2024-05-10T08:19:16.237Z

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Vlotho ist nicht Hongkong

Die 11. Liga: Der FC Arminia wagte 2004 einen Neubeginn mit altem Namen

Schöne Erinnerung: Vor einigen Jahren gewann Oliver Halle mit den „Hong Kong Krauts“ die Meisterschaft – dafür brauchte er nicht mal einen Spielerpass.

Kreis Herford. „Als wir uns 2004 gründeten, ging es super los: Aufstieg in die Kreisliga B, viele Zuschauer, jahrelang oben mitgespielt – aber im Moment machen wir schwere Zeiten durch, das kann man wohl so sagen“, umreißt Oliver Halle, Spieler und 1. Vorsitzender des C-Ligisten FC Arminia Vlotho, die Situation seines Klubs. Arminia Vlotho? Da war doch was. Wieso Kreisliga C? Und wieso erst im Jahr 2004 gegründet?

Der 36-Jährige holt tief Luft. „Also – es gibt eine alte und eine neue Arminia. Die alte Arminia wurde schon 1919 gegründet und spielte in den 80er und 90er Jahren regelmäßig Landesliga, einmal sogar Verbandsliga“, erklärt der Fußballer, der schon damals als Spieler dabei war. Das Problem: Mit SuS Vlotho-Winterberg hatte die Kleinstadt Vlotho einen zweiten erfolgreichen Traditionsklub. „Beide machten sich das Leben schwer, schon in den 90ern wurde es schwierig, Sponsoren für beide zu finden“, nennt Halle einen Grund, warum es 2003 zu einer Fusion kam. Das Ergebnis hieß SC Vlotho 19/21 – der Klub spielt heute in der Bezirksliga.
Halle kickte anfangs auch für diesen Verein. Nach einem kurzen Intermezzo in Exter scharte er jedoch 2004 einige Gleichgesinnte um sich. Das Ziel: Die Neugründung eines Vlothoer Fußballvereins. Um enttäuschte und abtrünnige Vereinsmitglieder der alten Arminia zurückzugewinnen, entschieden sich die Gründer für eben diesen Namen: „Arminia“. Der Plan ging auf – ehemalige Spieler und Zuschauer kehrten zurück, gleich in der ersten Saison wurde die neue Arminia Meister der Kreisliga C – mit 25 Siegen, einem Unentschieden und 121:16 Toren. Auch in der Kreisliga B spielte der Verein zunächst oben mit. „Die Leute waren so begeistert, dass sogar zu den Auswärtsspielen immer so um die 40 Arminia-Fans zuschauten.“
Von den Heimspielen ganz zu schweigen. Die Suche nach einer Spielstätte konnte sich der neue Klub sparen. Das schmucke Vereinsheim gehörte zwar zunächst dem Fusionsklub, spielen durfte die Arminia aber – wie zuvor – im pittoresken Jahnstadion an der Vlothoer Burg, mit Blick ins Weserbergland. Die mit Rasen überzogene Stehtribüne dürfte im Kreis Herford einzigartig sein. Die mit dickem Moos bedeckten Treppenstufen sind allerdings keine Absicht. Sie und die maroden Ersatzbank-Häuschen lassen erahnen, dass es dem Verein zurzeit nicht so gut geht.
„Ein paar Jahre lief es noch ganz ordentlich“, setzt Oliver Halle seinen Ausflug in die jüngere Vereinsgeschichte fort. 2008 bekam die Arminia sogar ihr Vereinsheim zurück. Die Umkleidekabinen leuchten heute in kräftigem Vereinsrot, jeder Spieler hat ein Namensschild über seinem Platz. Als Relikt aus längst vergangenen Zeiten blieben die Duschautomaten mit den Münzeinwurfschlitzen an Ort und Stelle.


Auch originell: In der Umkleidekabine befinden sich noch die alten Duschautomaten – warmes Wasser gab’s damals nur gegen Bargeld.


„2009 hat der Verein noch eine Abteilung für Damenkegeln aufgemacht“, erzählt Halle und lacht. Womöglich hat es der Vorstand in diesen Jahren versäumt, einen Umbruch einzuleiten. Die Spieler, seine Wenigkeit eingeschlossen, seien älter und langsamer geworden, sagt er und versucht, sich am Platzrand den Matsch vom Lackschuh zu streifen. „Und eine eigene Jugend hatten und haben wir nicht – dafür ist die Konkurrenz hier zu groß.“
Für viele Spieler sei die Familie immer wichtiger geworden – und der Fußball immer nebensächlicher. Keine ungewöhnliche Entwicklung, auch in anderen Vereinen. 2011 trat Arminia Vlotho den bitteren Gang in die unterste Spielklasse an. Nach einem Fast-Wiederaufstieg im Jahr 2012 ist der Verein mittlerweile zum Stammgast in der 11. Liga geworden. Zu Beginn der laufenden Saison sah es sogar so aus, als müsse die Mannschaft komplett abgemeldet werden. „Wir hatten keinen eigenen Schiedsrichter“, erklärt Halle – für den Verband eigentlich ein Ausschlusskriterium. Doch Arminia legte zusammen mit einigen anderen Vereinen aus dem Kreis Herford Einspruch ein.
Als die Spruchkammer in Kaiserau entschied, dass die betroffenen Vereine doch an den Start gehen dürfen, war die Saison bereits im Gange. „Wir hatten Glück, dass fast alle Spieler so lange bei uns geblieben waren“, sagt Halle mit Blick auf den einstigen Klassenrivalen Torpedo Lenzinghausen, dem zu Saisonbeginn aus demselben Grund die komplette Mannschaft davongelaufen war. „Dafür möchte ich mich nochmal beim Team bedanken.“ Arminia bestritt ein paar Nachholspiele und belegt derzeit – jenseits von Gut und Böse – den neunten Tabellenplatz.


Originell: Die mit Rasen überzogene „Natur-Stehtribüne“.


Für die nahe Zukunft wünscht sich Halle , dass der nun gemeldete Schiedsrichter seine Prüfung besteht, um ähnliche Probleme in der kommenden Saison auszuschließen. Mittelfristig könne auch die Kreisliga B wieder drin sein, „und dann wird man auch für gute Spieler wieder interessant“. Von einer Jugendabteilung oder anderen hehren Zielen träume er nicht – da sei er Realist.
Sollte sich das Formulierte mit der „neuen Arminia“ nicht umsetzen lassen, kann sich Halle vielleicht noch nach Fernost umorientieren: Im Vereinsheim hängt unter anderem ein Trikot der „Hong Kong Krauts“ an der Wand. „Ein Freund von mir wohnt in Hong Kong und spielt für diesen kleinen deutschen Verein“, erzählt Halle. Als er den Freund vor einigen Jahren besuchte, habe er – ohne Spielerpass – einfach so mitmachen können. „Wir gewannen das Spiel 1:0 und waren damit Meister“, sagt Halle. „Als Erinnerung habe ich das Trikot mitbekommen.“ So einfach kann’s gehen. Zumindest in Hongkong.

Der SC Arminia Vlotho ist immer auf der Suche nach neuen Mitgliedern, aktiv oder passiv.
Zurzeit wird auch ein Geschäftsführer gesucht. Kontakt zu Oliver Halle unter Tel. 01 78 / 2 84 77 33.

Aufrufe: 024.2.2015, 15:36 Uhr
Text und Fotos: Meiko HaselhorstAutor