2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Euskirchens Trainer Kurt Maus
Euskirchens Trainer Kurt Maus

"Wir haben auf den Tischen getanzt"

Verlinkte Inhalte

Kurt Maus, Trainer beim Mittelrheinligisten TSC Euskirchen, spricht im Interview mit Oliver Löer über Fußball-Weisheiten, mittlerweile 50 Jahre im Trainer-Job und das anstehende Duell mit dem Regionalligisten Viktoria Köln im Verbandspokal.

Herr Maus, hinter vorgehaltener Hand werden Sie im Kölner Amateursport als „Erfinder des Fußballs” geadelt. Können Sie sich vorstellen, warum?

(lacht) Diese Bezeichnung ist vielleicht doch etwas zu weit hergeholt. Vielleicht behaupten die Leute das, weil ich inzwischen seit 50 Jahren als Trainer arbeite. Aber auch das möchte ich nicht überbewertet wissen.

In dieser Zeit haben Sie aber immerhin Aussagen wie „Gut ist schlecht, wenn es besser geht” getätigt. Handelt es sich dabei um Ihre Fußball-Weisheit?

Na ja, den einen oder anderen geschliffenen Satz muss man schon zwischendurch raushauen, schließlich sind die Spieler ja auch nicht dämlich, im Gegenteil. Ich würde dieses Motto gerne noch um einen Zusatz erweitern: „Wenn es nicht besser geht, sollte man auch zufrieden sein.” Und: „Das Einfache ist immer das Beste.”

Sie haben es gesagt: Seit 50 Jahren sind Sie im Kölner Fußball zu Hause. Wie fühlt es sich eigentlich an, mit 71 Jahren noch Trainer einer Fußball-Mannschaft zu sein?

Wie heißt es immer so schön: „Es gibt nicht junge oder alte, sondern nur gute oder schlechte Trainer.” Aber Spaß beiseite: Ich halte es schon für richtig und auch wünschenswert, dass wir den jungen Trainern die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln. Da sind wir auf einem guten Weg. Für mich ist es entscheidend, diesen wunderbaren Sport mit Freude und Enthusiasmus zu leben. Und das tue ich, auch im fortgeschrittenen Alter.

Die Spieler, mit denen Sie arbeiten, sind teilweise 50 Jahre jünger als Sie. Passt das zusammen?

Entscheidend ist doch nicht das Alter eines Menschen, sondern wie man selber mit dem Alter umgeht und wie man sich gibt. Natürlich ist mir nicht entgangen, dass sich in den zurückliegenden Jahren einiges verändert hat. Das Leben hat sich rasant entwickelt, alles ist viel schneller geworden. Für mich ist es wichtig, dass ich jeden Tag in den Spiegel schauen und behaupten kann: „Ich stehe mit beiden Beinen auf dem Boden.” Da möchte ich mir schon treu bleiben.

Nicht nur das Leben hat sich verändert, sondern auch die Charaktere der Spieler.

Das kann ich so nicht stehen lassen. In meiner Karriere hatte ich unendlich viele Fußballer unter meinen Fittichen, die wirklich alles für den maximalen Erfolg in die Waagschale geworfen haben. Früher haben wir das Spiel an einem Sonntag vielleicht noch etwas mehr genossen und anschließend auch noch die dritte Halbzeit eingeläutet. Da haben Spieler, Schiedsrichter und Trainer schon einmal gemeinsam auf den Tischen getanzt. Das ist heute nicht mehr der Fall.

Vielleicht können Sie am Samstag nach dem Pokalspiel gegen den FC Viktoria Köln ja ebenfalls auf den Tischen tanzen. Was verbindet Sie mit diesem Klub?

Vorweg muss ich betonen, dass die Führungsetage der Viktoria meinen größten Respekt genießt. Vor allem Franz-Josef Wernze (Viktoria-Mäzen, die Red.) nötigt mir eine Menge Achtung ab. Er hat den Verein aus der Versenkung geholt und ist der Vater der neuen Viktoria. Kurzum: Ich bin Viktoria Köln freundschaftlich verbunden, vor allem Franz Wunderlich, dem Rocky Balboa aus Köln.

Trauen Sie dem FC Viktoria den Aufstieg in die Dritte Liga noch zu?

Eindeutig ja. Sie verfügen über eine riesige Qualität im Kader, und es gibt eigentlich keine Schwachpunkte in der Mannschaft. Wie Jules Schwadorf vor zwei Wochen die Sportfreunde Lotte fast im Alleingang auseinandergenommen hat, hat mir schon imponiert. Und über Mike Wunderlich brauche ich mit Ihnen ja nicht zu sprechen.

Hat der TSC Euskirchen eine realistische Chance, die Viktoria am Samstag aus dem Mittelrheinpokal zu befördern?

Grundsätzlich schon, wobei unsere beiden Torhüter leider verletzt sind und wir auf unseren Torwart-Trainer zurückgreifen müssen. Unser Gegner spielt mit Rolex-Uhren, wir in Nockenschuhen. Trotzdem möchten wir die Partie mit aller Leidenschaft bestreiten.

In der Saison 2003/2004 haben Sie sich als Trainer von Yurdumspor Köln in der damaligen Oberliga Nordrhein schon einmal mit Viktoria Köln duelliert. Welche Erinnerungen haben Sie an die Spiele?

Ich erinnere mich noch sehr genau an die Begegnungen: Das Hinspiel haben wir gewonnen und das Rückspiel zu Hause in Chorweiler verloren. Schon damals hatten bei Viktoria Köln gute Leute das Heft des Handelns in der Hand: Matthias Hönerbach war Trainer und Winfried Pütz der Präsident. Leider sind sie am Ende der Saison abgestiegen und haben sich schließlich wirtschaftlich übernommen.

Wie lange möchten Sie noch als Fußball-Trainer arbeiten?

Im Moment stelle ich mir diese Frage nicht. Mir ist es wichtig, jungen Leuten etwas vermitteln zu können und sie fußballerisch besser zu machen. Aber im Leben kann es manchmal sehr schnell gehen. Ich genieße jeden Tag, an dem ich Trainer sein darf.

Aufrufe: 019.11.2015, 20:00 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger /Oliver LöerAutor