2024-04-24T13:20:38.835Z

Interview der Woche
Gerrit Holtmann muss derzeit viel Pressearbeit leisten, wie hier bei RadioWeserTV in Bremerhaven. Foto: Volker Schmidt
Gerrit Holtmann muss derzeit viel Pressearbeit leisten, wie hier bei RadioWeserTV in Bremerhaven. Foto: Volker Schmidt

,,Wie sich Mainz um mich bemüht hat, war schon besonders"

Marcus Kretzner im Gespräch mit dem Bremerhavener Fußballprofi Gerrit Holtmann, der von Eintracht Braunschweig zum Mainz 05 in die Bundesliga wechselt

Gerrit Holtmann ist nicht nur schnell wie eine Rakete, auch seine Fußballerkarrierre verläuft in einem Höllentempo. Der 21-Jährige, der vor zwei Jahren noch beim JFV Bremerhaven gekickt hat und danach bei Eintracht Braunschweig in der 2. Bundesliga den Sprung ins Profigeschäft geschafft hat, wird in der kommenden Saison für den 1. FSV Mainz 05 in der Bundesliga und in der Europa League an den Start gehen. Über seine neue Rolle, den Abschied aus Braunschweig und seine weiteren Ziele sprach der Bremerhavener Fußballer mit unserem Redakteur Marcus Kretzner.

Gerrit, nachdem Ihr Wechsel zu Mainz 05 in die Bundesliga am Dienstag bekanntgegeben wurde, stand Ihr Handy bestimmt nicht mehr still, oder? Ich habe natürlich mehr Anrufe und Nachrichten bekommen als an einem normalen Tag, das stimmt schon.

Wer hat denn alles zum Sprung in die Bundesliga gratuliert? Meine Kumpels natürlich und auch einige meiner Mitspieler in Braunschweig. Doch es gab nicht nur positive Stimmen an diesem Dienstag.

Inwiefern? Na ja, in den sozialen Netzwerken wie Facebook gab es auch heftige Reaktionen auf meinen Wechsel in die Bundesliga. Einige Braunschweiger Fans waren ziemlich sauer darüber. Da gab es verbale Attacken, die ich so vorher auch noch nicht kannte.

Dabei waren Sie doch einer der Fanlieblinge bei der Eintracht. Eben, ich denke, dass einige Fans deswegen gerade sauer auf mich sind. Aber ich versuche, das nicht an mich ranzulassen. Und dass es natürlich Fans gibt, die den Wechsel nicht so toll finden, ist ja auch verständlich. Das ist schon eine schwierige Situation für mich. Aber da muss ich durch, auch das gehört zum Profigeschäft.

Ist der Abschied aus Braunschweig jetzt einer mit Groll? Nein, um Gottes Willen. Gegen Braunschweig hege ich überhaupt keinen Groll, ganz im Gegenteil. Ich bin froh, dass ich mich hier so entwickeln konnte, dass ich jetzt in der Bundesliga spielen darf. Und die Fans - wie gesagt, ich kann sie ja sogar verstehen, dass sie enttäuscht sind. Es ist eben nur schade, dass es da auch teilweise unter die Gürtellinie geht.

Dann blicken wir doch mal nach vorne. Wie kam der Wechsel nach Mainz zustande? Nach Ihrer tollen Rückrunde in Braunschweig gab es doch bestimmt noch andere Angebote... Ja, das stimmt. Da waren wirklich auch echte Hochkaräter dabei. Aber für mich war schnell klar, dass wenn ich in die Bundesliga wechsele, Mainz meine erste Adresse ist.

Warum ist das so? Ich war auch bei anderen Vereinen zu Gesprächen, aber das Interesse von Mainz war ein besonderes. Trainer Martin Schmidt hat sich da schon sehr intensiv um mich bemüht.

Können Sie uns das näher erklären? Herr Schmidt hat mich bei unserem ersten Gespräch mit in einen Raum genommen und mir seine Philosophie vom Fußball erklärt. Und vor allem, welche Rolle ich darin spielen soll. Wir saßen rund drei Stunden zusammen und alles, was er mir über Mainz und seine Vorstellungen vom Fußball erzählt hat, hat mich fasziniert.

Mainz und Gerrit Holtmann ist also so etwas wie eine Liebe auf den ersten Blick? So in etwa kann man das ausdrücken. Ich sag's mal so: So intensiv, wie Mainz und vor allem Martin Schmidt sich um mich bemüht haben, das war schon etwas ganz Besonderes. Da habe ich schnell festgestellt: Hey, hier gehörst du hin.

Sie sagen, es gab noch andere Hochkaräter, die Sie gerne verpflichtet hätten. Das Thema Geld spielte also nicht die tragende Rolle beim Wechsel? Überhaupt nicht, kein Stück. Es war einzig und alleine das Konzept von Mainz 05, was mich überzeugt hat, zu wechseln. Dass ich woanders mehr hätte verdienen können - ja, stimmt. Aber kein Club hat mir so eine gute sportliche Perspektive gegeben wie die Mainzer. Und das zählt mehr als Geld.

Mainz ist bekannt für einen schnörkellosen, offensiv geprägten Fußball. Genau Ihr Ding, oder? Stimmt. Das meine ich ja auch damit, wenn ich von der Mainzer Fußballphilosophie spreche. Martin Schmidt hat mir genau dargelegt, welche Rolle ich in diesem System einnehmen soll. Und das macht mich stolz, und das versuche ich nun umzusetzen.

Haben Sie auch Angst davor, dass Sie sich nicht sofort durchsetzen können? Angst ist vielleicht der falsche Ausdruck. Aber Respekt vor dem, was da jetzt kommt - ja, das habe ich schon. Es ist doch klar, dass ich als der Neue im Team erst einmal meinen Platz finden muss. Aber ich will mich dieser Herausforderung stellen, deswegen habe ich mich auch zu diesem Wechsel entschlossen.

Kennen Sie schon jemanden aus der Mainzer Mannschaft? Ja, den Emil Berggreen. Mit ihm habe ich ja bis zur vergangenen Winterpause in Braunschweig gespielt. Die anderen Spieler kenne ich noch nicht persönlich, aber alleine die Namen lassen da bei mir das Herz schon höher schlagen, mit denen zusammenspielen zu dürfen. Da steckt eine große Qualität in der Mannschaft - und ich darf mitmachen.

Als Europa-League-Teilnehmer kann ja dann nur das Saisonziel lauten, erneut unter die Top 6 der Bundesliga zu kommen. Nein, nein. In erster Linie wollen wir versuchen, schnellstmöglich die magische Punktzahl von 40 Punkten zu erreichen, um mit dem Abstieg nichts mehr zu tun zu haben. Durch die große Belastung mit Europa League, DFB-Pokal und Bundesliga kann man auch schnell mal untendrin stehen - siehe Augsburg.

Sie haben auch schon für Deutschland in der U20-Nationalmannschaft gespielt. Da sind Sie mit ihren 21 Jahren jetzt raus, oder? Das stimmt, da bin ich jetzt nicht mehr dabei.

Das nächste Ziel kann ja dann nur der Sprung in die U21-Nationalmannschaft sein. Es wäre gelogen, wenn ich nicht auch dieses Ziel vor Augen habe, na klar. Aber zu allererst muss ich mich jetzt in der Bundesliga bei Mainz 05 durchsetzen. Wenn mir das gelingt, dann würde ich mich über einen Anruf von Horst Hrubesch (Trainer der U21-Nationalmannschaft, Anm. der Redaktion) selbstverständlich sehr, sehr freuen. Doch zunächst ist das Zukunftsmusik.

Erzählen Sie uns, wann es jetzt richtig losgeht bei Ihrem neuen Club? Am 25. Juni beginnt für mich der Arbeitsalltag in Mainz - eine Woche früher als für die gestandenen Spieler.

Warum das? Quasi zum Kennenlernen. So gibt man mir die Möglichkeit, das Trainingsgelände, meinen Platz in der Kabine und die Stadt kennenzulernen. Und natürlich die ganzen Mitarbeiter von Mainz 05 sowie das gesamte Umfeld. Das ist eine tolle Sache und wird mir den Trainingsauftakt am 1. Juli sicher vereinfachen.

Geht es dann ins Trainingslager? Ja, wir fliegen am 8. Juli in die USA nach Colorado Springs und werden dort ein einwöchiges Trainingslager absolvieren. Dabei stehen auch zwei Spiele auf dem Programm.

War es nicht so, dass Sie nur ungerne fliegen? Ja (lacht), das war wirklich mal so. Aber mittlerweile macht mir das nicht mehr so viel aus. Es standen ja auch in Braunschweig einige Flüge an.

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Dieser Artikel stammt von der Nordsee-Zeitung

Aufrufe: 013.6.2016, 18:43 Uhr
Nordsee-Zeitung / Marcus KretznerAutor