Gino Lettieri hat sich bei den "Zebras" etabliert

Herr Lettieri, Sie haben nun die erste Halbsaison absolviert. Zeit für ein erstes Zwischenzeugnis, oder?

Platz 6 - 36 Punkte - 2 Punkte Abstand auf den Relegationsplatz - 3 Punkte auf den 2. Platz:
das klingt laut den nackten Zahlen danach, als ob uns für die Rückrunde alle Optionen
offenstünden.

Sie sind also zufrieden?
Wer sich zufrieden zurücklehnt, stagniert in seiner Entwicklung oder befindet sich bereits
auf dem absteigenden Ast und ich bin ein Mensch, der immer weiter will. Aber man muss
bei seinen Zielsetzungen auch immer realistisch bleiben. Welches Ziel war innerhalb der
gegebenen Möglichkeiten erreichbar? Hätte man mit den Krankenständen der Hinrunde
ergebnistechnisch noch mehr erreichen können? Klar! Hätte man natürlich! Mit Glück! Aber
Glück ist ein Faktor, den ich nicht beeinflussen kann - leider! Ich bin also mit mir, der
Leistung meiner Mannschaft und dem bisher Erreichten durchaus im reinen. So können Sie
das gerne schreiben.

Im Gegensatz zu unseren anderen Interviews wirken Sie heute etwas 'vergrätzt'. Irre ich mich?

(lacht) Nein, das Spiel gegen Mainz spukt immer noch in meinem Kopf herum und
die Pfiffe taten nicht nur mir sondern auch der Mannschaft weh.

Empfanden Sie das Pfeifkonzert als ungerechtfertigt?

Jede konstruktive Kritik ist grundsätzlich gerechtfertigt, aber man darf in seiner Kritik auch
fair bleiben: wenn ein stark angeschlagener, verletzter King ausgewechselt wird, die Doppel
6 aufgelöst und ein Janjic in die Offensive beordert wird und dafür ein Hajri ins defensive
Mittelfeld gestellt wird, erschließt sich mir der Sinn solcher Pfiffe nicht.
Zugegebenermaßen haben wir uns in der 1. Halbzeit wirklich schwer getan. In der 2. Hälfte
ist dann vieles besser gelaufen und wir haben wirklich Fußball 'gearbeitet' - leider nicht mit
dem gewünschten Ergebnis.

Aber die Fans waren enttäuscht, weil man eine Mannschaft aus dem unteren Tabellendrittel nicht deutlich deklassiert.

Ich werde ja immer dafür getadelt, weil ich gebetsmühlenartig eine unbequeme Wahrheit
wiederhole: es gibt in dieser Liga keine Laufkundschaft, die einfach hier Punkte abliefert.
Deshalb ist die Liga ja auch so eng beisammen und diese Arroganz ist auch für uns
komplett unangebracht. Ob Tabellenerster oder Tabellenletzter: jede Mannschaft will erst
einmal gespielt und besiegt werden - von daher ist der aktuelle Tabellenplatz unseres
jeweiligen Gegners für mich vollkommen uninteressant. Beispielsweise spielten in der
Mannschaft von Mainz II Spieler mit, die bereits Bundesligaeinsätze in dieser Saison hatten.

Lettieri ist mit den Leistungen seiner Truppe in der Vorrunde zufrieden F: Images

Wie beurteilen Sie denn die Entwicklung der einzelnen Spieler?

Ich finde, dass die Jungs sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr gut entwickelt haben.
Ich denke, dass sich das noch weiter verbessern wird, wenn sich unser Lazarett erst einmal
wieder geleert hat.

Wie lauten Ihre Prognosen für die restliche Saison 2015?

Ich bin kein Prophet und auch kein Wahrsager, aber ich halte die von der Vereinsführung
bekanntgegebene Zielsetzung für realistisch und vernünftig.

Sie beziehen sich auf die Aufstiegsäußerung (bis 2016) von Sportdirektor Grlic?

Ja, natürlich! Wenn im Sport alles planbar und vorhersehbar wäre, wie sich das manche
Leute so vorstellen, würde z. B. der Fußball Vieles an Reiz und Spannung verlieren (und der
BVB wäre nicht auf einem Abstiegsplatz). Und von daher wäre es auch eine glatte Lüge,
wenn man den Menschen etwas garantiert, worauf man nur zu einem begrenzten
Prozentsatz Einfluss hat. Man sollte schon bei der Wahrheit bleiben. Für mich ist nur die Leistungsfähigkeit des Kaders entscheidend. Aus diesem Grunde steht die Gesundheit meiner Spieler ganz oben auf meiner Wunschliste und vielleicht noch die eine oder andere sinnvolle Spielerverstärkung.

Quelle: Interview AMG Sports (Kooperationspartner FuPa.net)