2024-04-29T14:34:45.518Z

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Fußball liegt bei ihnen in der Familie: Maria Garcia, Enkelin Nayeli Garcia und Tochter Elisa Garcia (v.l.).
Fußball liegt bei ihnen in der Familie: Maria Garcia, Enkelin Nayeli Garcia und Tochter Elisa Garcia (v.l.). – Foto: Michael Gründel

Drei Generationen am Ball

Familie Garcia prägt seit 40 Jahren den weiblichen Fußball der TSG Burg Gretesch

Bei den Garcias wird seit drei Generationen Fußball gespielt – nicht unter den Männern, sondern unter den Frauen der Familie. Maria Garcia, mittlerweile seit 40 Jahren aktive Spielerin, ihre Töchter Elisa Garcia und Melissa Böhmer und Elisas Tochter Nayeli haben ihre sportliche Heimat bei der TSG Burg Gretesch gefunden.
Über Jahre haben Mutter und Töchter sogar gemeinsam in der zweiten Mannschaft gespielt. Nun läuft Maria Garcia für die dritte Frauenmannschaft in der Kreisklasse auf, Elisa und Melissa für die Zweite in der Kreisliga. „Wenn wir ein Tor machen, dann heißt es: Die Garcias haben ein Tor gemacht“, sagt Elisa Garcia mit einem Schmunzeln. „Wir werden als Familie zusammengefasst.“ Die neunjährige Nayeli Garcia spielt bei den E-Juniorinnen.

Drei Generationen im Frauenfußball, jede mit ihren eigenen Herausforderungen. In den frühen 70er-Jahren hatte es Maria Garcia als fußballbegeistertes Mädchen nicht leicht. Als Grundschülerin kickte sie mit deutlich älteren Jungen auf der Piesberger Straße in Osnabrück, wo die Familie zeitweise wohnte, oder auf dem Straßburger Platz. „Da hat man einfach mitgemacht, es gab ja nichts anderes“, erzählt die heute 56-Jährige.

Viel Unterstützung fand ihr Hobby nicht. Vor allem ihr Vater vertrat da noch die Meinung: Mädchen spielen kein Fußball. Deswegen schlich sich Maria Garcia als Jugendliche auch mal heimlich zum Training: Mit 13 oder 14 Jahren trainierte sie zum ersten Mal bei der Frauenmannschaft der TSG Burg Gretesch. Eine Jugendmannschaft gab es damals nicht.
Doch Maria Garcia setzte sich durch, blieb bei der TSG und stieg mit der Mannschaft unter Trainerin Manuela Prus 1991 in die heutige Regionalliga auf – kein Frauen-Team in der Region spielte höher. Der sportliche Erfolg änderte an der Vereinspolitik jedoch lange Zeit nichts. „Die Männer standen an erster Stelle“, erinnert sie sich. „Obwohl wir eigentlich höher gespielt haben.“



Nachdem sich die Frauenfußballabteilung des Vereins von der der Männer abgespalten hatte, musste Maria Garcia mit ihren Mannschaftskameradinnen auf Sponsoren-Suche gehen – „betteln gehen“ nennt sie es heute. Etliche Firmen hätten sie damals abgeklappert, um die Trikots und Fahrten zu Auswärtsspielen bezahlen zu können.
Dass sie in den 90er-Jahren auch als junge Mutter weiter auf hohem Niveau Fußball spielen konnte, verdankt sie der Unterstützung des Vereins: Der finanzierte ihr, wenn nötig, ein Kindermädchen. Dumme Sprüche oder gar Beleidigungen gegen Fußball spielende Frauen hat die 56-Jährige nicht erlebt.

Ihren Töchtern hat Maria Garcia das Interesse für Fußball wohl buchstäblich mit in die Wiege gelegt: Von klein auf verbrachten die Zwillinge Elisa und Melissa viel Zeit im Sportpark Gretesch – immer dann, wenn ihre Mutter auf dem Platz stand.

Im Jahr 1999 – rund 20 Jahre, nachdem Maria Garcia in Gretesch angefangen hatte – gab es für ihre Töchter Elisa und Melissa bei der Vereinswahl zumindest Optionen, wenn auch nicht viele. Ihre Laufbahn begannen die Zwillinge mit neun Jahren beim SSC Dodesheide, wo der Frauenfußball damals keine große Unterstützung erhielt, erinnert sich Elisa Garcia. Trainingsanzüge gab es für die Mädchen nicht.

Nun wiederholt sich die Geschichte mit ihrer eigenen Tochter: Elisa Garcia hat die heute neunjährige Nayeli schon als Säugling mitgenommen, wenn sie auf dem Platz stand. „Da musste eine der anderen Mütter ran und aufpassen, meine Mutter hat ja mitgespielt.“ Auch der vierjährige Emilio ist meistens mit dabei.

Die Entscheidung, Fußball im Verein zu spielen, hat Elisa Garcia ihrer Tochter selbst überlassen. „Sie muss kein Fußball spielen, nur weil ich das spiele“, betont sie. Während des Training mit den E-Jugend-Mädchen passt sie nun auf das Baby der Trainerin auf. „Man übergibt sich da die Kinder“, erklärt sie. „Es ist ein Geben und Nehmen, Gretesch ist ja eine Familie.“

Mit Nayeli spielt nun also die dritte Generation von Garcia-Frauen Fußball – und Maria und Elisa Garcia sehen, wie viel sich im Frauenfußball verändert hat, seit sie selbst angefangen haben. Allein, dass Nayeli bei der TSG schon in der E-Jugend in einer reinen Mädchenmannschaft spielt, ist ein Fortschritt. „Früher hätte es das nicht gegeben“, sagt Elisa Garcia. „Es ist einfacher für die jüngeren Spielerinnen.“ Früher habe eine Frau im regionalen Fußball oft kaum eine Wahl gehabt, ergänzt Maria Garcia. Man habe alles eben „so mitgemacht“.

Aus ihrer Sicht ist auch das Leistungsniveau heute deutlich höher. „Als ich angefangen habe in der Regionalliga, da bin ich ganz ehrlich, da waren die schlecht. Da konnte fast jede Regionalliga spielen“, findet Elisa Garcia. Die bessere und vor allem frühere Förderung und ein höheres Engagement der Trainer zahle sich heute aus. „Die Schnelligkeit, das Körperliche, die Kondition, es ist generell alles besser geworden.“ Wohin sich der Frauenfußball in den kommenden Jahrzehnten noch entwickelt, werden die Garcias vermutlich hautnah erleben – dann vielleicht auch in vierter Generation.
Aufrufe: 024.11.2020, 17:00 Uhr
Jana Probst / NOZ SportAutor