Youngster wird zum "Mister Zuverlässig"

Hennef. Marius Ehrenstein kann getrost als Spätzünder bezeichnet werden. Als Nachwuchsfußballer spielte der gebürtige Waldbröler nie höher als in der Sondergruppe und nur die Wenigsten ahnten damals, welch steile Karriere der Blondschopf hinlegen würde — er selbst am allerwenigsten. „Ich habe bis zur A-Jugend noch beim SV Leuscheid mit meinen Kumpels aus dem Dorf gekickt. Dass ich einmal in der höchsten Amateurklasse spielen würde, war zu diesem Zeitpunkt undenkbar”, sagt der 21-jährige Innenverteidiger des Regionalligisten FC Hennef 05.

Nach seinem Wechsel zu Germania Windeck gelang ihm unter Trainer Hermann-Josef Werres in der Rückrunde 2011/12 jedoch der Durchbruch in der Seniorenmannschaft. 2013 folgte der Wechsel zum Liga- und Lokalrivalen aus Hennef, mit dem prompt der Sprung von der Mittelrhein- in die Regionalliga glückte. Trotz des bevorstehenden Abstiegs ist Ehrenstein einer der großen Gewinner dieser Saison. Schließlich durfte Mister Zuverlässig als einziger Feldspieler der 05er jedes Mal von Beginn an ran. 2435 Minuten hat der Youngster bereits auf dem Buckel — nur FC-Keeper René Monjeamb stand länger auf dem Platz.

FC-Trainer Marco Bäumer weiß, was er an seinem Abwehrspieler hat. „Marius haut sich in jedem Training voll rein und ruft seine Leistung immer konstant ab”, sagt der 42-Jährige, der nicht nur die fußballerischen Qualitäten seines kopfballstarken Spielers schätzt: „Marius ist sich nie zu schade, nach dem Training die Hütchen abzuräumen oder den Mannschaftsbus zu beladen.” Ehrenstein sei aber längst nicht am Ende seiner Entwicklung angelangt. Bäumer wünscht sich ein noch selbstbewussteres Auftreten seiner Nummer 16. Ehrenstein dürfe sich Fehler nicht so sehr zu Herzen nehmen und „ruhig auch mal austeilen und mehr Kommandos geben”. Feurige Ansagen des 21-Jährigen dürften jedoch auch in Zukunft eine Rarität bleiben. „Ich bin von Natur aus eher der ruhige Typ und konzentriere mich lieber auf meinen Part. Es fällt mir schon schwer, Mitspieler zu kritisieren — erst recht, wenn sie älter sind.”

Trotz seiner bescheidenen Art hat sich Ehrenstein ein gutes Standing erarbeitet. Die Verantwortlichen der 05er wollen unbedingt mit dem Abwehr-Juwel verlängern. Der Spieler selbst hält sich noch bedeckt, betont aber, dass der FCH sein erster Ansprechpartner sei. Noch wohnt Ehrenstein in Leuscheid und muss für jedes Training 70 Kilometer mit dem Auto zurücklegen. Seine im Sommer bevorstehende Ausbildung als Industriekaufmann in Eitorf bedeutet zusätzlichen Fahraufwand. Der Abiturient liebäugelt jedoch mit einem Umzug nach Hennef. Ließe sich dieser Plan in die Tat umsetzen, dürfte einer Vertragsverlängerung nichts im Wege stehen.

Unabhängig von seiner Entscheidung hat Ehrenstein in dieser Saison noch viel vor: „Wir wollen in den verbleibenden sechs Spielen jede Sekunde aufsaugen und genießen.” Trotz der vielen Misserfolge bezeichnet Ehrenstein das Abenteuer Regionalliga als großen Gewinn: „Die Erfahrung, vor 9000 Zuschauern auf dem Aachener Tivoli zu spielen, kann mir keiner mehr nehmen.”

Bevor den Hennefern am 2. Mai mit der Partie an der Hafenstraße in Essen ein weiteres Highlight bevorsteht, müssen sie sich zunächst zweimal in Folge auf eigenem Platz beweisen. Dem Spiel am Sonntag (14 Uhr) gegen die SG Wattenscheid folgt sechs Tage später das Duell mit Uerdingen. Nach dem tollen Auftritt zuletzt in Siegen (0:0) dürfte Bäumer seine Startelf vorerst nicht ändern. Der Platz in der rechten Innenverteidigung ist ohnehin reserviert — wenn es nach Bäumer geht, auch über die Saison hinaus.