2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
"Das erste Mal hier so etwas erlebt": Lamin Colley spielt mit dem FVLB am Samstag beim FSV Stegen. | Foto: Gerd Gründl
"Das erste Mal hier so etwas erlebt": Lamin Colley spielt mit dem FVLB am Samstag beim FSV Stegen. | Foto: Gerd Gründl

Lamin Colley und seine Haltung

Der Defensivspieler des Verbandsligisten FV Lörrach-Brombach ließ sich auswechseln – wegen eines rassistischen Vorfalls.

Seit rund vier Jahren ist Lamin Colley beim Fußball-Verbandsligisten FV Lörrach-Brombach. Er ist etabliert. Als Fußballer auf mehreren Positionen. Und als Typ, der akzeptiert ist, weil er verlässlich ist, reflektiert und eine Meinung hat. Und eine Haltung, was er vor zwei Wochen beim Auswärtsspiel in Lahr zeigte.
Termin mit Lamin Colley, 21. Die Schule ist gerade aus, Berufsschule, er steckt mitten in der Ausbildung zum Elektroniker. "Für Betriebstechnik", wie er freudig ergänzt. Zweites Lehrjahr, eineinhalb noch, dann hat er auch das geschafft nach erst vier Jahren in Deutschland. Sprachkurse, Hauptschulabschluss in Schopfheim, bald Berufsleben für Erwachsene. Als unbegleiteter Flüchtling kam er nach Deutschland, "über das Mittelmeer, klar, wie sonst", sagt er mit leichter Empörung, so, als müsse man doch wissen wie das läuft.

Es sei alles nicht so einfach hier, Deutschland "ist ganz anders" als Gambia, sagt Colley, fast alles laufe nach Plan. Umschreiben muss nicht sein, man hat eine Ahnung, was er meint. Über seine Eltern, mögliche Geschwister, möchte er nicht reden, er fühle sich "sehr wohl hier in Lörrach, ich habe Freunde, der Verein ist super". Colley kommt ins Reden. Braucht er Hilfe, er bekommt sie. Bei der Suche nach der Lehrstelle vermittelte ihn der Club nach Steinen. Alles gut soweit.

Thema des Gesprächs soll auch Rassismus im Fußball sein. Zuletzt gab es scheinbar wieder vermehrt Vorfälle, beim Auswärtsspiel in Lahr (2:3), als Mitspieler Buba Ceesay rassistisch beleidigt wurde, ließ Colley sich auswechseln, er war außer sich, tobte, er wollte nicht mehr. War das Spiel die Ausnahme? Wie erlebt Lamin Colley Deutschland, im Alltag und auf dem Fußballfeld?

"Das beim Spiel in Lahr war hart. Es betraf nicht mich, aber ich habe es gehört, habe mitbekommen, was der Gegenspieler zu Buba gesagt hat. Ich persönlich kann so etwas nicht akzeptieren, auf keinen Fall. Ich weiß, man sagt, so etwas passiert mal aus Versehen, aber: Es DARF nicht passieren. Das geht gar nicht. Wir spielen Fußball, mehr nicht. Es gab auch Leute, die sagten, es war kein Rassismus. Wenn aber ein Schimpfwort fällt, mit "du schwarzer ...", dann ist das für uns immer eine schlimme Beleidigung. Und es kommt natürlich auch darauf an, wie man es sagt. Ich fühlte mich danach sehr schlecht, es tat weh, ich war wütend, wollte nur weg, denn ich will mit so Leuten nichts zu tun haben, nicht mit ihnen Fußball spielen. Aber ich muss auch unbedingt sagen: Es war das erste Mal, dass ich in Deutschland so etwas erlebt habe. Beim Fußball und überhaupt. Man hört so viel, was alles passiert, ich kann das für mich nicht bestätigen. Ich fühle mich sehr wohl, wo ich lebe, arbeite, wie es im Verein ist und mit der Mannschaft. Wir sind alle gleich. Natürlich bekommt man mal etwas mit im Alltag, das spürt man schon. Blicke, Gesten - das reicht manchmal. Aber das gibt es nicht oft, und ich glaube nicht, dass es anders ist als in Frankreich oder anderswo. Beim Fußball kann es mal etwas heftiger zugehen. Da hört man, "Hey, du Wi...." oder ähnliches. Das gibt es unter den Spielern, ist normal. Da darf man nicht so empfindlich sei. Das meiste kommt von den Zuschauern. Aber das ist mir egal, das passiert, und ich halte mich raus. Außer es wird rassistisch."

Am Samstag im Spiel beim FSV Stegen wird Colley, der eigentlich Sechser ist, wieder in der Innenverteidigung zum Zug kommen. Trainer Minardi schätzt Colleys technisch ausgereifte Ballbehandlung, dessen Stellungsspiel und Robustheit. Und vermutlich auch Colleys Haltung.
Aufrufe: 011.10.2018, 22:00 Uhr
Uwe Rogowski (BZ)Autor