Mit der Ankunft in Indien tauchte Kandziora in eine völlig andere Welt ein. "Es war einfach unglaublich: Wir wurden bei unserer Ankunft in Mumbai mit militärischen Ehren empfangen. Vor uns wurde salutiert, das war schon beindruckend. Wir erfuhren ein gigantisches Medieninteresse. Ich hatte reihenweise offizielle Empfänge, sogar eine Einladung beim König der Region Kohlapur", erzählt der 47-Jährige, der anschließend in den Süden des Subkontinents reiste und in den Großstädten nach Talenten suchte. "Wahnsinn, ich hatte meinen eigenen Chauffeur, der mich durch die verstopften Straßen manövrierte. Einmal stand plötzlich ein Elefant neben uns. Sowas vergisst du nicht", sinniert Kandziora über seine Erlebnisse. Vor allem in Schulen und an den zahllosen Stränden erlebte der Fußballfachmann die Zerrissenheit Indiens: "Der Unterschied zwischen den Slums und den Reichen ist gigantisch. Ich sah Kinder, die auf der Straße unter einer Zeltplane schlafen mussten. Andere wuchsen in riesigen Palästen auf. Hindi, Moslems und Christen. Für uns war aber nur entscheidend, wie groß ihr Fußballtalent ist." Die fremden Eindrücke, die in dem riesigen Land auf Kandziora eingeprasselt sind, haben ihn ins Grübeln gebracht: "Das unglaubliche Verkehrschaos, die gigantischen Menschenmassen und ihre unterschiedlichen Lebensweisen, die herrliche Natur zu sehen, den riesigen Respekt uns gegenüber, aber auch beispielsweise die Unterdrückung der Frau, den freudlosen Umgang der Menschen untereinander und die rückständigen Erziehungsmethoden zu erleben. Das hat mich alles sehr nachdenklich gemacht."
Im Frühsommer kehrte Guido Kandziora von seinem indischen Abenteuer nach Deutschland zurück. Lange verweilte er aber nicht in der Heimat. Für den Kraichgauer Bundesligisten durchstöberte der Fußballfachmann Osteuropa nach Talenten. "In letzter Zeit war ich in Bulgarien und Kroatien unterwegs, habe dort auch viele Erst-und Zweitliga-Spiele gesehen. Ich habe dort super Eindrücke sammeln können. Man hat mir auch den Job des Sportdirektors bei einem bulgarischen Erstligisten angeboten. Aber die Rahmenbedingungen haben letztendlich nicht gepasst", erzählt Kandziora, der demnächst seinen Abschluss als Fußballlehrer in Angriff nehmen will. "Ich bin jetzt wieder richtig heiß. Sollte sich was auftun, wäre ich bereit. Ich brenne", hält der 47-Jährige ein flammendes Bewerbungs-Plädoyer. Wie sein neues Betätigungsfeld aussehen soll, das lässt sich der Ex-Soldat und Frühpensionär in viele Richtungen offen: "Ich würde aber schon gern unter professionellen Bedingungen arbeiten. Regionalliga wäre toll, ich kann mir aber auch vorstellen, im U23-Bereich zu arbeiten und Mannschaften zu entwickeln. Das wäre mir dann auch egal, wo das wäre." Sollte in naher Zukunft kein interessantes Angebot eintrudeln, spekuliert Kandziora mit einem Engagement in Indien: "Es gibt eine Anfrage aus Ostindien. Es geht um ein Jugendprojekt, für das ich ein Fünf-Jahres-Konzept ausarbeiten würde. Kurz gesagt geht es um Talentsuche, und anschließend darum, die Talente zu fördern und zu entwickeln. Ich bin aber noch dabei, dieses Angebot zu prüfen." Kandziora behält sich also eine Option in der Hinterhand. Aber jetzt ist er erst einmal heiß darauf, wieder mit einer Mannschaft zu arbeiten.