2024-04-25T14:35:39.956Z

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Jungjohann: ,,Ich bin dabei, das alles zu verarbeiten"

Der Flensburger Fußballer Brian Jungjohann spricht über seinen Unfall beim Hallen-Masters in Kiel

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Ein offenes und freundliches Gesicht, ein fester Händedruck, ein gewinnendes Lächeln. Doch die Miene von Brian Jungjohann verdüstert sich schnell. „So was über sich zu lesen, ist nicht schön“, sagt der 19-jährige Fußballer von Flensburg 08 – und meint das Medien-Echo auf seinen Unfall beim Hallen-Masters in Kiel.

„Ich habe meine Zunge nicht verschluckt. Und ich musste auch nicht reanimiert werden“, stellt Jungjohann klar. Im Vorrundenspiel gegen den SV Eichede war er nach einem Zusammenprall mit einem Gegenspieler mit dem Kopf gegen die Bande geprallt und musste minutenlang behandelt werden. „Ich hatte einen Krampfanfall und ein Schädel-Hirn-Trauma“, so der 19-Jährige – und ihm ist anzumerken, dass er eigentlich lieber über ein anderes Thema sprechen würde.

Doch der Unfall ist passiert und Brian Jungjohann ist dabei, das Geschehene zu sortieren. „Ich bin ein Kopfmensch, mache mir viele Gedanken. Ich bin dabei, das alles zu verarbeiten“, sagt er mit leiser Stimme. Vor der Behandlung im Kieler Universitäts-Klinikum war er noch niemals in einem Krankenhaus gewesen. Und an das MRT denkt er ungern zurück: „Ich hab mich gefreut, als mir gesagt wurde, dass ich Musik hören kann. Aber das war so laut da drin, dass man nichts verstehen konnte. Und eng.“

Gezählt hat er die Genesungswünsche nicht. „Ich musste das Handy auch mal weglegen“, erzählt der Mittelfeldspieler, der nach dem Abitur im vergangenen Sommer derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr bei seinem Verein Flensburg 08 absolviert. Was danach kommt? „Ich war gerade dabei, mir darüber Gedanken zu machen, als das passierte“, sagt Jungjohann.Er hat versucht, alle Nachrichten, die ihn erreichten, persönlich zu beantworten. Und er ist immer noch verwundert, welche (auch medialen) Wellen sein Unfall geschlagen hat. „Das ist der Hammer. Jetzt kann ich mir vorstellen, wie sich Profis fühlen müssen“, so der Mittelfeldspieler, dessen sportliches Vorbild Bastian Schweinsteiger ist.

Eltern und Freunde waren in der Halle, erlebten den Schockmoment hautnah mit. „Das muss für sie ja die Hölle gewesen sein“, so der 19-Jährige mitfühlend. Selbst in den Vereinigten Staaten wurde der Vorfall registriert, Bekannte hatten den Live-Stream auf shz.de verfolgt. Die Erinnerung ist noch da, allerdings nicht komplett. „Ich war der Meinung, dass ich in der eigenen Hälfte gelegen hätte“, sagt der Fußballer, der Minuten zuvor ein Tor erzielt und entsprechend gejubelt hatte: „Das war toll. Ich spiele im ersten Jahr bei den Herren beim Masters mit, vor dieser Kulisse. Und dann ein Tor – das war wie Weihnachten, Geburtstag und Silvester zusammen“, sprudelt es aus ihm heraus.

Er hat sich die Unfall-Szene mehrfach angesehen und kann sich erinnern: „Nicholas Holtze hatte den Ball eingerollt, ich bin nach vorne gerannt, in den Ball reingelaufen. Und dann kam der Zweikampf.“ Er weiß auch noch, wie er Betreuer und Mitspieler angeherrscht hat, dass er weiterspielen und nicht ins Krankenhaus gebracht werden wollte: „Ich bin nicht der Typ, der gleich zum Arzt läuft. Aber ich war wohl noch voll mit Adrenalin.“

Die Entscheidung, das Turnier fortzusetzen, nachdem er auf eigenen Beinen, gestützt auf zwei Betreuer, die Halle verlassen hatte, empfindet er als komplett richtig. Auf eigenen Beinen. Zwar wacklig, aber Herr seiner Sinne. „Wäre ich tatsächlich reanimiert worden, hätte ich wohl kaum selbst aus der Halle gehen können“, sagt er und in der Stimme schwingt wieder Ärger mit.

Es geht ihm den Umständen entsprechend gut, wie es in solchen Fällen immer heißt. Er schont sich, achtet auf den Kreislauf. „Es gibt keinen Befund. Die Ärzte haben gesagt, dass ich vielleicht nicht gerade klettern gehen sollte, aber mit Fußball ist alles in Ordnung“, freut sich Jungjohann. Am Wochenende startet Flensburg 08 mit der Vorbereitung. „Vielleicht kann ich ja Montag schon beim Lauftraining mitmachen“, sagt er und grinst: „Dabei hasse ich Laufen...“

Aber er freut sich darauf, die Mitspieler zu sehen. Und auf die Arbeit auf der 08-Geschäftsstelle und das Training mit den Kindern. Und vor allem darauf, dass wieder Alltag einkehrt. „Ich will für positive Fußball-Schlagzeilen sorgen“, sagt er – und lächelt.
Aufrufe: 026.1.2017, 11:30 Uhr
SHZ / Ulrich SchröderAutor