2024-05-02T16:12:49.858Z

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Die Tore verriegelt: Der Spielbetrieb wurde im SWFV-Fußball ausgesetzt. Auch das gemeinschaftliche Training ist vorerst verboten.	Archivfoto: imago
Die Tore verriegelt: Der Spielbetrieb wurde im SWFV-Fußball ausgesetzt. Auch das gemeinschaftliche Training ist vorerst verboten. Archivfoto: imago

Breite Zustimmung, aber auch Bedauern

Viele Protagonisten der heimischen Fußball-Vereine halten die Unterbrechung des Spiel- und Trainingsbetriebs für alternativlos – aber nicht alle

Bingen/Ingelheim. Fast alle finden die Entscheidung der Politik vom vergangenen Mittwoch alternativlos – auch wenn der ein oder andere sie bedauert. Fakt ist: Die rheinhessischen Amateurfußballer müssen Däumchen drehen. Denn ob der Corona-Krise pausiert der Spiel- und Trainingsbetrieb bekanntlich minimum bis Ende November. FuPa hat dazu von der Landesliga bis zur C-Klasse Stimmungen gesammelt.

David Klose (Cheftrainer Spvgg. Ingelheim): „Ich will mir gar nicht anmaßen, über den Lockdown zu richten. Das sollen Menschen tun, die sich länger mit der Materie auseinandergesetzt haben. Für uns bedeutet der Lockdown, dass wir während einer sehr guten Phase, in deren Anfang wir gerade sind, ausgebremst werden. Das wieder alles auf den Punkt hochzufahren, war schon im Sommer eine Aufgabe, der wir nicht gewachsen waren. Und ich will nicht ausschließen, dass wir erneut mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen haben. Ich denke, wir werden dieses Jahr keinen Fußball mehr spielen.“

Thomas Klöckner (Cheftrainer SV Gau-Algesheim): „Für uns ist die erneute Unterbrechung natürlich bitter. Wir sind nach der langen Corona-Pause und aufgrund zahlreicher verletzter und fehlender Spieler nur schwer wieder in unseren Rhythmus gekommen. Die Jungs haben aber über viele Wochen intensiv daran gearbeitet, die Rückstände aufzuholen, und wir sind jetzt so langsam wieder auf dem Level von vor der Corona-Pause. Von daher kommt die Unterbrechung zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Trotzdem kann ich die Entscheidung aus gesundheitlichen Gründen nachvollziehen. Zwar sehe ich die Gefahr einer Ansteckung auf dem Platz als marginal an. Das Problem sind hingegen die engen Abstände in Kabinen und Duschen, was sich meiner Meinung nach in der kalten Jahreszeit nicht vermeiden lässt. Im Sommer ging das mit Besprechungen oder Umziehen im Freien noch ganz gut. Im Winter ist das aber niemandem mehr zuzumuten – und würde die Gefahr schwerer Infekten erhöhen. Wir werden uns jetzt Gedanken machen, wie wir es vermeiden können, nach der erneuten Pause nicht wieder komplett von vorne anfangen zu müssen. Ich persönlich bin aber der Meinung, dass in diesem Jahr keine Spiele mehr stattfinden. Wenn der Trainingsbetrieb bis Ende November stillsteht, brauchen wir danach mindestens zehn bis zwölf Tage, um wieder spielen zu können – dann sind wir schon eine Woche vor Weihnachten, was keinen Sinn mehr macht. Also stellen wir uns auf eine längere fußballfreie Zeit ein, die dieses Mal auch nicht durch unser Hallenturnier verkürzt werden kann.“

Clemens Mitterdorfer (Sportlicher Leiter SG Sponsheim/Dromersheim): „Die Aussetzung der Spiele bis November war ja abzusehen. Wenn man die Zahlen in den Regionen betrachtet, ist die Entscheidung absolut nachvollziehbar. Auch die Aussetzung des Trainings ist in Bezug auf die Gesundheit aller Beteiligten gerechtfertigt. In Anbetracht dessen, dass kein Trainingsbetrieb stattfindet, ist auch die Saisonunterbrechung sinnvoll. Spiele ohne Zuschauer wären für mich keine Alternative – und für die Vereine nichts anderes als Kostenfresser. Für uns besteht die Problematik darin, die Jungs bei Stange zu halten, sie vom Ziel weiter zu überzeugen und jetzt schon klar zu machen, dass wir in ein, zwei oder drei Monaten wieder von vorne anfangen. Es wird eine neue Vorbereitung mit allen Maßnahmen geben. Die Gefahr besteht, dass der ein oder andere dazu keine Lust mehr hat. Wir als Verein bauen aber auf unseren Zusammenhalt und hoffen, dass alle am Tag X wieder erscheinen. Für uns ist diese Entscheidung eine kalkulierbare Größe. Im Endeffekt geht die Gesundheit über alles.“

Sebastian Frey (Cheftrainer TSV Wackernheim): „Ich finde es richtig, den Spielbetrieb abzusetzen. Hierbei geht es um Menschen, die nicht im Fußball ihr Geld verdienen, Familien und Freunde haben und einfach wichtigere Dinge als den Spielbetrieb im Amateurfußball. In meinen Augen sollte diese Saison nicht weiter fortgesetzt werden, sondern bis zum Sommer beendet bleiben. Um den Druck zu nehmen und den Menschen die Möglichkeit zu geben, selbst zu entscheiden, wie weit sie sich um Sport kümmern in den nächsten Wochen und Monaten. Zum Trainingsbetrieb habe ich eine andere Meinung. Ich bin überzeugt, dass man Training ohne Zweikämpfe und dennoch mit Wettkampfcharakter und Spaß betreiben könnte. Klare Regeln, Strukturen und ein paar wenige innovative Ideen machen so etwas möglich. Ob und wann die Runde fortgesetzt wird, ist tatsächlich zweitrangig. Wichtig für mich sind die Jungs mit ihren Dingen, Geschichten und Anliegen. Die Dynamik der Gruppe auch abseits eines Spielbetriebs: Wer braucht Unterstützung, hat vielleicht zusätzlich Herausforderungen privat zu lösen oder Sonstiges? Für den TSV zählt der Einzelne mit seinem Zeugs. Die Lust, erfolgreich eine Saison zu spielen, ist Bonus.“

Tobias Karsch (Sportlicher Leiter SG Bingerbrück/Weiler): „Ich denke, dass die Entscheidung zur Saisonunterbrechung aufgrund der stark steigenden Infektionszahlen alternativlos war und gerechtfertigt ist. Für uns ist die erneute Zwangspause sportlich gesehen natürlich sehr unglücklich, da wir uns mit unserer ersten Mannschaft zuletzt in sehr guter Form präsentieren konnten. Wir gehen davon aus, dass die Runde auch nicht vor frühestens März/April‘ 2021 fortgesetzt werden kann.“

Carsten Scheuer (Co-Trainer SG Gensingen/Grolsheim): „Ich finde die Unterbrechung gerechtfertigt, weil die Gesellschaft sich momentan auf das Notwendigste beschränken und das Gesundheitssystem im Allgemeinen und jede einzelne Person schützen muss. Das ist unsere gesellschaftliche Pflicht. Das Problem ist, dass jeder für sich eine andere Definition vom Notwendigsten hat. Für mich zählt Fußball nicht dazu. Ich finde die Unterbrechung konsequent und gut. Ich gehe davon aus, dass dieses Kalenderjahr kein Spiel mehr stattfinden wird.“

Andreas Mallmann (Abteilungsleiter TSG Heidesheim): „Ich finde es überzogen, den Trainings- und Spielbetrieb einzustellen. Man nimmt den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit, zwei- oder dreimal die Woche abschalten zu können. Trainings- und Spielbetrieb sind aufgrund von guten Hygienekonzepten sicher, das haben die letzten Monate gezeigt. Mit etwas Fingerspitzengefühl – Reduzierung von Zuschauern, Tragen von Masken auf dem Sportplatz – hätte man den Trainings- und Spielbetrieb aufrechterhalten können. Jetzt treffen sie sich privat zum Bolzen – und das ohne Aufsicht von Trainern.“

Frank Silberbauer (Vorsitzender Hassia Kempten): „Wir finden das schade, aber müssen uns der Pandemielage beugen. Auch wenn die Vereine mit ihren Hygienekonzepten kaum als Hotspots in Erscheinung getreten sind – was es doppelt schade macht. Natürlich gab es zuletzt Corona-Absagen. Aber dies war nicht vergleichbar mit den echten Super-Spreader-Events im privaten Bereich. Für uns bedeutet die Unterbrechung, dass gerade unsere Kinder wieder um ihre so wichtige sportliche Betätigung gebracht werden. Wir haben aber bereits an Alternativkonzepten für Training alleine und zu Hause gefeilt. Wobei ich die vier Wochen Pause für zu optimistisch halte. Zu befürchten ist, dass der Trainings- und Spielbetrieb bis März ruht, da in den kalten Monaten die Infektionsrate schon bei der normalen Grippe hoch ist und dies bei Covid-19 um einiges schlimmer ist. Uns bleibt die Hoffnung, dass mit der Verfügbarkeit möglicher Impfungen im Frühjahr dieser schlechte Traum bald vorbei ist.“

Aufrufe: 07.11.2020, 12:00 Uhr
Michael HeinzeAutor