2024-06-04T08:56:08.599Z

Ligabericht
F: Lichtfuss
F: Lichtfuss

Der Fall Wilhelmshaven im Zeitraffer

Vor sieben Jahren ging der Ärger los - und die FIFA bleibt hartnäckig

Die verweigerte Oberliga-Lizenz für den Regionalliga-Absteiger SV Wilhelmshaven - sie ist im Moment das allesbeherrschende Thema im regionalen Fußballbereich. Doch die Vorgeschichte rund um die Jadestädter reicht noch viel weiter zurück. FuPa.net gibt einen Überblick: über den Transfer des italienischen Mittelfeldspielers Sergio Sagarzazu (26) und dessen weitreichenden Folgen, die den Weltfußballverband FIFA auf den Plan brachten, sowie über weitere kuriose Vorkomnisse im Zusammenhang mit dem SV Wilhelmshaven.

01.01.2007: Der SV Wilhelmshaven verpflichtet den italienischen Mittelfeldspieler Sergio Sagarzazu (damals 20) aus der Jugendabteilung des argentinischen Traditionsklubs River Plate Buenos Aires. Das hoffnungsvolle Nachwuchstalent wechselt zu den Jadestädtern, die zu diesem Zeitpunkt in der Regionalliga Nord spielen.

13.03.2007:Ausgerechnet im Heimderby gegen Kickers Emden (2:1) schießt Sagarzazu sein erstes und einziges Saisontor.

02.06.2007: Der SV Wilhelmshaven steigt durch ein 0:6 in Lübeck in die damals viertklassige Oberliga ab. Sagarzazu entschließt sich, auch die kommende Saison in Wilhelmshaven zu spielen.

30.05.2008:Dem SV Wilhelmshaven gelingt als Tabellendritter der sofortige Wiederaufstieg in die neue Regionalliga Nord, die in der Saison 2008/2009 reformiert wurde.

30.06.2008: Der Vertrag von Sagarzazu beim SV Wilhelmshaven läuft aus. Da kein neuer Vertragsabschluss zu Stande kommt, geht der Spieler zurück nach Argentinien und schließt sich dem damaligen Zweitligisten CA San Martín de Tucumán an. Erst nach diesem Wechsel stellen die beiden argentinischen Vereine CA Atlético Excursionistas und River Plate Buenos Aires eine Forderung nach einer Ausbildungsentschädigung in Höhe von 157.500€.

23.04.2008: Die Polizeiinspektion Wilhelmshaven-Friesland nimmt erste Ermittlungen gegen mehrere Spieler der zweiten Mannschaft des SV Wilhelmshaven wegen des Verdachtes der Spielmanipulation auf.

16.05.2009: Dem SV Wilhelmshaven gelingt durch ein 2:1 gegen Türkiyemspor Berlin der Klassenerhalt in der Regionalliga Nord.

19.06.2009: Hauptsponsor Albert Sprehe verkündet überraschend, dass er dem SVW künftig nicht mehr als Hauptsponsor zur Verfügung steht, er dem Verein nach seiner neuen Kooperation mit Borussia Dortmund aber weiterhin helfen wolle.

22.07.2009: Die Staatsanwaltschaft Oldenburg stellt das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Spielmanipulation mangels Tatverdacht ein.

Oktober 2009: Der Internationale Sportgerichtshof CAS verurteilt den SV Wilhelmshaven zur Zahlung der Ausbildungsentschädigung für den italo-argentinischen Spieler Sergio Sagarzazu in Höhe von 157.500€ an die beiden argentinischen Vereine CA Atlético Excursionistas und River Plate Buenos Aires.

22.05.2010: Mit einem 3:0-Auswärtserfolg bei der zweiten Mannschaft des FC St. Pauli sichert der SVW den Klassenerhalt in der Regionalliga Nord.

14.06.2010: Die Jadestädter erhalten vom DFB die Spielzulassung für die Regionalliga-Saison 2010/2011.

13.08.2010: Mit einer 0:4-Niederlage im heimischen Jadestadion scheitert der SV Wilhelmshaven in der ersten DFB-Pokal Hauptrunde an Bundesligist Eintracht Frankfurt.

21.05.2011: Zum dritten Mal in Serie kann sich der SV Wilhelmshaven kurz vor Saisonende den Klassenerhalt in der Regionalliga Nord sichern. Durch den 2:0-Erfolg bei Türkiyemspor Berlin hat man auch rechnerisch die letzten Zweifel beseitigt.

13.10.2011: Ein namentlich nicht genannter Spieler, der vor der Saison in die zweite Mannschaft des SV Wilhelmshaven versetzt wurde, soll im Vorfeld der Partie beim SV Meppen versucht haben, Spieler der ersten Mannschaft durch hohe Geldzahlungen zu einer Spielmanipulation zu überreden. Der Vorfall wird umgehend den Vereinsverantwortlichen gemeldet, die sich an die Öffentlichkeit wenden.

14.02.2012: Rund fünf Jahre nach dem Transfer des Italo-Argentiniers Sergio Sagarzazu aus der U20 von River Plate Buenos Aires zum SV Wilhelmshaven rollt die FIFA den Fall neu auf und droht den Norddeutschen aufgrund ausstehender Ausbildungszahlungen an zwei argentinische Vereine mit Punktabzug und Zwangsabstieg in die nächst tiefere Liga.

09.03.2012: Verschiedene Medien und Agenturen melden, dass der SVW zu einem Abzug von sechs Punkten verurteilt worden ist (Meldung Kicker).

In einer Presseerklärung teilt der Verein mit, keine Kenntnis davon zu haben.

Letzten Endes kommt es zum Abzug von sechs Punkten, gegen den der SV Wilhelmshaven Klage einreichen möchte. Aufgrund der Tatsache, dass es wegen der Regionalliga-Reform seitens des DFB keine Absteiger geben wird, hat dieser Punktabzug keine sportlichen Auswirkungen in der Tabelle.

11.05.2012 :Der Geschäftsführer der Wilhelmshavener, Bernd Kircher, vermeldet, dass der Verein die Lizenz für die Regionalliga-Saison 2012/2013 ohne Auflagen erhalten habe.

14.08.2012: Die FIFA-Disziplinarkommission bestraft den SV Wilhelmshaven aufgrund der ausbleibenden Ausbildungsentschädigung für den Spieler Sergio Sagarzazu in Höhe von 157.500€ zu einem weiteren Sechs-Punkte-Abzug.

29.08.2012: Nach dem angekündigten Punktabzug für die Jadestädter geht der Klub in die Offensive und ruft mehrere Gerichte an, um gegen das Strafmaß zu klagen.

04.04.2013: Der SV Wilhelmshaven verzichtet, trotz des noch nicht gesicherten Klassenerhaltes in der Regionalliga Nord, auf den Lizenzantrag für die kommende Saison in der Oberliga Niedersachsen.

30.04.2013: Nach mehrjähriger Tätigkeit für den Verein verlässt Trainer Christian Neidhart die Jadestädter und wird zur kommenden Saison neuer sportlicher Leiter beim SV Meppen.

08.05.2013: Die Wilhelmshavener erhalten vom Deutschen Fußballbund (DFB) die Zulassung für die kommende Regionalliga-Spielzeit mit Auflagen.

27.05.2013: Durch die Rückzüge des FC Oberneuland und des VfB Lübeck bedingt, deren Spielergebnisse zwei Spieltage vor Saisonende annulliert wurden, steigt der SV Wilhelmshaven sportlich aus der Regionalliga Nord ab. 10 Punkte aus diesen vier Spielen wurden den Wilhelmshavenern in der Tabelle gestrichen, zusätzlich wurden zu Saisonbeginn sechs Punkte durch die FIFA-Strafe im Fall Sagarzazu abgezogen. Für die Spielzeit 2013/2014 hatte man keine Oberliga-Lizenz beantragt.

29.05.2013: Im Finale des NFV-Pokals verliert der SVW mit 2:4, ist aber dennoch für die erste Hauptrunde des DFB-Pokal 2013/2014 qualifiziert.

02.06.2013: Durch den Sieg in den Relegationsspielen gegen den KSV Hessen Kassel steigt Holstein Kiel in die 3. Liga auf. Durch diesen Aufstieg bleibt der sportlich abgestiegene SV Wilhelmshaven in der Regionalliga Nord.

17.06.2013: Der Deutsche Fußballbund sichert dem Verein in einer schriftlichen Nachricht zu, weder in der abgelaufenen, noch in der kommenden Saison im Fall Sagarzazu keine weiteren Sanktionen zu verhängen. Somit ist auch das Thema Zwangsabstieg zeitweilen vom Tisch.

03.08.2013: In der ersten Runde des DFB-Pokal schnüffelt der SV Wilhelmshaven siebzig Minuten lang an der ganz großen Sensation – bekommt dann aber noch drei Gegentore eingeschenkt und verliert gegen den Champions-League-Finalisten Borussia Dortmund mit 0:3.

13.08.2013: In der zweiten Runde des NFV-Pokals schlägt der SV Wilhelmshaven überraschend, aber nicht unverdient den VfL Osnabrück mit 2:1 und revanchiert sich so für die Finalniederlage im Mai.

09.11.2013: Nach über einem halben Jahr, das von positiven Nachrichten geprägt war, macht die FIFA im Fall Sagarzazu Ernst und ruft die höchste Sanktionsstufe, sprich Zwangsabstieg, aus.

11.11.2013: Der Verein reagiert mit einer Pressekonferenz auf die neuen Sanktionen der FIFA: Man wolle „notfalls bis zur letzten Instanz gehen“, um sich gegen die Entscheidung der FIFA zur Wehr zu setzen.

25.11.2013: Der Verein legt gegen die Entscheidungen von FIFA und CAS offiziell Beschwerde beim Norddeutschen Fußballverband (NoFV) ein. Die Jadestädter sind der Meinung, dass die geforderte Ausbildungsentschädigung dem deutschen und europäischen Recht widerspricht.

11.02.2014: Das Verbandsgericht des Norddeutschen Fußball-Verbandes (NoFV) hat die Beschwerde des SV Wilhelmshaven gegen den von der FIFA-Disziplinarkommission verfügten Zwangsabstieg in einer mündlichen Verhandlung abgelehnt. Noch am gleichen Abend kündigt der Verein an, vor ein ordentliches Gericht ziehen zu wollen.

01.04.2014: Der SVW beantragt sowohl für die Regionalliga Nord, wie auch für die Oberliga Niedersachsen eine Spielzulassung.

09.05.2014: Pressesprecher Jörg Schwarz weist Gerüchte über eine bevorstehende Insolvenz der Norddeutschen zurück.

23.05.2014: Der Verein erhält vorbehaltlich eines noch zu erbringenden Nachweises die Zulassung für die Oberliga Niedersachsen.

24.05.2014: Der SVW steigt trotz eines 5:3-Sieges gegen die zweite Mannschaft von Hannover 96 sportlich aus der Regionalliga Nord ab.

26.05.2014: Aufgrund einer nicht ausreichend gesicherten Liquidität erhält der sportlich abgestiegene SVW keine Lizenz für die Regionalliga Nord.

03.06.2014: Die Prüfungskommission des Niedersächsischen Fußballverbandes (NFV) verweigert dem Verein auch die Lizenz für den Spielbetrieb in der Oberliga Niedersachsen.

05.06.2014: Der SV Wilhelmshaven legt fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid ein. Mit einer Entscheidung ist im Laufe der kommenden Woche zu rechnen.

30. Dezember 2014: Das Oberlandesgericht Bremen gibt dem SV Wilhelmshaven Recht und erklärt den Zwangsabtieg für unwirksam. Der NFV geht in Revision und zieht somit vor die höchste Instanz, den Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Aufrufe: 07.6.2014, 10:30 Uhr
Dennis KurthAutor