit 16 Jahren in der Zweiten Bundesliga der Frauen. Noch vor ihrem 18. Geburtstag stand der ehemaligen Schülerin des Otto-Schott-Gymnasiums die Welt offen: Bundesliga in Deutschland oder Sportstipendium in Amerika? Schimmer entschied sich für das Land der unbegrenzten Möglichkeiten: „Ich wollte etwas Neues ausprobieren“, zog es die damals 17-Jährige erst zur Arizona State Universität, von der sie zwei Jahre später zur GCU wechselte.

Amerikanischer Lebensstil passt zu ihr

„Das war die beste Entscheidung“, sagt Schimmer heute, die sich dort enorm entwickelte. Der amerikanische Lebensstil lieferte der verspielten Torjägerin den perfekten Nährboden. „Ich habe mich von Anfang an sehr wohlgefühlt, weil ich hier ich selbst sein kann. Fußball und Studium auf diesem Niveau miteinander zu verbinden, dazu hat man in den USA einfach viel mehr Möglichkeiten“, spürt man die Liebe zu Amerika in jedem Satz, den die 21-Jährige spricht.

Mit 13 Toren und 14 Assists in 22 Spielen hat sich Marleen Schimmer an der Grand Canyon Universität Phoenix für höhere Aufgaben empfohlen.
Mit 13 Toren und 14 Assists in 22 Spielen hat sich Marleen Schimmer an der Grand Canyon Universität Phoenix für höhere Aufgaben empfohlen. – Foto: GCU/David Kadlubowski

Zu ihren sportlichen Vorbildern zählt sie Ronaldinho oder auch Neymar. „Ihr Spielstil gefällt mir, weil sie vor Spielfreude sprühen. Man hat das Gefühl, sie sind frei auf dem Platz.“ Auf den Spuren ihrer Idole verbrachte Schimmer unzählige Stunden auf den Plätzen der Region, versuchte, die Tricks der Großen nachzuahmen. Nichtsahnend, dass sie diesen Winter selbst Geschichte schreiben würde.

Nachhausekommen "das schönste Gefühl"

Dass für die Besuche in der Heimat immer nur die Semesterferien bleiben, ist nach bald vier Jahren USA längst Routine. „Acht oder neun Monate bin ich jährlich in den Staaten, habe dort mittlerweile eine zweite Familie aus Freunden gefunden.“ Und doch gehe nichts über das Nachhausekommen: „Das ist einfach das schönste Gefühl.“

Und so war es eben ein ganz besonderer Moment, den Draft mit den „wichtigsten Menschen in meinem Leben teilen zu können“.

Dennoch kann sich die angehende Profispielerin erstmal nicht vorstellen, wieder nach Deutschland zurückzukehren: „Natürlich gibt es immer wieder Anfragen aus der Bundesliga, aber für mich war von Beginn an klar, dass ich in den USA professionell spielen will und meine Karriere dort fortsetzen möchte.“

Im Team mit Superstar Alex Morgan

Und so spielt Schimmer ab Sommer für das neu gegründete Team der San Diego Waves, die mit US-Superstar Alex Morgan jüngst einen Königstransfer landeten. Trainiert wird die Mannschaft von der ehemaligen Kapitänin der englischen Nationalmannschaft, Casey Stoney, die man von Manchester United verpflichtet hat. „Ich freue mich einfach nur extrem darauf, mich unter so erfahrenen Spielerinnen und Trainern weiterzuentwickeln“, will die 21-Jährige möglichst schnell in Amerikas Oberhaus Fuß fassen: „Dort wartet ein neues Level an Intensität und Schnelligkeit auf mich, aber ich will dort unbedingt den nächsten Schritt in meiner Entwicklung gehen. Dafür werde ich auch weiterhin extrem hart arbeiten.“

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Nationalmannschaft längst nicht abgeschrieben

Und auch das Thema Nationalmannschaft hat Marleen Schimmer längst nicht abgeschrieben: „Natürlich ist das für mich ein großes Ziel, aber ich schaue erstmal auf mich“, sagt die Angreiferin und wirkt dabei enorm aufgeräumt. „Ich kann ja nun mal nur meine eigene Leistung beeinflussen. Wenn es mir gelingt, mich wieder ins Spotlight reinzuspielen, bin ich davon überzeugt, dass der Rest von selbst kommt.“

Ab Sommer heißt die Realität dann NWSL und San Diego. Ein weiterer Traum, den Marleen Schimmer schon bald leben wird.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf als auch neben dem Platz.
- Teil 1: Linus Wimmer (SV Eintracht Trier)
- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)
- Teil 3: Lars Hermann (TSV Schott Mainz)
- Teil 4: Nik Rosenbaum (SV Alemannia Waldalgesheim)
- Teil 5: Joshua Iten (SG Hüffelsheim)
- Teil 6: Bilal Marzouki (FC Maroc Wiesbaden)
- Teil 7: Kevin Frey (VfB Bodenheim/TSG Mainz Futsal)
- Teil 8: Giorgio del Vecchio (TSV Schott Mainz)
- Teil 9: Marco Waldraff (SV Niedernhausen)
- Teil 10: Manuel Konaté-Lueken (RW Walldorf)
- Teil 11: Sandro Loechelt (Wormatia Worms)
- Teil 12: Marvin Esser (SG Walluf)
- Teil 13: Patrick Huth (TSG Pfeddersheim)
- Teil 14: Ilker Yüksel (Hassia Bingen)
- Teil 15: Tim Burghold (SV Niedernhausen)
- Teil 16: Noel Wembacher (RW Darmstadt)
- Teil 17: Tobias Schneider (RWO Alzey)
- Teil 18: Noah Michel (Türkgücü Friedberg)

Aufrufe: 022.2.2022, 05:00 Uhr
Martin ImruckAutor