2024-05-14T11:23:26.213Z

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F: Parolari
F: Parolari

Unterwegs auf fremden Plätzen

Von fehlenden Spielern, verschollenen Schiedsrichtern und kuriosen Karten - Amateurfußball mal anders.

Tim Winter hat ausprobiert, was es heißt, ein "Groundhopper" zu sein. Er hat am vergangen Sonntag elf Fußballspiele besucht. Was er dabei erlebt hat, lesen sie im Folgenden.

Einen Spieltag im Amateurfußball einmal anders erleben, das ist mein Ziel. Ich will für einen Tag ein "Groundhopper" sein. "Hopping" ist ein zeitaufwändiges Hobby von Fußballfans, bei dem es darum geht, Spiele in möglichst vielen verschiedenen Stadien zu besuchen. Viele Fans touren dabei um die ganze Welt. Ich will erst einmal klein anfangen und habe mir den Duisburger Amateurfußball ausgeguckt. Die Szene ist weitgehend unorganisiert, einheitliche Regeln gibt es kaum – zum Glück. Denn ich klappere elf – eine passende Zahl zum Thema Fußball – Spielstätten ab.

Dabei geht es mir auch darum, häufig unbedachten Spielen einmal etwas Aufmerksamkeit zu schenken. Bereits die Planung meiner Stationen erweist sich als ernsthafte Aufgabe. Ich lege mir einen Fahrplan zurecht, reiße etliche Kilometer ab und sehe Jugend-, Frauen- und Herrenspiele. Mindestens eine Viertelstunde wohne ich jeder besuchten Partie bei, mehr lässt der enge Zeitplan nicht zu. Ich sehe, erlebe viel und lerne den Charme des Amateurfußballs hautnah kennen.

1. Station: Viktoria Buchholz II – DJK Lösort Meiderich 3:0, B-Junioren/ Kreisklasse Der Kampfschrei "Einer für alle" weckt die Anwohner um 9 Uhr. In der nächstgelegenen Bäckerei zeigt das Personal deutlich mehr Laufbereitschaft, als die Meidericher Abwehr. Die Viktoria führt schnell mit 2:0. Nach 40 Minuten, beziehungsweise vier S-Bahn-Vorbeifahrten später, geht es für mich weiter.

2. Station: SG Rahm/Mündelheim – TV Voerde 3:2, Frauen/ Kreisliga Die zweite Station meines Tages ist wohl gleich die idyllischste. Zwischen Feldern gelegen, auf der Anlage des TuS Mündelheim, besuche ich ein Frauen-Kreisliga-Spiel. Eine Aussage einer ankommenden Gäste-Spielerin trifft den Nagel auf den Kopf: "Ich dachte nicht, dass hier noch ein Fußballplatz kommt." Auch wenn mehr Jogger unterwegs sind, als Zuschauer am Platz stehen, ist die Partie ansehnlich.

3. Station: Preußen Duisburg – SuS 09 Dinslaken 3:7, A-Junioren/ Leistungsklasse Der Trip über die Fußballplätze ist auch ein Spiegelbild des Ruhrgebiets. Neben einem reviertypischen Kleingartenverein befindet sich die schmucke Anlage der Preußen. Auf dem Kunstrasenplatz, der eigentlich für Hockey bestimmt ist, kommt es zu einem Torfestival. Während beim benachbarten SV Duissern der Ball noch ruht, glänzen die Teams durch ungewöhnlich hohe Trikotnummern (89,42, ...).

4. Station: SV Laar 21 II – Spvgg. Meiderich 06/95 II 0:0, Herren/ Kreisliga C Nur ein schmaler Fußweg führt zum Platz des C-Kreisligisten. Da bin ich nun angekommen – an der Basis des Amateurfußballs. Während der ein oder andere Spieler verkatert am Seitenrand liegt, wird der Schiedsrichter vermisst – er taucht auf. Warmgelaufen hat sich bis dahin kaum ein Laarer Spieler. "Es sind doch gleich eh 20 Grad", kommentiert einer. Zudem fehlt der elfte Spieler, Laar beginnt in Unterzahl. Nach einer Viertelstunde kommt der elfte Mann – ohne jede Eile – auf den Platz getrabt.

5. Station: FC Taxi Duisburg – SC Preußen Duisburg II 4:0, A-Junioren/ Kreisklasse In unmittelbarer Nähe zur Schauinsland-Reisen- Arena hat mich in der Mittagszeit der Jugendfußball wieder. Zwischen A 59 und der MSV-Spielstätte kickt der FC Taxi. Das warme, trockene Wetter zeichnet sich ab, der Platz staubt ununterbrochen. Mir fällt das Atmen schwer.

6. Station: HSV Duisburg II – TS Rahm II 4:0 Herren/ Kreisliga C Der Sandsturm macht auch beim HSV Hilal halt.Auf dem Platz im Sportpark Wedau bestimmt Hilal das Spitzenspiel, während um die Anlage herum Besucher des Klettergartens in den Baumwipfeln sitzen. "Hier sind ja überall Fußballspiele", meint ein Hundehalter. Ich lächle und gehe kopfschüttelnd weiter.

7. Station: TuRa 88 Duisburg – TV Jahn Hiesfeld 0:4, B-Junioren/ Leistungsklasse Am Neudorfer Kammerberg müssen sich die B-Junioren nicht mit Atemproblemen plagen – dem Kunstrasenplatz sei Dank. Im benachbarten Kleingartenverein laufen die Grillroste, im Gegensatz zur TuRa-Mannschaft, die eindeutig noch schläft, auf Hochtouren.

8. Station: Eintracht Duisburg II – RW Mülheim III 2:0, Herren/, Kreisliga C Es geht zurück in den Sportpark Wedau. Ein Mülheimer Spieler sorgt für die amüsanteste gelbe Karte des Tages, die er bekommt, weil er den Ball in der Nähe des Mittelkreises mit einer Trinkflasche am Mund spielt.

9. Station: TuSpo Huckingen II – Post SV Duisburg 0:0, Herren/ Kreisliga B Zwischen einer Pferdekoppel und dem Schulzentrum Süd gelegen, sorgt die neunte Station meines Tages für wenig sportliche Höhepunkte. Ich bereue es langsam, keine Sonnencreme eingepackt zu haben.

10. Station: SV Wanheim 1900 II – TB Heißen 3:0, Frauen/ Bezirksliga Bei meiner vorletzten Station bekomme ich kein Fußballspiel zu sehen. Da kein Schiedsrichter auftaucht, verzögert sich der Anpfiff. Mein Zeitplan lässt Verschiebungen nicht zu. Glück im Unglück – direkt neben dem Fußballplatz findet die Stadtmeisterschaft im Boule statt. Davon verstehe ich zwar weitaus weniger, interessante 15 Minuten werden mir trotzdem geboten.

11. Station: Duisburger SV 1900 – Mülheimer SV 07 2:1 (1:0), Herren/ Landesliga Mein Fußballtag findet beim DSV seinen Abschluss. Der Kunstrasenplatz gleicht einem Teppich, auch das sportliche Niveau ist mit den vorherigen Spielen nicht zu vergleichen. Das ist ungefähr so, als lege man nach dem selbsterstellten Film eines Literaturkurses einen Hollywood-Blockbuster in den DVD-Player ein.

Aufrufe: 04.4.2014, 15:05 Uhr
Rheinische Post / Tim WinterAutor