2024-05-24T11:28:31.627Z

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Freut sich trotz unschöner Begleitumstände über den Kreispokalsieg: SCO-Vorsitzender Jürgen Gelis.	Archivfoto: Vollformat
Freut sich trotz unschöner Begleitumstände über den Kreispokalsieg: SCO-Vorsitzender Jürgen Gelis. Archivfoto: Vollformat

,,Die Stimmung war nicht explosiv"

Für den SCO-Vorsitzenden Jürgen Gelis stand Abbruch des Kreispokalfinales nicht ernsthaft zur Debatte

RÜSSELSHEIM. Neun Tage nach dem von unschönen Begleitumständen geprägten Kreispokalendspiel in Gernsheim zwischen Opel Rüsselsheim und SV 07 Nauheim, das der SC Opel nach Elfmeterschießen 4:2 für sich entschieden hat, prallen diese beiden heimischen Fußball-Mannschaften am Sonntag (15 Uhr) in Nauheim bereits wieder aufeinander.

Zu den Geschehnissen am 1. Mai und zum aktuellen Kreisoberliga-Punktspielduell haben wir Jürgen Gelis um eine Stellungnahme gebeten. Der 53 Jahre alte SCO-Vorsitzende, der vor dem Anpfiff einzelne Mitglieder des besonders auffälligen Fanclubs ,,Presswerk" begrüßt hatte, konnte das Finale aus privaten Gründen nur bis zum Ende der regulären Spielzeit live miterleben.

Herr Gelis - Kreisfußballwart Robert Neubauer sprach davon, dass beim Kreispokalfinale ,,mit Glück alles gut gegangen ist und das Spiel sich nicht gegen den SC Opel entwickelt hat". Was überwog beim SCO-Vorsitzenden - die Freude über den Sieg und den Vorstoß in die erste Hessenpokalrunde oder die Erleichterung darüber, dass das Endspiel nicht abgebrochen werden musste?

Aus meiner Sicht waren die Umstände beim Pokalspiel nicht so, als dass ernsthaft ein Spielabbruch zur Debatte stand. Es ist immer ein wenig irritierend, wenn Menschen sich so ganz anders verhalten, als man selbst es gewohnt oder für angemessen hält. Das geht dem einen so, wenn er Motorradclubs erlebt, dem anderen, wenn er an Fastnacht oder an der Kerb eine Gruppe Jugendlicher grölend durch die Straßen ziehen sieht. Das sind Erscheinungen, die mir persönlich auch nicht immer gefallen, die jedoch ein Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit sind. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Insofern stand der sportliche Erfolg im Vordergrund. Ich habe mich riesig gefreut, dass der SC Opel Kreispokalsieger 2015 geworden ist.

Können Sie verstehen, dass das Auftreten des SCO-Fanclubs ,,Presswerk" manche Zuschauer in Gernsheim besorgt hat?

Zwischen einer ausgelassenen Feier und einer realen Gefahr ist es bisweilen nur ein schmaler Grat. Das wird bei jedem Feuerwerk an Silvester deutlich. Aber auch bei den Autokorsos und Feierlichkeiten nach dem Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft war vieles im Grenzbereich. Von daher kann ich nachvollziehen, dass manche Zuschauer besorgt sind, und will auch nicht verharmlosen, dass von jeder Verwendung von Feuerwerk ein Risiko ausgeht. Das gilt für Fans des SC Opel genauso wie für die Westkurven-Fans des SV 07 Nauheim, die mit Pyrotechnik für Stimmung gesorgt haben.

Etliche SCO-Spieler haben nach dem Abbrennen von Bengalos und Knallkörpern versucht, mäßigend auf die ,,Presswerk"-Gruppe einzuwirken. Welche Möglichkeiten hat der Vorstand?

Den Mitgliedern des Vorstandes sind natürlich manche der Fans bekannt, die den SC Opel in Gernsheim unterstützt haben. Es sind aber auch viele darunter, die nur zu besonderen Anlässen auf dem Sportplatz erscheinen. Von daher war es am sinnvollsten, dass Spieler auf die Fans einwirken, weil sie eine größere Akzeptanz haben als ein Vorsitzender mit erhobenem Zeigefinger.

Hätten Sie es begrüßt, wenn Ausrichter SVC Gernsheim die Polizei zumindest davon in Kenntnis gesetzt hätte, dass die Stimmung auf dem Sportgelände explosiv angeheizt war?

Im Nachhinein ist es immer leicht zu sagen, was besser gewesen wäre. Dass Ausrichter SVC Gernsheim nicht die Polizei gerufen hat, deckt sich mit meiner Einschätzung, dass die Stimmung angeheizt, aber nicht so dramatisch und schon gar nicht ,,explosiv" war, als dass die Polizei hätte alarmiert werden müssen.

Vor rund 25 Jahren hat der Fanclub ,,Presswerk" in Pfungstadt wirklich für einen Spielabbruch gesorgt, als aufgrund der sich abzeichnenden SCO-Niederlage der Aufstiegstraum geplatzt war. Muss man attestieren, dass manche Menschen unbelehrbar sind?

Meine Wahrnehmung vom Fanclub ,,Presswerk" ist, dass die Jungs von damals auch alle gesetzter geworden sind, viele haben Familie und Kinder. Von daher sind die Zeiten vorbei, bei der sie um jeden Preis über die Stränge schlagen müssen. Leidenschaft und Emotion gehören zum Fußball dazu, haben ihn zur Sportart Nummer eins und auch zum Motor von Integration gemacht.

An diesem Sonntag wird Nauheims Fanclub ,,Westkurve", der vor dem Pokalfinale ja ebenfalls Pyrotechnik eingesetzt hatte, bestimmt präsent sein, wenn SV 07 und SCO um Punkte in Nauheim aufeinandertreffen. Rechnen Sie damit, dass auch der Fanclub ,,Presswerk" dort auftauchen wird?

Ich habe keine Kenntnisse darüber, wann wer zu welchem Spiel des SC Opel kommt. Aber aus dem Gefühl heraus würde ich sagen, dass der Fanclub Presswerk nicht in Nauheim auftauchen wird. Dafür ist das Spiel sportlich leider zu wenig interessant. Der SV 07 ist schon verdient Meister, und wir können bei realistischer Betrachtung nicht mehr Zweiter werden.

Sonderbericht beim Sportgericht

Das Kreispokalendspiel zwischen Opel Rüsselsheim und SV 07 Nauheim könnte ein juristisches Nachspiel haben. Schiedsrichter Lucas Henke (Reinheim) hat aufgrund der Ereignisse jedenfalls drei Sonderberichte verfasst und sie Pokalleiter Alexander Thurn (Leeheim) zugeschickt. Dieser wiederum hat die Sonderberichte dem Sportgericht des Fußballkreises Groß-Gerau zur weiteren Bearbeitung vorgelegt. Dieses von Reinmund Weber (Walldorf) geleitete Gremium hat nun zu entscheiden, ob, wie und wer bestraft werden muss.

Aufrufe: 08.5.2015, 18:00 Uhr
Martin KriegerAutor