2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Julius Haas über ausbleibende Punkte, das kommende Spitzenspiel gegen Bodenheim und die missliche Lage dabei nicht eingreifen zu können. Foto: FuPa
Julius Haas über ausbleibende Punkte, das kommende Spitzenspiel gegen Bodenheim und die missliche Lage dabei nicht eingreifen zu können. Foto: FuPa

"Wir Spieler kriegen einfach die Köpfe nicht frei"

Interview der Woche mit Julius Haas von SpVgg. Ingelheim +++ Traditionsverein in unruhigen Wassern +++ "Wichtig wäre, mal den kompletten Kader beisammen zu haben"

Ingelheim. Wohin führt der Weg der Spielvereinigung Ingelheim? Julius Haas, 22 Jahre alt, gehört schon zu den erfahrenen Spielern in der Mannschaft des Tabellenletzten der Landesliga Ost. Eine Verletzung setzt in aktuell außer Gefecht. Derzeit von außen zuschauen zu müssen, fällt dem gelernten Groß- und Außenhandelskaufmann angesichts der anhaltenden Talfahrt des Traditionsvereins besonders schwer. Im Interview der Woche äußert er sich zu den Gründen und der Perspektive am Ingelheimer Blumengarten.

Julius, zuerst mal ein paar persönliche Dinge, schildern Sie doch bitte Ihren sportlichen Werdegang.

Ich habe bei der Spielvereinigung als Vierjähriger angefangen, bin dann im zweiten D-Jugend-Jahr zu Hassia Bingen, wo ich auch noch die zwei C-Jugend-Jahre war. Dann hat man einen Knorpelschaden am Knie festgestellt und ich musste drei Jahre pausieren. Danach habe ich in der A2 in Ingelheim unter Eric Braun als Trainer wieder angefangen. Schon in der A-Jugend-Zeit, als Jimmy Umbs Trainer war, gab es im Winter einen personellen Engpass, deshalb hatte ich schon in der ersten Mannschaft Einsätze gehabt – unter anderem gegen Hassia Bingen mit Ailton. Als ich aus der Jugend raus gekommen bin, habe ich ein Jahr lang in der zweiten Mannschaft der Spielvereinigung gespielt, das war das Aufstiegsjahr, wo wir den Sprung in die Bezirksliga geschafft haben. Unter Jürgen Collet habe ich dann in der Verbandsliga gespielt.

Was würden Sie als bisher größten Erfolg bezeichnen, was ist Ihnen besonders in Erinnerung?

Das war tatsächlich das Aufstiegsjahr mit der zweiten Mannschaft. Wir haben als richtig gutes Team zusammengespielt. Und wir hatten viel Spaß miteinander und einen tollen Zusammenhalt.

Sie können im Augenblick nur von außen zuschauen. Wie ist der Stand bei Ihrer aktuellen Verletzung?

Ich habe mir am dritten Spieltag im Spiel gegen Schifferstadt das vordere Außenband gerissen. Momentan gehe ich davon aus, dass ich in zwei Wochen wieder einsteigen kann – je schneller umso besser.

Das führt uns zur anhaltenden sportliche Misere in Ingelheim. Was sind aus Ihrer Sicht die maßgeblichen Gründe?

Es gibt eine Verkettung von ganz vielen Ursachen. Wir haben eine extrem junge Mannschaft mit vielen Spielern, die gerade erst aus dem Jugendbereich kommen oder vorher in unteren Klassen gespielt haben. Einige haben im vergangenen Jahr schon das Negativerlebnis der Erfolglosigkeit durchlebt. Das steckt in den Köpfen. Vor allem die jungen Spieler haben mit jedem weiteren Misserfolg immer mehr Angst, Fehler zu machen. Ein alt bekanntes Thema ist außerdem, dass um die Mannschaft herum wenig läuft. Hier muss man mal sagen: Es ist bewundernswert, was beispielsweise unser Trainer Tobias Lautz und Betreuer Eric Braun da leisten. Bei anderen Landesligisten sieht man, dass zusätzlich zum Trainer ein ganzes Team mit drei, vier Betreuern im Einsatz ist. Das Merkwürdige ist, dass in Ingelheim dennoch das Interesse offensichtlich riesengroß ist. Ständig und überall wird man auf die Situation der Spielvereinigung angesprochen. Die Leute sind offensichtlich durch die AZ und die Online-Plattformen sehr gut informiert. Das schlägt sich aber weder in den Zuschauerzahlen, noch in der Bereitschaft, etwas für den Verein zu tun, mitzuhelfen und anzupacken, nieder.

Dennoch muss man sich die Frage stellen, ob es insgesamt einfach an Qualität fehlt.

Das glaube ich nicht. Eins unserer Probleme ist, dass junge Spieler oder andere, die von unterklassigen Klubs kommen und die alle großes Potenzial haben, normalerweise langsam an den bestehenden Kader herangeführt werden. Sie haben genug Zeit, sich an die neuen Anforderungen zu gewöhnen. Das ist aber bei uns nicht der Fall. Sie müssen direkt Verantwortung übernehmen. Wir kriegen einfach die Köpfe nicht frei. Und aus der Verunsicherung heraus entstehen neue Fehler. Das hat man gerade wieder bei der 1:4-Heimniederlage gegen Altleiningen gesehen. Allen Gegentoren sind individuelle Fehler von uns vorausgegangen.

Was muss geschehen, um in der momentan fast schon aussichtlosen Situation den Schalter noch umzulegen?

Wichtig wäre, dass wir mal den kompletten Kader beisammen hätten und damit einige erfahrene Spieler mehr in der Mannschaft wären, an denen sich die anderen orientieren können. Bis dahin müssen wir einfach sehen, dass wir so viele Punkte wie möglich sammeln. Das Problem ist, dass wir mehr Zeit bräuchten, damit sich die jungen Spieler an das Niveau gewöhnen können. Da dreht sich das Ganze so ein bisschen im Kreis. Wir brauchen aber auch eine bessere Trainingsbeteiligung. Jeder unserer Spieler muss sich da an die eigene Nase fassen nach dem Motto: „Ich will Fußball auf Landesliga-Niveau spielen, dann muss ich auch, was meine Freizeit betrifft, dem den Vorrang einräumen.“

Bei allem Optimismus: Auch Sie werden sich Gedanken gemacht haben, wie es für Sie weitergeht, wenn die Spielvereinigung erneut absteigt. Wo führt der Weg von Julius Haas dann hin?

Ich bin ein absoluter Fußball-Romantiker. Ich liebe meine Heimatstadt Ingelheim und die Spielvereinigung Ingelheim bedeutet sehr viel für mich. Wie sagt man? Man soll niemals nie sagen. Aber ich wäre nicht mehr bei der Spielvereinigung, wenn mir der Verein nicht so am Herzen liegen würde. Da sind ganz viele gute Jungs dabei, mit denen mich persönlich viel verbindet. Dafür – das kann ich mir vorstellen – wäre ich auch bereit, mit denen in die Bezirksliga zu gehen.

Eine letzte Frage: Was erwarten sie vom Auswärtsspiel am Sonntag in Bodenheim, dem Gastspiel des Tabellenletzten beim Spitzenreiter?

Ich glaube, dass wir gegen Bodenheim gar nicht so schlecht aussehen werden. Da erwartet niemand etwas von uns. Und damit gibt es auch keinen Grund, Angst vor diesem Spiel zu haben.

Aufrufe: 028.9.2016, 19:00 Uhr
Andreas SchererAutor