2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
– Foto: dpa

„Ich bin ein Adrenalinjunkie“

Tabea Kemme stürzt sich nach Ende ihrer Karriere als Fußballerin in viele Projekte – Geversdorferin schraubt an „Gin Toni“ herum

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GEVERSDORF. Tabea Kemme hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt im Frauenfußball. Sie ist Olympiasiegerin, Weltmeisterin, Champions-League-Siegerin und mehrfache deutsche Meisterin. Anfang des Jahres beendete die Geversdorferin mit 28 Jahren ihre aktive Karriere. Mittlerweile ist sie im „Leben danach“ angekommen. Neben ihrem Job bei der Polizei widmet sich Tabea Kemme nun neuen Herausforderungen und Lebensprojekten, scheut dabei keine Risiken und genießt vor allem die freien Wochenenden.

Wenn Tabea Kemme an ihrem über 40 Jahre alten VW Bulli herumbastelt, vergisst sie alles um sich herum. Sie bezeichnet „Gin Toni“, wie sie ihn liebevoll nennt, als ihr Lebensprojekt. Das ist aber nur eine der vielen Aufgaben, die auf der To-do-Liste der 28-jährigen Geversdorferin stehen. Sie hat sich viel vorgenommen für die Zeit nach ihrer Karriere. Sie braucht den Trubel, will etwas erleben und viele neue Dinge ausprobieren. Dinge, für die sie während ihrer Karriere wenig Zeit hatte. Denn rund 14 Jahre lang drehte sich im Leben von Tabea Kemme fast alles um Fußball.

Bereits mit 14 Jahren wechselte sie zum 1. FFC Turbine Potsdam, dem damaligen Aushängeschild im deutschen Frauenfußball. Sie galt als eines der hoffnungsvollsten Talente in Deutschland. Und sie bestätigte dies eindrucksvoll. 2008 wurde sie deutsche Meisterin mit der B-Jugend der Potsdamerinnen. In der darauffolgenden Spielzeit wechselte sie in die erste Mannschaft. Ihr Bundesligadebüt feierte Kemme im September 2008 gegen den SC Bad Neuenahr. Und es hätte kaum besser laufen sollen. Im ersten Spiel für die Bundesliga-Frauen traf sie zum 2:2-Endstand. Ein prägendes Jahr für die junge Tabea Kemme, denn 2008 wurde sie mit der U17-Nationalmannschaft Europameisterin und auch Dritte bei der Weltmeisterschaft.

– Foto: privat

Es war der Durchbruch in einer tollen Karriere. Ob mit dem Verein oder der Nationalmannschaft – Kemme nahm fast alle Trophäen mit, die es gibt. Den letzten Titel heimste sie mit der DFB-Elf vor vier Jahren ein. In Rio wurde sie mit ihren Mannschaftskolleginnen Olympiasiegerin. „Damit habe ich mir einen Lebenstraum erfüllt“, sagt sie. Es folgten noch zwei Jahre in Potsdam und ein Wechsel zum FC Arsenal nach London. Eine schwere Knieverletzung machte ihr dann einen Strich durch die Rechnung. Anfang des Jahres beendete sie ihre Karriere und kehrte nach Deutschland zurück.

Genauer gesagt nach Potsdam. Dort lebt und arbeitet sie auch heute noch. Ab 1. Januar ist sie offiziell als Polizistin im Einsatz. Bis Ende des Jahres absolviert sie noch eine Reha, um das lädierte Knie für den Polizeidienst fit zu machen. „Ich habe trainiert, gelernt und gelebt“, sagt sie über ihre Zeit als Fußballprofi.

Doch nun beginnt ein anderes Kapitel. Das nicht weniger aufregend sein soll als das vergangene. Ideen hat die 28-Jährige viele. Da ist zum einen das Lebensprojekt Bulli. Der T2 aus dem Jahr 1978 hat es ihr angetan. Seit fast vier Jahren bastelt sie regelmäßig an ihm herum und unternimmt Spritztouren mit dem blauen Gefährt. Rat für kleinere Reparaturarbeiten holt sie sich bei Freunden und auch YouTube-Videos.

Langweilig wird ihr nicht. Selbst sportlich ist noch viel los im Leben der Geversdorferin. Sie surft viel, fährt Wakeboard, hat kürzlich an einem Extrem-Hindernislauf teilgenommen und, und, und. Ihre neueste Leidenschaft: das Fallschirmspringen. „Ich will Fallschirmspringerin werden“, sagt sie voller Überzeugung. Zwei Tandemsprünge hat sie bereits absolviert. Nun will sie sich selbst ausbilden lassen, um einmal allein das Gefühl der Schwerelosigkeit zu erleben. „Ich bin ein Adrenalinjunkie“, sagt sie mit einem Lachen über sich selbst. Kemme liebt das Extreme und auch ein bisschen die Gefahr. Schon als Fußballspielerin scheute sie kein Risiko, schmiss sich in jeden Zweikampf, ging mit vollem Einsatz zur Sache. Und so ganz ohne Fußball geht es dann auch nicht. Zwar hat sie die Bolzer an den Nagel gehängt, doch Turbine Potsdam lässt sie gedanklich nicht los. In den vergangenen Wochen hat sie sich um die Social-Media-Kanäle des Vereins gekümmert. „Turbine ist eine Herzensangelegenheit“, so Kemme. Total gut könne sie sich vorstellen, in Zukunft in anderer Funktion für Turbine tätig zu sein. „Ich hätte schon Lust, dem Verein zu helfen“, sagt sie. Das sind alles aber bisher nur Ideen. Erst einmal genießt sie die Zeit vor allem an den Wochenenden, die jetzt nicht mehr nur in Zeichen des Fußballs stehen.

Selbst kurze Heimatbesuche am Geversdorfer Ostedeich sind wieder häufiger möglich. Zuletzt war sie während des ersten Corona-Shutdowns im Frühjahr für mehrere Wochen zu Gast bei ihren Eltern. Spätestens an Weihnachten ist sie wieder im Cuxland – auch um etwas zu entschleunigen und Kraft zu tanken für die nächsten aufregenden Projekte in ihrem Leben nach der Fußballkarriere.

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Aufrufe: 09.12.2020, 08:30 Uhr
/ Nordsee-Zeitung / Jan UnruhAutor