2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview der Woche

Vier Siege bis zum DFB-Pokal

FSV Saulheim schwebt im Verbandspokal auf "Wolke sieben" +++ Trainer Oliver Schmitt spricht dennoch realistisch über die Ambitionen des Bezirksligisten

Es war schon der vierte Pokalcoup des FSV Saulheim: Auswärts beim Landesliga-Absteiger DJK SV Phönix Schifferstadt zog der Bezirksligist ins Achtelfinale des Südwestpokals ein. „Nur noch“ vier Siege, dann steht das Team aus der Ritter-Hundt-Gemeinde im DFB-Pokal. Oliver Schmitt, der die Saulheimer gemeinsam mit Manuel Helmlinger trainiert, berichtet über die aktuelle Erfolgsserie, die Zukunftsperspektiven des Klubs und warum es ihn aus Ingelheim zurück nach Saulheim gezogen hat.

Oliver, habt Ihr Euch schon Videos besorgt, um die Tricks von Arjen Robben und Marco Reus zu studieren?

Nee, aber die Sprüche in diese Richtung häufen sich natürlich.

Pokal-Achtelfinale, ist das für Euch eher wie ein Märchen oder seht Ihr diesen Erfolg als die ganz logische Konsequenz Eurer Arbeit an?

Im Pokal schweben wir im Moment wirklich auf Wolke sieben, und es sind ja auch keine normalen Spiele: 4:3 in Schifferstadt, Elfmeterschießen in Klein-Winternheim, das 5:4 gegen Bodenheim und, okay, das 3:0 gegen Bretzenheim. Für uns ist das nicht normal. Wir sind selbst überrascht, dass wir so weit gekommen sind.

Was ist noch drin in diesem Wettbewerb?

Das kommt darauf an, gegen wen wir gelost werden. Es gibt vielleicht noch zwei, drei Mannschaften, gegen die wir eine Chance haben. Mit ein bisschen Glück kommen wir ins Viertelfinale. Noch vier Spiele bis zum DFB-Pokal, das hört sich schon kurios an.

Was passiert eigentlich mit dem Preisgeld?

Es sind in dieser Runde ja erst 500 Euro. Die Pokalrunde wird bei uns normalerweise ohne Prämie gespielt. Der Vorstand hat festgelegt, dass das Geld in die Mannschaftskasse kommt, und kam uns sehr entgegen. Denn schon nach dem Sieg gegen Klein-Winternheim wurden Prämien ausgeschüttet. Daran sieht man, dass der Verein – genauso wie wir Trainer – stark auf den Pokal setzen. Sollten wir in der nächsten Runde wieder Erfolg haben, sollen 60, 70 Prozent des Preisgeldes erneut in die Mannschaftskasse fließen. Der Vorstand sagt, das habt ihr euch verdient, und das finde ich geil.

Färben die Erfolge auf die Liga ab?

Der Sieg gegen Bretzenheim schon. Wir sind mit zwei Unentschieden in die Liga gestartet, womit wir nicht ganz so zufrieden waren. Nach dem Pokalerfolg haben wir eine Serie mit drei Siegen gestartet, die erst jetzt in Gundheim gestoppt wurde. Ich hoffe, der Sieg in Schifferstadt gibt uns nun einen Schub, denn die Wochen zuvor waren nicht einfach, wir haben alle vier Tage gespielt. Da bekommt man großen Respekt für die Champions-League-Teilnehmer.

Welche Ziele habt Ihr Euch in der Liga gesetzt?

Vergangene Saison waren wir Fünfter, das würden wir jetzt gern wieder schaffen. Wenn wir Ostern noch in der Nähe der Aufstiegsplätze sind, ist das gut. Gau-Odernheim, Horchheim und Schott sind sehr gute Teams, dahinter können wir auf Platz vier landen.

Habt Ihr zumindest auf Sicht die Landesliga im Fokus?

Eine schwierige Frage. Vor vier Jahren, als ich nach Saulheim kam, waren wir in die A-Klasse abgestiegen. Da hatte ich als Trainer schon die Vision Landesliga, aber der Verein konnte gar nicht so weit denken. Ich denke, mittlerweile hat im Verein ein Umdenken stattgefunden, die alten Strukturen wurden aufgebrochen. Die Jungs haben in Schifferstadt Landesliga-Luft geschnuppert, viele haben erstmals in der Pfalz gespielt. Ich glaube, dass andere Vereine ambitionierter sind als wir, aber ich spiele auch nicht in der Bezirksliga, um da ewig zu bleiben.

Was ist das Erfolgsrezept?

Der FSV hatte zwischen 1985/86 und 1990 starke Jahrgänge. Ich glaube, dass in den nächsten zwei, drei Jahren ein Umbruch stattfindet. Im Moment spielt die Mannschaft auf einem sehr hohen Level und ist von der Altersstruktur her perfekt. Und aus der Jugend kommt immer was nach.

Die Jugendarbeit ist in den letzten zwei, drei Jahren auch vom Kopf auf die Füße gestellt worden. Trägt das bereits Früchte?

Ja, und die Früchte werden noch mehr kommen. Der FSV hatte das Glück, mit mir einen Trainer zu haben, der stark auf die Jugend setzt. Es gibt Fördertraining, die Spieler der Ersten übernehmen Patenschaften, der Verein hat in die C-Scheine investiert und seine Nachwuchstrainer nach Edenkoben zum Verband geschickt, die A-Jugend hat sich mittlerweile in der Landesliga etabliert. Das ist der richtige Weg für einen Verein, der es sich nicht leisten kann, Spieler von auswärts zu holen. Es gibt hier eine minimale Siegprämie, mehr nicht. Die Spieler wissen das und stellen keine Ansprüche. Nach dem Abschlusstraining kochen immer die Alten Herren für uns und die zweite Mannschaft. Das sind die Dinge, die diesen Verein ausmachen. Es ist sehr familiär, und so kann man Spieler anlocken. Nach dem Essen sitzen wir in der Regel noch lange im Vereinsheim und trinken ein, zwei Bier, was dann wieder Einnahmen bedeutet. Wir schätzen das sehr.

Welche sportlichen Perspektiven eröffnet eine solche Herangehensweise?

Wenn wir einmal in die Landesliga aufsteigen sollten, wird es natürlich schwer, so konkurrenzfähig zu sein. Aber im Pokal sieht man, dass wir mithalten können. Das Gute ist: Auch wenn wir in die A-Klasse absteigen, laufen hier nicht scharenweise die Spieler weg. Deswegen kann man als Trainer hier sehr ruhig arbeiten.

War das auch der Grund, warum Du Ingelheim verlassen hast?

Diese Stimmung hat mir dort gefehlt, ja, auch die pure Leidenschaft, die man hier im Training spürt. Die Spieler in Saulheim haben extrem viel Gier in sich. Das macht richtig Spaß.

Wie beurteilst Du den aktuellen sportlichen Abschwung bei Deinem Ex-Verein?

Es ist sehr schade, aber die Entwicklung war vorhersehbar. Der Verein hat zu wenige Personen, die sich um das Drumherum kümmern. Präsident Wolfgang Bärnwick, der sportliche Leiter Gerhard Huber – das ist für eine Verbandsligamannschaft einfach zu wenig. Es interessiert niemanden im Ort, was mit dem Verein passiert.

Das ist bedauerlich, bei den sportlichen Erfolgen der Vergangenheit und dem herrlichen Gelände.

Es ist der Hammer, der Platz ist überragend, die Infrastruktur auch, die erste Mannschaft hat sogar eine eigene Kabine. Das ganze Drumherum ist regionalligatauglich. Aber es fehlen die Leute, die Engagement zeigen.

Kannst Du Dir vorstellen, beim FSV Saulheim alt zu werden?

Ich bin ja zurzeit im Referendariat an der Berufsschule in Bingen und habe im April mein Examen. Ich habe in Ingelheim auch gesagt, dass ich einen Negativlauf erkenne und es als nicht förderlich ansehe, in der Zeit meines Referendariats in einem hektischen Vereinsumfeld zu arbeiten, wo nach sechs, sieben Wochen der Trainer entlassen wird und es dann heißt: Oli, mach mal. Dafür habe ich einfach keine Zeit. Hier macht es mir unheimlich viel Spaß, es kann durchaus was Längerfristiges sein. Aber im Mai sagt das Land Rheinland-Pfalz, auf welcher Schule ich arbeiten darf. Das kann überall sein. Prinzipiell ist der FSV Saulheim eine Adresse, bei der man längerfristig bleiben kann. Aber dann wäre es auch schön, irgendwann den nächsten Schritt zu machen.

Aufrufe: 017.9.2015, 18:00 Uhr
Torben SchröderAutor