2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
F: Wereschinski
F: Wereschinski

»Ich traue beiden eine starke Runde zu«

GL GI/MR: +++ Danny Kaliampos spricht über „freie Zeit“, schätzt die Chancen der heimischen Teams ein und blickt aufs Stadtderby +++

GIESSEN (thos). Zwischen 2012 und 2017 war er als Trainer für die SG Kinzenbach und später für die TSG Wieseck tätig – vier dieser fünf Jahre in der Gruppenliga Gießen/Marburg. Demnach kann Danny Kaliampos mit Fug und Recht als Experte der Gruppenliga, die an diesem Wochenende in den Spielbetrieb startet, bezeichnet werden. Ferner kennt sich der 35-Jährige bestens mit Derbys aus. Das gilt auch für das Stadtderby zwischen dem VfB 1900 Gießen und der TSG Wieseck, das morgen den Höhepunkt des Auftaktspieltags darstellen wird. Im Interview blickt Kaliampos auf die beginnende Saison und das Gießener Stadtduell voraus.

Herr Kaliampos, bevor wir zur Gruppenliga und dem Match zwischen dem VfB und der TSG zu sprechen kommen: Sie lieben den Fußball, sind aber nun erstmals seit fünf Jahren ohne Verein. Genießen Sie die freie Zeit oder kribbelt es schon?

Momentan genieße ich die freie Zeit, auch mal nach der Arbeit ins Fittnessstudio zu gehen und kein Training vorbereiten zu müssen. Wenn man den Job richtig gut machen will, muss man viel Zeit investieren. Es ist schön, sich nicht Tag und Nacht Gedanken machen zu müssen, wie du die Mannschaft aufstellst und das Training gestaltest und so weiter. Schön ist auch, einfach mal im August oder September in Urlaub fahren zu können, ohne Rücksicht auf einen Verein nehmen zu müssen. Aber ich habe das Geschehen bisher bei den Testspielen verfolgt.

Mit dem VfB Marburg, dem FSV Fernwald und der SG Kinzenbach haben die drei „Übermannschaften“ die Klasse Richtung Verbandsliga Mitte verlassen. Die Aufstiegsfrage scheint so offen wie lange nicht mehr. Welche Kandidaten sehen Sie für Aufstiegsränge und was trauen Sie den heimischen Vertretern TSF Heuchelheim, SC Waldgirmes II, SC Teutonia Watzenborn-Steinberg II und FC Cleeberg zu?

Aus meiner Sicht ist die Situation ähnlich wie in der Saison 2012/13, als ich mit Andre Weinecker zusammen bei der SG Kinzenbach begonnen habe. Damals ist TuS Naunheim mit zehn Niederlagen aufgestiegen. Die Liga scheint sehr ausgeglichen zu sein. Die Heuchelheimer erwarte ich im vorderen Bereich, dort wird gut gearbeitet von den handelnden Personen: Sie hatten keinen größeren Umbruch in den letzten Jahren, haben junge Spieler aus der Jugend hochgezogen und starke externe Neuzugänge geholt. Für einen Platz vorne muss natürlich alles passen. Watzenborn II ist kein üblicher Aufsteiger. Die wollen die jungen Spieler weiter ausbilden, das hat dann auch den sportlichen Reiz, einen vorderen Platz zu belegen. Bei Waldgirmes II wird viel vom Start abhängen. Wenn die Jungs sich gleich richtig reinhängen, ist ihnen was zuzutrauen. Von den Aufsteigern hat für mich Cleeberg die Nase vorn, weil sie die Liga viel besser kennen als Burgsolms oder Leusel. Von den anderen Clubs ist der SV Bauerbach mit Trainer Stefan Frels recht gut aufgestellt, der VfB Wetter hat immer eine gute Jugendarbeit.

Bei den 1900ern geht es seit Jahren kontinuierlich bergab, die Wiesecker gelten, anders als im Jugendfußball, im Seniorenbereich dennoch weiterhin als Nummer zwei in der Stadt. Glauben Sie, dass die TSG in dieser Saison am VfB vorbeiziehen kann? Welche Rolle können die beiden Clubs spielen?

Das ist schwierig zu sagen. Wieseck hat mehr Spieler in den Reihen, die bereits höherklassig gespielt haben. Die Mannschaft des VfB ist dagegen recht jung. Von daher hat Wieseck durch den Kader vielleicht die Nasenspitze etwas vorne. Für den VfB könnte die Geschlossenheit ein Faustpfand sein. Ich sage einmal so: Von der Teamchemie her könnte der VfB weiter sein, von der Besetzung der einzelnen Positionen ist Wieseck stärker. Ich traue beiden Vereinen eine starke Runde zu. Für Wieseck ist der Start ganz wichtig. Falls der in die Hose geht, kann es schwer werden, da der Verein eben auch launisch sein kann. Beim VfB traue ich dem Konzept mit den jungen Spielern viel zu, mit wenig Mitteln etwas herauszuholen. Günter Stiebig hat ja bereits in Wieseck und Offenbach viel mit jungen Spielern gearbeitet. In Wieseck ist das Budget etwas höher als beim VfB, da ist einiges investiert worden. Wenn da alle an einem Strang ziehen, kann es für einen vorderen Platz reichen.

Günter Stiebig setzt beim VfB vorwiegend auf junge Spieler und die Jugend. Inwiefern passt diese Ausrichtung zum eher körperbetonen Stil in der Gruppenliga?

Da wird es auf die Mentalität ankommen. Es gibt Spieler, die kämpfen sofort. Und es gibt die, die das erlernen. In der Gruppenliga weht ein rauher Wind. Da funktioniert es nicht mit dem Übersteiger und danach drei Mann auszuspielen. Da muss hart rangeklotzt werden. Aber ich kenne den A-Jugend-Trainer beim VfB, Rainer Zimmermann, gut. Er legt darauf sehr viel Wert. Außerdem haben sie mit Andreas Proske einen Mann, der die Jungs mitziehen kann. Was von Vorteil sein kann, ist, dass die jungen Spieler voll im Saft sind – sie müssen eben wollen.

Was erwarten Sie für die Partie morgen?

Beide Teams werden um jeden Ball kämpfen. Ich gehe davon aus, dass am Anfang taktiert werden und es Mittelfeldgeplänkel zu sehen geben wird. So war es vor zwei Jahren. Womöglich werden die Wiesecker mit der Kulisse besser zurechtkommen, weil sie die Mehrzahl der älteren Spieler haben. Dann wird wichtig sein, wem der erste Fehler unterläuft oder wer sich zuerst bis zum Tor durchspielt.

Und mit welchem Ergebnis endet das Derby?

Weil ich in den letzten drei Jahren dort tätig war, tippe ich auf ein 2:1 für Wieseck.



Aufrufe: 04.8.2017, 22:08 Uhr
Thomas Suer (Gießener Anzeiger)Autor