2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Kareths Übungsleiter Matthias Bösl (Bildmitte) zeigt beim Thema Saisonfortsetzung bzw. -abbruch eine klare Kante.
Kareths Übungsleiter Matthias Bösl (Bildmitte) zeigt beim Thema Saisonfortsetzung bzw. -abbruch eine klare Kante. – Foto: Stefan Glötzl

Bösl befürchtet »ein absolutes Chaos«

Einen Abbruch der laufenden Saison sieht der Trainer des TSV Kareth-Lappersdorf als unausweichlich an.

Die Situation für die Oberpfälzer Amateurfußballer bleibt undurchsichtig und so werden die Befürworter eines Abbruchs der immer noch unterbrochenen Spielzeit 2019/21 mehr und mehr. Zu jenen zählt auch Matthias Bösl. Der 39-jährige Übungsleiter des Landesligisten TSV Kareth-Lappersdorf hat eine klare Meinung, was die Saisonfortsetzung betrifft: abbrechen – so schnell wie möglich. Wir haben mit ihm gesprochen.

Immer noch kein Training, immer noch keine Planungssicherheit für die Vereine. Wie bewertest Du die gegenwärtige Situation?

Matthias Bösl (39): Es ist natürlich schwierig, so etwas in drei Sätze zu verpacken, weil das Thema sehr komplex ist. Ich bin ganz klar für Abbruch. Natürlich verstehe ich die Situation der wenigen Vereine, bei denen es sportlich noch um was geht. Aber die sind in der Minderheit. Von den 18 Vereinen in unserer Liga wird es letztendlich bloß zwei oder drei treffen, für die es ungünstig wäre, wenn es nicht sportlich entschieden wird.

Was spricht für Dich gegen eine Fortsetzung der Saison?

Ich befürchte, dass das ein absolutes organisatorisches Chaos wird, wenn wir diese Saison mit Gewalt durchziehen.

Inwiefern?

Mit der Planung von den Spieltagen, mit kurzfristigen Absagen, mit der Frage wie lange eine vernünftige Vorbereitung nötig ist, mit der Frage ob mit oder ohne Zuschauer. Es wird ein Chaos werden. Wenn ich der Verband wäre, würde ich mich auf einen Neustart Mitte Juli konzentrieren. Dann haben die Spieler Planungssicherheit, können unter Umständen vor dem Saisonstart noch in den Urlaub fahren. Und du kannst eine vernünftige, sechswöchgige Vorbereitung machen. Die Vereine haben langfristig Zeit, sich auf entsprechende Hygienekonzepte mit etwaigen Mehrauflagen gegenüber dem letzten Jahr vorzubereiten. So sehr ich für einen sportlichen Entscheid bin und auch die Entscheidung für richtig empfunden habe, die Saison versuchen durchzubringen, so sehr glaube ich, dass uns die Zeit davonläuft. Nur, dass wir irgendwie noch spielen können, Verletzte riskieren und ein Planungschaos für Spieler und Vereine haben – das geht nicht gut.

Julian Kessner hängt mit seiner jungen Mannschaft weiter in der Luft.
Julian Kessner hängt mit seiner jungen Mannschaft weiter in der Luft. – Foto: Stefan Glötzl


Welches Szenario schwirrt Dir im Kopf, sollte die laufende Runde doch zu Ende gebracht werden können?

Ich glaube, die Saison bringen wir nur fertig, wenn es keine Sommerpause gibt. Dass wir Mitte, Ende Mai fertig sind ist ja jetzt schon nicht mehr möglich. Man streicht die Sommerpause, spielt bis Ende Juni und fängt Mitte Juli eine neue Saison an. Das wäre die andere Möglichkeit. Wir haben jetzt eine lange Pause gehabt, so gesehen geht es eigentlich ohne Sommerpause auch. Aber nochmal: Inzwischen bin ich ganz klar der Meinung, so schnell wie möglich die Saison abbrechen und die volle Konzentration auf den Saisonstart Mitte Juli legen, damit Planungssicherheit in allen Bereichen herrscht.

Sollte es zu einem Abbruch kommen, würde die Quotientenregel greifen. Die sportlich fairste Lösung, oder?

In den meisten Ligen ist mindestens zwei Drittel gespielt. Das ist also, glaube ich, das fairste. Die Mannschaften auf einem Aufstiegsplatz sollen aufsteigen und die auf einem Abstiegsplatz müssen halt leider absteigen. Das ist, wenn es für einen selbst sportlich nicht mehr um Auf- oder Abstieg geht, natürlich leicht zu sagen. Aber ich finde die Quotientenregel in einer unbefriedigenden Situation trotzdem immer noch die beste Lösung. Das ist meiner Meinung nach die Regelung mit den wenigsten Nachteilen.

Thema Belastungssteuerung: »Eine vernünftige Vorbereitung ist unabdingbar.«


Beim Thema Vorbereitungszeit gehen die Ansichten auseinander. Höherklassig müssen auch drei Wochen vor dem Ligastart genügen, meinen manche. Wie siehst Du das?

Ich bin der Meinung, dass eine vernünftige Vorbereitung unabdingbar ist. Und eine vernünftige Vorbereitung nach fast einem Jahr Pause sind nicht drei Wochen. Das hat nichts mit irgendwelchen spieltaktischen Dingen zu tun, sondern es geht darum, den Körper wieder auf Touren zu bringen und an die Wettkampfbelastung zu gewöhnen. Auch wenn wir im Juli starten, werden wir vermutlich gleich mit mehreren englischen Wochen loslegen. Das ist auch sonst im Sommer schon immer eine gefährliche Phase für viele Verletzte. Das kannst du in der Bayern-, Landes- oder Bezirksliga immer schön beobachten: In den ersten ein, zwei englischen Wochen einer Saison gehen die Verletztenzahlen nach oben, weil einfach die Belastung für einen Amateurspieler, der zum Beispiel voll im Berufsleben steht, da zu hoch ist. Das kann man nicht mit Profifußball vergleichen. Wenn wir mit drei Wochen Vorbereitung in englische Wochen starten, dann sind die Verletzten vorprogrammiert.

Verschiedene Inzidenzzahlen und damit unterschiedliche Zeitpunkte, wann Mannschaften den Trainingsbetrieb wiederaufnehmen dürfen – eine Wettbewerbsverzerrung also?

Wettbewerbsverzerrung wäre das falsche Wort, sondern das Ganze ist einfach nicht durchführbar. Meiner Meinung nach stellt sich die Frage nach einem Wettbewerb überhaupt nicht, weil es nicht durchführbar ist, wenn du ab gewissen Werten dort nicht spielen darfst und anderswo schon. Wir müssen in der Restsaison nach Bad Kötzting, Grafenwöhr oder in den Landkreis Schwandorf fahren. Dort ist an einen Spielbetrieb mit Zuschauern momentan überhaupt nicht zu denken. Es ist unmöglich, da einen Spielbetrieb zu organisieren.

Wie schätzt Du die Situation für die Spieler oder die Vereine ein, wenn keine Planungssicherheit besteht?

Meine Erfahrung ist, dass man bei einem Amateurverein eigentlich nie einen Kader hat, bei dem Urlauber nicht weh tun würden. Es wird jeder merken, dass Spieler in den Urlaub wollen, wenn es wieder möglich ist. Wenn man Planungssicherheit hat und weiß, wann die neue Saison startet, kann man vielleicht trotzdem auf die Spieler einwirken, dass manche von ihnen früher in den Urlaub fahren. Und dann wirkt sich das nicht so aus.

Auch die Vereine, die beispielsweise aufsteigen, brauchen Planungssicherheit, um sich entsprechend in der Kaderplanung zu positionieren. Das geht alles nicht innerhalb weniger Wochen. Für viele Vereine stehen auch organisatorische Dinge an, wie zum Beispiel Platzsanierungen im Sommer. Auch dieses kleine Beispiel zeigt, hier wäre es für viele Vereine einfacher, sich auf einen Re-Start im Juli einzustellen und vorbereiten. Diese ständige Ungewissheit ist für alle unbefriedigend und erschwert die ohnehin schon schwierige Situation zusätzlich.


Das Interview führte Florian Würthele.

Aufrufe: 015.3.2021, 09:00 Uhr
Florian WürtheleAutor