2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Längst angekommen in Neutraubling: der bulgarische Ex-Nationalspieler Yordan Todorov (li.). F: Weih
Längst angekommen in Neutraubling: der bulgarische Ex-Nationalspieler Yordan Todorov (li.). F: Weih

Von der Europa League in die Bezirksliga

Vor elf Jahren sorgte Yordan Todorov für die Entlassung von Klaus Augenthaler bei Bayer Leverkusen. Heute trennen die Klubs der beiden wenige Kilometer.

Bezirksliga Süd Oberpfalz, Samstagnachmittag. Yordan Todorov streift sich sein Trikot, das des TSV Neutraubling, über und betritt den Rasen. Vielleicht 100 Zuschauer sind da. Todorov, das Neutraublinger „Herzstück“, ackert unermüdlich, kämpft um jeden Ball. Und irgendwann hat der dribbelstarke Rechtsaußen seinen Moment: von einem Mitspieler auf die Reise geschickt, bleibt er vor dem Tor cool und netzt im Stile eines Knipsers ein. 14 Mal hat es Todorov in dieser Saison für den Aufsteiger schon klingeln lassen. Dabei sah die Fußballwelt des 35-Jährigen noch vor einem Jahr völlig anders aus.

Denn Yordan Todorov durfte unser aller Kindheitstraum leben: Fußballprofi zu sein. Und das äußerst erfolgreich. In seinem Heimatland Bulgarien wurde er allein dreimal Meister. Im August 2005 schlug er mit dem CSKA Sofia den FC Liverpool im weltberühmten Stadion an der Anfield Road. Vor 42.000 Zuschauern, das versteht sich von selbst. Es war eines von sechs Spielen Todorovs in der Qualifikation zur Champions League. Hinzu kommen 27 Einsätze in der Europa League/ UEFA Cup bzw. -Quali, insgesamt 158 Erstliga-Spiele für Sofia und Lokomotive Plovdiv sowie fünf Länderspiele für die bulgarische Nationalmannschaft. Eine beeindruckende Bilanz.

Im Sommer kam Todorov nach Deutschland. Das Ende seiner lange Profikarriere, nicht aber seiner aktiven Fußballkarriere. Jetzt zaubert der ehemalige Nationalspieler für Wacker Neutraubling. Für den Klub war es vor einem halben Jahr freilich ein absoluter Hammer, einen solchen Fußballer verpflichten zu können. „Dass so ein Spieler bei uns in Neutraubling spielt, ist eigentlich eine Sensation wie die Verpflichtung von Klaus Augenthaler in Donaustauf“, plaudert Fußball-Abteilungsleiter Frank Korinth aus dem Nähkästchen. Klar: die finanziellen Mittel eines SV Donaustauf hätte man in Neutraubling nicht. „Dafür können wir mit anderen Argumenten bei den Neuverpflichtungen punkten“, erzählt Korinth. Im Detail seien das die Unterstützung bei Wohungs- und Arbeitssuche, Behördengängen und vielen weiteren Angelegenheiten. „Das ist fast eine 24-Stunden-Rundumbetreuung, welche wir unseren Spielern bieten. Selbst Profivereine betreiben nicht so einen Aufwand“, grinst der Abteilungsleiter.

Der 35-jährige Yordan Todorov hat viel erlebt in seiner Karriere. Trotzdem: große Wellen schlug sein Wechsel nach Neutraubling in der Region nicht wirklich. Aber ohnehin wollte der Verein damals kein großes Tamtam um den prominenten Neuzugang machen „Sonst hätte ihn uns der Klaus (Augenthaler, d.Red.) weggeschnappt“, lacht Cheftrainer Rafael Wodniok – und meint das wohl gar nicht so unernst.

Apropos Augenthaler: im September 2005 kreuzten sich im Übrigen die Wege von Todorov und dem Weltmeister von 1990. Das bizarre an der Geschichte: mit seinem Siegtor zum 1:0 im UEFA Cup-Spiel seines CSKA Sofia sorgte Todorov wohl mitentscheidend dafür, dass „Auge“ am nächsten Tag bei Bayer Leverkusen gefeuert wurde. Und heute? Trennen die beiden nur ein paar Kilometer Entfernung und eine Spielklasse. Wie klein die Fußballwelt doch sein kann...
Aufrufe: 08.1.2017, 07:00 Uhr
Florian WürtheleAutor