2024-06-14T14:12:32.331Z

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Im Trikot des SV Bonlanden wird man Daifallah Maned Awad in den nächsten Wochen wohl selten sehen. Er hat andere Baustellen – und nun ist er auch noch verletzt. Foto: Archiv Yavuz Dural
Im Trikot des SV Bonlanden wird man Daifallah Maned Awad in den nächsten Wochen wohl selten sehen. Er hat andere Baustellen – und nun ist er auch noch verletzt. Foto: Archiv Yavuz Dural

Daifallah Awad: Größere Sorgen als ein geplatzter Traum

Daifallah Mane Awad ist 2014 als Flüchtling aus dem Irak nach Deutschland gekommen. Wie geht es ihm heute?

Warum ist aus der von ihm erhofften Profikarriere nichts geworden? Ein Blick auf die Situation des 23-Jährigen.

Als Daifallah Mane Awad vor knapp zwei Jahren als politischer Flüchtling aus dem Irak nach Deutschland gekommen war, hatte er einen großen Traum mit im Gepäck. Er wollte Fußball-Profi werden – der größte Wunsch seines Vaters, der sein Geld selbst als Kamelzüchter verdient. „Ich hoffe, ich kann ihm diesen Wunsch erfüllen“, hatte Mane Awad im April 2015 in einem ersten Interview gesagt. Heute ist klar: die Hoffnung hat getrogen. Aus der Profikarriere ist seither nichts geworden – und es wird wohl auch nichts aus ihr werden.

Neue Heimat

Die Realität besagt, dass der einstige irakische Erstliga-Kicker Mane Awad beim Landesliga-Absteiger SV Bonlanden zwar eine neue Fußball-Heimat gefunden hat und dort auch voll integriert ist. In der vergangenen Saison ist er jedoch nicht über die Rolle des Reservisten hinausgekommen. „Ich war oft verletzt und deshalb einfach zu schlecht“, sagt der mittlerweile 23-Jährige. Außerdem hapert es noch am taktischen Verständnis. Und auch in der neuen Runde, die im Bezirk Stuttgart am 4. September beginnt, wird der Offensivmann erst einmal nur Zuschauer sein. Nach dem Training klagte Mane Awad, der aus der Stadt Salah El-din stammt, zuletzt über Schmerzen im Fuß. Ein Arztbesuch brachte Aufschluss: Diagnostiziert wurde ein Riss im Bereich des Sprunggelenks, der eine Operation nötig macht. Vier bis sechs Wochen wird Mane Awad pausieren müssen. „Ich weiß gar nicht, wie das passiert ist“, merkt er ratlos an.

Aber es sind freilich nicht nur die kleinen und größeren Blessuren, die bislang einen Durchbruch im deutschen Fußballgeschäft verhindert haben. Das weiß auch Klaus Kämmerer, Mane Awads aktueller Trainer in Bonlanden. „Daif hat ganz andere Sorgen und Nöte“, sagt dieser – und auch, dass er die Situation glänzend annehme. So hat der 23-Jährige schon seit vier Monaten keinen Kontakt mehr zu seiner Familie im Irak. Die Terrormiliz IS hat seine Heimatstadt eingeschlossen. „Es kommt keiner raus, und es gibt auch keine Verbindung zur Außenwelt“, sagt Mane Awad, der nach wie vor auf seine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland wartet. Nur mit seinen zwei Brüdern kann er kommunizieren. Der eine hat es inzwischen nach Hannover geschafft, der andere lebt in Saudi Arabien. Wie es den Eltern sowie den beiden kleinen Schwestern geht, weiß er nicht.

Kartoffelsalat als Lieblingsgericht

Und dann ist da die Schule, die vollen Einsatz erfordert. In Nürtingen besucht Mane Awad im zweiten Jahr die Berufsschule. Es gefällt ihm gut dort, auch wenn er viel lernen und dafür das ein oder andere Fußballtraining sausen lassen muss. Doch er weiß, dass ein guter Schulabschluss viele Türen öffnen kann. Deshalb lernt er auch viel mit seinen deutschen Freunden. „Ich glaube, ich bin ganz gut“, sagt er und lacht. Deutsch und Englisch sind seine Lieblingsfächer. Als was er später einmal arbeiten will, ist nach dem geplatzten Fußballtraum noch offen. Vorstellen könnte er sich durchaus einen Job im Kindergarten. Dort hat Mane Awad während eines Praktikums bereits erste Erfahrungen gesammelt. „Es hat sehr viel Spaß gemacht. Ich musste mit den Kindern immer Fußball spielen und tanzen. Sie waren sehr süß“, sagt der Iraker über die ihm anvertrauten Fünf- und Sechsjährigen. In der Berufsschule hat er übrigens auch gelernt, wie man schwäbischen Kartoffelsalat macht. Den isst er „inzwischen am liebsten“.

Die andere große Baustelle, die den Schweinsteiger- und Messi-Fan aktuell umtreibt, ist die Wohnungssuche. Bisher war er mit zwei Landsleuten im Flüchtlingsheim in Sielmingen untergebracht. Zu dritt haben sie sich Küche, Bad und Schlafstätte geteilt. „Im August müssen wir ausziehen, jeder in eine eigene kleine Wohnung“, sagt Mane Awad, der mittlerweile ein sehr verständliches Deutsch spricht, keinen Alkohol trinkt und in seiner freien Zeit gern im Fildorado ins Wasser springt. Wenn er die freie Wahl hätte, er würde nach Bonlanden ziehen. Seine Fußballkollegen, die ihn unterstützen, wo es nur geht, helfen bei der Suche nach einer Bleibe – bislang allerdings ohne ­Erfolg.

„Wenn Daif all diese Probleme gelöst hat und den Kopf wirklich frei hat, dann hat er durchaus die Perspektive, im Fußball anzugreifen“, sagt der Trainer Kämmerer, der seinen Spieler nicht nur wegen dessen guter beidfüßiger Technik und dem starken Passspiel schätzt. Auch als Mensch sei Mane Awad ein sehr angenehmer Zeitgenosse. Er sei „sehr freundlich, sehr zurückhaltend, unkompliziert, liebenswert“.

Der Traum vom Fußballprofi ist zwar ausgeträumt, ziellos aber geht Daifallah Mane Awad seinen einmal eingeschlagenen Weg nicht weiter. „Ich will einen guten Schulabschluss machen und beim SV Bonlanden weiter Fußball spielen“, sagt er. Und vor allem aber dies: „Irgendwann meine Familie wieder­sehen.“

Persönliche Daten

Daifallah Mane Awad Position: unbekannt Nationalität: keine Angabe Größe: - Gewicht: - Profilaufrufe: 59 SV Bonlanden II
Kreisliga A2 Stuttgart
Spieler

Spielerstationen

Gesamt-Statistik 7 2 0 -/- 0 0 0 0 1 629 0 16/17 SV Bonlanden II - 0 0 -/- 0 0 0 - - - 0 15/16 SV Bonlanden II 7 2 0 -/- 0 0 0 - 1 629 0
Aufrufe: 09.8.2016, 16:45 Uhr
Filder Zeitung / Susanne DegelAutor