2024-04-30T13:48:59.170Z

Allgemeines
Bernd Neuendorf ist neuer Präsident des DFB.
Bernd Neuendorf ist neuer Präsident des DFB. – Foto: Wikimedia Commons / Raimond Spekking

Das wünscht sich der Amateursport vom DFB

Das sagen Thomas Klingen, Willi Kehrberg, Andreas Zimmermann, Guido Dürbaum, Timo Wendelen und Norbert Hübner zum neuen DFB-Chef.

Seit einer Woche ist Bernd Neuendorf neuer Präsident beim DFB. Wir haben Amateurvereine in der Region gefragt, welche Probleme der Verband nun angehen muss. Was dabei auffällt: Viel Hoffnung verbindet man mit der neuen Führung nicht.

Vor einer Woche hat Bernd Neuendorf die Wahl zum Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes gewonnen. Er steht nun an der Spitze des mitgliederstärksten Sportfachverbands in Deutschland – und vertritt auch die Amateurvereine in der Region. Doch anstatt sich um die Belange des Amateurfußballs zu kümmern, hatte der DFB zuletzt ganz andere Probleme zu lösen: hauseigene Machtkämpfe, Steuerfahndungen, die Sommermärchen-Affäre. „Der Fußball muss wieder im Mittelpunkt stehen, nicht die Querelen an der Spitze des Verbandes“, sagte Neuendorf in seiner Bewerbungsrede unmittelbar vor der Wahl am vergangenen Freitag.

Seine Aufgabe ist nun enorm: Er soll aus dem DFB wieder einen seriösen Fachverband machen – der sich vor allem wieder mehr um die Sorgen des Amateurfußballs kümmert. Das zumindest wünschen sich die Vereine. Wir haben Vereinsvertreter aus der Region gefragt, was sie sich vom neuen DFB-Präsidenten wünschen und welche Probleme Neuendorf, vormals Präsident des Landesverbandes Mittelrhein, an der Basis nun angehen sollte. Was dabei auffällt: Ob sich unter dem neuen DFB-Präsidenten wirklich etwas ändert, dazu bestehen erhebliche Zweifel. Denn das Vertrauen zum DFB hat in den vergangenen Jahren arg gelitten – das zeigen die Aussagen der Vereinsvertreter.

„Es interessiert beim DFB doch keinen, wie es dem Amateurfußball geht“, sagt unter anderem Willi Kehrberg, Trainer des Landesligisten VSF Amern. Dabei scheint es genug Handlungspunkte zu geben.

„Der DFB soll sich als Dienstleister für die Basis sehen“

Das Wichtigste ist, dass der DFB den Amateurfußball wieder stärkt und sich als Dienstleister für die Basis sieht. Die kleinen Vereine merken doch leider gar nichts von dem, was oben in der Führungsriege beschlossen wird. Es braucht schlankere Strukturen und effizientere Lösungen, damit der DFB auch mal wieder mehr Basisnähe vermitteln kann und nicht von oben herab seine Entscheidungen mitteilt. Darüber hinaus erwarte ich, dass das zerrüttete Verhältnis zwischen dem DFB und der DFL verbessert wird. Wenn da nicht eine gemeinsame Sprache gesprochen wird und jeder nur sein eigenes Ding macht, dann hat der Fußball in Deutschland ein großes Problem. DFB und DFL müssen miteinander arbeiten, das ist ganz wichtig. Nicht zuletzt erwarte ich, dass der DFB mit dem neuen Präsidenten seine Altlasten aufarbeitet und beseitigt. Wir hatten jetzt in den vergangenen Jahren unzählige Präsidenten, da ist eine interne Aufarbeitung unabdingbar.

Thomas Klingen ist Vorsitzender des Kreisfußballausschusses MG/VIE

„Wir erhalten nicht die nötige Wertschätzung“

Die Anstoßzeiten in der Bundesliga am Sonntag um 15.30 Uhr schaden uns sehr, da diese Zeit den Amateurvereinen gehört. Dadurch haben wir rund 50 bis 60 Zuschauer weniger und Einnahmenverluste durch Eintritt und Umsatz. Außerdem wird die Basis für die Ausbildung der Spieler in den kleinen Amateurvereinen gelegt. Daher kann es nicht sein, dass Profis als Mitläufer Millionen verdienen, während wir Amateure das Ehrenamt leben – ohne die nötige Wertschätzung zu erhalten. Es werden so viele Geldstrafen durch den DFB ausgesprochen, warum werden diese Summen nicht als Dankeschön für die Grundausbildung an uns Amateure ausgezahlt? Wenn man die Qualität der Jugend- und Seniorentrainer in Deutschland verbessern möchte, dann sollte man zudem die Trainer-Ausbildungskosten reduzieren. Es kann nicht sein, dass die Sportschule Wedau für viele Millionen saniert wird und die Ausbildungskosten für Trainer immer teurer werden, um diese Sanierung dann zu finanzieren.

Andreas Zimmermann ist Vorsitzender beim SV Lürrip

„Hoffe, Neuendorf ist das Sprachrohr der Amateure“

Bei seinem Amtsantritt hat Bernd Neuendorf gesagt, dass er die Interessen des Fußballs kraftvoll vertreten wolle. Stellt sich die Frage, welche Interessen er dabei meint: die der Profis oder die der Amateure. Ich hoffe, dass er sich als Sprachrohr der Amateure sieht und über den fußballerischen Tellerrand hinausblickt – genau so, wie es der diese Woche verstorbene Ehrenpräsident Egidius Braun getan hat. Für ihn war Fußball mehr als ein 1:0, er hat stets die gesellschaftliche Bedeutung dieses Sports hervorgehoben. Ich habe drei konkrete Wünsche an den neuen Präsidenten: Erstens wäre es toll, wenn er sich in der Politik für eine Erhöhung der Ehrenamtspauschale einsetzen würde. Dann würden wir leichter Ehrenamtler finden. Zweitens wäre es gut, wenn man FSJler mehr fördert. Und drittens wünsche ich mir, dass sich Neuendorf bei der DFL für eine Eindämmung der immer mehr werdenden Anstoßzeiten im Profifußball einsetzt und uns Amateuren stattdessen ein Zeitfenster für Spiele reserviert.

Guido Dürbaum ist Sportlicher Leiter beim SC 09 Erkelenz

„Die Amateure interessieren den DFB nicht“

Zum neuen Präsidenten habe ich keine Meinung. Das Thema ist so weit weg. Bis etwas davon unten an der Basis ankommt, kann es dauern. Dabei liegt einiges im Argen im Amateurbereich. Ob sich daran aber in der Zeit, in der ich noch im Amateurfußball mitmische, etwas ändern wird, daran habe ich meine Zweifel. Es wird lange dauern, bis oben etwas von unseren Problemen ankommt. Es interessiert beim DFB doch keinen, wie es dem Amateurfußball geht. Der Spieltag im Profifußball ist so auseinandergerissen, dass es völlig uninteressant ist, Amateurfußball zu gucken. Die, die das machen, das sind nur eingefleischte Fans. Die Bundesliga ist dabei so weit weg, dass man sich mit den Vereinen nicht mehr identifizieren kann. Ich glaube nicht, dass das, was uns das Leben als Amateurverein schwer macht, beim DFB ankommt. Mir ist es eigentlich auch egal, wer an der Spitze des Verbands steht, da wird sich nichts ändern. Zumindest glaube ich nicht, dass ich irgendetwas von den Auswirkungen spüre.

Willi Kehrberg ist Trainer beim VSF Amern

„Amateurtrainer sollte ein bezahlter Nebenjob werden“

Ich erwarte, dass sich der DFB im Bereich Trainer und Schiedsrichter zukunftsorientierter aufstellt. Es gibt immer weniger Ehrenamtler, die diese Aufgabe übernehmen wollen. Dem könnte man entgegenwirken, indem man Trainer und Schiedsrichter beispielsweise auf 450-Euro-Basis einstellt – wie bei einem Nebenjob. Davon profitieren Trainer, weil sie gezielter geschult werden können, Spieler durch eine bessere Betreuung und der DFB dank besser ausgebildeter Nachwuchskicker. Dabei sollte der DFB die Vereine finanziell unterstützen und ihnen mit Bezuschussungen diese Bezahlung der Trainer ermöglichen. Das gilt insbesondere für die untersten Altersklassen, in denen die Grundlagen geschaffen werden. Für die Schiedsrichter, die von den Vereinen gestellt werden, gilt das Gleiche. Es ist oft eine undankbare Aufgabe, immer weniger Leute wollen das machen. Und dann zahlen Amateurvereine hohe Strafen, wenn sie keine Schiris stellen können. Das ist eine Baustelle.

Timo Wendelen ist Jugendleiter beim 1. FC Mönchengladbach

„Der DFB hat momentan zu viele Baustellen“

Wenn ich ehrlich bin, erwarte ich nicht viel. Der DFB hat momentan so viele Baustellen, dass er sich für die Amateure bestimmt nicht viel Zeit nimmt. Die Kluft zwischen Profi- und Amateurbereich ist in den vergangenen Jahren zu groß geworden. Bei Besprechungen mit dem Vorstand des FVN wird immer nur auf ehrenamtliche Mitarbeiter gepocht. Dass dies nicht mehr in die heutige Zeit passt, will man nicht erkennen. Bei Ablösesummen von mehr als 200 Millionen Euro wird nichts unternommen – wenn aber der kleine Verein keinen Schiedsrichter stellen kann, zahlt er 300 Euro Strafe. Wenn man dann noch die neuen Regeln durchbringt – kein Kopfballspiel mehr, Kinderfußball mit drei gegen drei ohne Torwart – werden die Zuschauer irgendwann nicht mehr kommen. Ich glaube nicht, das Neuendorf sich viel mit der Problematik Amateurfußball beschäftigen wird. Schade, denn wenn man wie ich seit 55 Jahre das schönste Hobby der Welt betreibt und diese Erkenntnis für sich gewinnt, stimmt das traurig.

Norbert Hübner ist Vorsitzender des SC Rheindahlen

Aufrufe: 019.3.2022, 12:45 Uhr
RP / Brickwedde/Emonds/Kalenberg/van der VeldenAutor