2024-05-02T16:12:49.858Z

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Kampfstark, zahnlos, stimmgewaltig

NACHGETRETEN: +++ Robel Ambaye ist im Kreis Gießen nicht nur für sein fußballerisches Können bekannt +++ Gefragter Sänger und Entertainer +++ Sehr ferne Aufstiegsträume mit TSV Rödgen +++

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"Über den Robel müsst ihr echt mal was machen". Wir sind ja immer dankbar für Tipps zu interessanten Persönlichkeiten des mittelhessischen Fußballuniversums. Was Robel Ambaye angeht, hat unser Informant aber einen echten Volltreffer gelandet. Ein regional bekannter Fußballer, den viele aber vielleicht auch aus dem Fernsehen kennen, und der darüber hinaus auch als Trainer akltiv war. Für ihn persönlich wichtiger ist aber sein Abschneiden als Vater. Und da scheint ihm schon wer nachzueifern. Egal, wie viele Zähne der Papa noch im Mund hat ...

Hallo Robel,

Du hast am vorvergangenen Spieltag nicht gespielt, und wer dir auf Facebook folgt, weiß warum: Du hast einen Videoclip gepostet, singend vom Zahnarztstuhl. Inzwischen sind die Weisheitszähne gezogen. Dass der Zahnarzt Humor hatte, war zu sehen. Aber hat er auch Talent?

Ja, es ist der erste Zahnarzt, der mich beruhigen kann. Ich hatte vorher immer panische Angst. Dann habe ich auf seiner Hochzeit gesungen, und so haben wir uns kennengelernt. Ich wusste, dass die Weisheitszähne irgendwann rausmüssen, habe das aber immer verweigert. Er hat mich eingeladen und mich überzeugt. Alles ist gut gegangen, ich habe sogar am letzten Wochenende wieder mit seiner Erlaubnis spielen können.

Mit dem Gesang war es kein Zufall, du hattest ja schon Auftritte bei DSDS und The Voice…

DSDS ist länger her, bestimmt 8 Jahre. Da hatte ich „Billionaire“ von Bruno Mars einstudiert und extra einen Gürtel voller Geldscheinen gebastelt. Und dann sagt Dieter Bohlen „Das Lied will ich nicht hören, sing was anderes“. Und dann stand ich da doof mit meinem Gürtel (lacht). Ich habe dann spontan „Über sieben Brücken musst du gehen“ von Peter Maffay gesungen. Und Dieter Bohlen hat mir direkt das Recall-Ticket in die Hand gedrückt, weil es ihm so gut gefallen hat. Leider wurde ich im Recall aussortiert, ohne überhaupt richtig vorgesungen zu haben. Der Juror Bruce Darnell hat mir hinterher gesagt, ich müsste noch mehr auffallen. Es war trotzdem eine coole Erfahrung, und ich habe mit manchen Kandidaten bis heute guten Kontakt. Und es war interessant, die TV-Abläufe kennenzulernen.

Und vor zwei Jahren bei „The Voice“?

Das war ein Highlight. Da muss man ja verschiedene Runden bestehen, und ich konnte zum Glück sowohl in Frankfurt als auch bei der engeren Auswahl in Berlin überzeugen. Leider habe ich für die Sendung ein Lied zugeteilt bekommen, was ich nicht mochte, aber da half kein Widerspruch, ich musste durch. Es war eine tolle Erfahrung, auf der Fernsehbühne zu stehen. In dem Moment war sogar zweitrangig, ob sich ein Juror für mich umdreht oder nicht, auch wenn ich es mir natürlich gewünscht hätte. Regional hat es mir auf alle Fälle geholfen, da es mir viele neue Aufträge gebracht hat. Ich habe bei "The Voice" alles gegeben und will es bald auch nochmal versuchen. Aber nochmal durchzukommen wird schwer, da wird ja auch auf den Lebenslauf geschaut et cetera.

Hast du denn auch schonmal für deine Mitspieler auf Hochzeiten gesungen?

Klar, schon häufig. Auch bei Vereinsverantwortlichen oder auf Partys wie zum Beispiel dem Sommerfest vom ASV Gießen. Bei Bekannten und Verwandten werde ich natürlich auch immer sofort eingespannt.

Dein letztes Liga-Tor stammt vom 9. April 2017. Wird mal wieder Zeit für neue Tore, woran liegts?

Hauptsächlich daran, dass ich Innenverteidiger bin und bei Ecken nicht mit nach vorne gehe (lacht). Ich werde im Strafraum total nervös, das ist nichts für mich. Meine Stärken sind der Spielaufbau und das Kämpferische. Ich bin im Gegensatz zu anderen Afrikanern nicht der schnellste, und ich bin auch technisch nicht so versiert, aber ich glaube, bei allen Vereinen bisher gerne gesehen. Was auch daran liegt, dass ich Stimmung reinbringe und mir das Gemeinschaftliche sehr wichtig ist. Darum war Rödgen auch interessiert daran, mich von der Freien TSG zu sich zu holen. Da ging atmosphärisch wenig. Wobei ich auch gleich gesagt habe „Ich komme, weil ich kicken kann, und nicht, weil ich euer Clown bin“ (lacht). Aber passt dort sehr gut, ich fühle mich wohl.

Und warum bist du noch vom Ex-Club weg? Immerhin warst du dort drei Jahre Trainer…

Tatsächlich ist auch ein Grund, dass Chris Reuling dort spielt und unsere Söhne sehr gut befreundet sind. Mein Sohn hat mich irgendwann mal abends gefragt: „Wo wechselt Chris hin? Bitte geh dort auch hin, sonst habe ich während der Partien niemanden mehr zum Spielen“. Ich bin 35, ich muss nicht mehr nur auf mich schauen, und in Rödgen kannte ich ohnehin schon viele Leute. Also bin ich dort hin.

Ihr liegt 8 Punkte hinter dem Tabellenzweiten FSG Biebertal. Der Aufstiegszug scheint abgefahren. Aber wolltet ihr überhaupt Passagier sein? Was ist euer Saisonziel?

Intern haben wir vor der Runde schon über den Aufstieg gesprochen. Wir haben viele Talente und erfahrene Führungsspieler. Aber dann haben wir gleich – wie jetzt neulich wieder – knapp gegen Großen-Buseck verloren. Das sind die Punkte, die uns fehlen. Gegen Spitzenteams spielen wir super, haben Bessingen die einzige Niederlage beigebracht. Aber gegen kleine Teams spielt der Kopf nicht mit. Die Aufstiegschance ist nun gering, das ist uns bewusst. Wir haben uns nochmal zusammengesetzt und wollen nicht blöd herumträumen. Aber wir wollen Dritter oder Vierter werden und einen guten Grundstock für die nächste Runde setzen und dann angreifen.

Willst du später nochmal Trainer sein? Ist vielleicht nicht so gut für die Stimme…?

Stimmt, ich musste mich da teils ziemlich schonen, wenn Auftritte anstanden. Zumal man als Trainer ja nicht nur während des Spiels gefordert ist. Auch im Training oder wenn die Spieler telefonieren wollen, die sind ja teils wie kleine Kinder (lacht). Irgendwann haben wir bei der FTSG nicht mehr trainiert und nur noch sonntags gespielt. Kam meiner Stimme entgegen, war aber sportlich ganz übel. So sind wir letztlich mit einem Team abgestiegen, mit dem man normalerweise um den Aufstieg hätte spielen können. Ich habe schon während der Runde mein Amt an den jetzigen Coach abgegeben, weil ich Musik, Fußball und Familie nicht mehr unter einen Hut bekommen habe. Vielleicht ist das für mich irgendwann nochmal reizvoll. In der nahen Zukunft geht aber die Musik vor.

Du bist auch mit vollem Herzblut Vater eines Sohnes. Willst du ihm irgendwann mal Eritrea zeigen, wo du ursprünglich herstammst?

Ja, das wäre schön! Aber ich warte noch ein paar Jahre. Ich selbst war mit 12 Jahren nochmal dort, was schön war, weil mein Vater noch dort lebte und eine Bar hatte. Er war auch Sänger und wir fühlten uns wie die Könige. Als ich erst 8 Monate alt war, bin ich mit meiner Mutter und meinem Bruder nach Gießen gekommen. Ich mag die eritreische Kultur, fühle mich aber eher eingedeutscht. Bei der Sprache muss ich inzwischen sehr nachdenken und habe sie deshalb meinem Sohn auch noch nicht beigebracht. Das bereue ich aktuell, denn er interessiert sich sehr für unsere Wurzeln und fragt sehr viel danach. Er ist auch unheimlich gerne Ingera, das Nationalgericht von Eritrea. Er wird die Sprache jetzt womöglich nie mehr perfekt lernen können, aber toll wäre es, wenn er zumindest viel davon versteht. Und einreisen geht nach Eritrea zum Glück problemlos.

Eifert dir dein Sohn denn nach? Sportlich wie stimmlich?

Auf jeden Fall! Er ist bei jedem Spiel dabei, kennt alle Trikotnummern, selbst von Gegnern und der Reserve (lacht). Und er kennt viel mehr Profi-Fußballer und ihre Clubs als ich, ist völlig fußballbegeistert. Seit kurzem spielt er in der F-Jugend des FC Gießen. Mit der Musik geht es nun langsam los. Er singt viel mit und meinte neulich sogar: „Papa, ich will Fußballer und Sänger werden, genau wie du!“ Wir haben wirklich ein perfektes Vater-Sohn-Verhältnis, das ist sehr schön.

Zum Schluss darfst du noch traditionell jemanden grüßen.

Dann zuallererst die Familie, die mich jederzeit sehr unterstützt, auch dann, wenn es schwieriger für mich war, teils sogar, ohne dass ich nach Hilfe gefragt hätte. Sie tun für mich im Hintergrund alles – danke dafür! Dann grüße ich meinen ehemaligen Mitspieler und besten Freund Williams Belloff Jr, das Rödgener Team und Björn Watzke, der mir in Sachen Auftritten und Organisation in den letzten Monaten wahnsinnig viel unter die Arme gegriffen hat, und dass einfach nur aus Freundschaft heraus.

Aufrufe: 020.11.2019, 11:09 Uhr
Dennis BellofAutor