2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Sinnbildlich: Bambers Philipp Hack, zuletzt noch als Doppeltorschütze in Erscheinung getreten, wird von Michael Plänitz (links) und Marco Faltermeier in Gemeinschaffsarbeit gestoppt.
Sinnbildlich: Bambers Philipp Hack, zuletzt noch als Doppeltorschütze in Erscheinung getreten, wird von Michael Plänitz (links) und Marco Faltermeier in Gemeinschaffsarbeit gestoppt. – Foto: Andreas Roith

Chamer Sensation? »Der ASV ist kein Tabellenletzter«

Schlusslicht schlägt Tabellenführer, Cham triumphiert in Bamberg - Eintracht-Trainer Kolbeck, ASV-Trainer Maloku sowie -Fußballchef Jürgen Kreipl in der Nachbetrachtung

Die Fußballer-Sprache ist voll von Superlativen, weshalb diese höchste Steigersform der Wortart immer mehr an Wertigkeit verliert. Gewinnt allerdings das Schlusslicht der Bayernliga, das zuvor nur zwei Siege in 21 Spielen feiern konnte, gegen den punktgleichen Tabellenführer, der sowohl die beste Offensive als auch stabilste Defensive stellt, ist das Wort "Sensation" durchaus mal legitim. Doch war der Sieg des ASV Cham beim FC Eintracht Bamberg tatsächlich ein aufsehenerregendes, weil sehr unerwartetes Ereignis? An diese Frage scheiden sich in beiden Lagern die Geister...

Für Heimtrainer Julian Kolbeck ist die dritte Saisonniederlage seiner jungen Himmelsstürmer teilweise selbstverschuldet und teilweise die Folge eines sehr starken Gegners. "Das Endresultat ist verdient und irgendwie Spiegelbild unserer vergangenen Woche", stellte der 27-Jährige mit dem Abstand von einer Nacht am Sonntagmittag fest. Was er damit meint: Die Domreiter haben wie so viele andere Mannschaften auch derzeit mit argen Personalproblemen zu kämpfen. Viele Verletzte, einige Corona-Fälle, ein paar Kranke. Auch Kolbeck selbst ist Covid-positiv und konnte die Partie deshalb nur via Livestream verfolgen. "Wir konnten nur wenig trainieren - und das hat man einfach gemerkt."

Die Leidenschaft, die die Bamberger beim Sieg gegen Würzburg eine Woche zuvor noch ausgezeichnet hat, hätte dieses Mal zudem gefehlt. "Natürlich könnte ich es mir einfach machen, und diese Schwankung auf die Jugend unseres Teams zurückführen", verdeutlicht Julian Kolbeck. "Freilich darf sowas mal passieren, keine Frage. Jeder Spieler hat unabhängig vom Alter mal einen schlechten Tag. Trotzdem bin ich einfach nur unzufrieden." Nach ordentlichem Kehren vor der eigenen Haustüre hat der Eintracht-Coach auch ein paar Worte für den Gegner übrig: "Der ASV Cham ist für mich kein typischer Tabellenletzter - vor allem nach dem Winter mit den prominenten Spielerzugängen und auch dem neuen Trainer."

Ist also der Sieg für die Oberpfälzer, die während der kalten Jahreszeit den Kader aufgerüstet und mit Faruk Maloku einen neuen Trainer installiert haben, gar keine Sensation, sondern einfach nur die logische Konsequenz bewusster personeller Umschichtungen? "Wir haben eine gute Mannschaft, das ist Fakt", sagt ASV-Fußballchef Jürgen Kreipl dazu. "In unserer Situation, also als Schlusslicht, ist aber nicht unbedingt mit einem Sieg beim Tabellenführer zu rechnen." Im weiteren Verlauf des Gespräch geht der 46-Jährige noch detaillierter auf den "neuen" ASV Cham ein. "Vor der Winterpause hätten wir nicht gegen Bamberg gewonnen. Inzwischen greift aber einfach ein Rädchen ins andere - das Kollektiv funktioniert, die Neuzugänge sind Verstärkungen und der Trainer macht einen überragenden Job."

Für den Sportlichen Leiter Jürgen Greipl ist Neu-Trainer Faruk Maloku die Schlüsselfigur des "neuen" ASV Cham.
Für den Sportlichen Leiter Jürgen Greipl ist Neu-Trainer Faruk Maloku die Schlüsselfigur des "neuen" ASV Cham. – Foto: Simon Tschannerl

Diese Worte heruntergebrochen auf das Bamberg-Spiel: Zwei Neuzugänge - Andreas Kalteis und Ilhami-Ediz Medineli - erzielten Tore. Julio Peutler erwies sich als starker, neuer Rückhalt. Marco Pfab wusste - trotz gelb-roter Karte - zu überzeugen. Und auch die Arrivierten - allen voran Torschütze Friedrich Lieder - zeigten sich stark verbessert. Der Hauptverantwortliche für diese deutliche Weiterentwicklung ist für Kreipl der Mann an der Linie: "Faruk ist durch und durch ein Fachmann. Er hat unglaubliche Kompetenz, weiß aber auch, wie er mit der Mannschaft umgehen muss. Wir dürfen uns glücklich schätzen, so einen Trainer bekommen zu haben."

Die Gefühlslage des Sportlichen Leiters habe sich eigenen Aussagen zufolge im Vergleich zum Herbst 2021 um Welten verbessert. Er sieht wieder Licht am Ende des Tunnels, was im Falle der Chamer die Relegationsplätze oder vielleicht sogar mehr bedeutet. Noch, das betont Jürgen Kreipl aber mit Nachdruck, hat man bis auf drei Punkte gegen Eintracht Bamberg aber gar nichts erreicht: "Es passiert was, es wächst was zusammen. Aber wir dürfen das Ganze nicht überbewerten. Es wird auch wieder Rückschläge geben."

Ähnliches berichtet auch Faruk Maloku, der nach gut drei Monaten eine erste Bestandsaufnahme abgeben kann: "Potenzial und Talent sind vorhanden", stellt der A-Lizenz-Inhaber aus Weiden fest. "Die Schwierigkeit aber in unserer Situation ist der Faktor Zeit. Würde die Saison jetzt bei Null losgehen, bin ich fest davon überzeugt, die Jungs dahin zu bekommen, um den direkten Klassenerhalt spielen zu können. Da wir an sich nur noch ein Drittel der Saison zur Verfügung haben und dadurch deutlich weniger Zeit für Entwicklung, macht es die Ist-Situation für uns so schwer."

Der 44-Jährige, der in Gebenbach hervorragende Arbeit leistete und nach Intermezzo in Donaustauf nun in der Kreisstadt aktiv ist weiter: "Nach zwei Drittel der Saison stehen wir leider nicht ohne Grund auf dem letzten Tabellenplatz. Wir müssen die Entwicklungstrommel deutlich schneller schlagen als viele andere Mannschaften vor uns. Das hält uns alle brutal unter Strom, was für Regeneration und mentale Frische wiederum nachteilig werden kann. Vom letzten Platz wegzukommen bleibt durch die gegebenen Umstände richtig kompliziert und schwer. Eine große Aufgabe!"

Maloku ist bekannt für seine empathische Ader, aber auch für seine sachlichen Aussagen basierend auf ordentlich Erfahrung und Wissen. Gar nicht sein Ding sind Superlative…

Aufrufe: 014.3.2022, 04:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor