2024-05-14T11:23:26.213Z

Allgemeines
F: Christof Wolff
F: Christof Wolff

Unter Uerdingern - KFC inside

Samstags in der 4. Liga, Auswärtsspiel - ein Blick hinter die Kulissen

Verlinkte Inhalte

Für ein Auswärtsspiel durften wir beim KFC Uerdingen hinter die Kulissen schauen. Wir verfolgten die Regionalliga-Spieler auf Schritt und Tritt, erlebten die Busfahrt von Krefeld nach Wanne-Eickel, die letzten Handgriffe in der Umkleidekabine und ihre Niederlage beim FC Schalke 04 II. Eine Geschichte über das ganz normale Leben von Freizeitkickern in der vierten Liga.

Die Wettervorhersage hat Recht behalten. Grau und nass ist er, dieser Samstagvormittag Anfang Dezember in Krefeld. Knapp fünf Grad, behauptet das Smartphone. Doch der Wind lässt einen zweifeln. Usselig, nennt das der Rheinländer. Erwin Günther bekommt davon nur am Rande mit. Den 57-Jährigen zieht noch nichts nach draußen. Stattdessen sitzt er in dem kleinen Container unterhalb der Haupttribüne der Grotenburg. Besser gesagt: in seinem Container.

Günther ist einer von nur drei Festangestellten beim KFC Uerdingen. Trainer Murat Salar und Geschäftsführer Thomas Schlecht sind die anderen. Einer für den Sport. Einer fürs Geschäft. Einer für die Ausrüstung. Letzterer ist Zeugwart Günther.

Es ist kurz vor 11 Uhr. In knapp 30 Minuten geht es nach Wanne-Eickel, wo die Viertliga-Fußballer des KFC auf die zweite Mannschaft des FC Schalke 04 treffen. Ausrüstung, Getränke, Obst, Taktiktafel und Medizinkoffer stehen bereits da, wo gleich der Bus vorfährt. Nach und nach trudeln die Spieler ein, grüßen kurz in die Runde und verschwinden in die Kabine. Es ist eine der wenigen Phasen, in denen Günther mal ein paar Minuten durchschnaufen kann. Nun sitzt er da auf seinem Stuhl und trinkt einen Schluck Wasser.

Während der Spieltag für die anderen erst jetzt beginnt, ist der 57-Jährige schon seit Stunden auf den Beinen. Obwohl er spät im Bett war. „Gestern war bis sechs Uhr Training, ab sieben habe ich gewaschen“, sagt er und berichtet von Bergen an nassen Handtüchern, dreckigen Trainingsjacken, schlammigen Hosen sowie verschwitzter Unterwäsche. Sieben Maschinen waren es insgesamt. „Im Winter ist das immer so“, sagt der Mann, der für viele weit mehr ist als „nur“ der, der für saubere und gefaltete Wäsche sorgt.

Günther kennt seinen Status. Und genießt ihn. An der Wand seines Containers – eine Mischung aus Waschraum, Lager und Büro – hängen Poster aus erfolgreicheren Tagen, Fotos und ausgedruckte DIN-A4-Blätter mit Fansprüchen. „Unser Erwin ist der Beste – unser bestes Stück vom KFC“ steht da. Oder: „Erwin Günther – der Superbetreuer vom KFC Uerdingen – Nr. 1“. Darunter ist ein Bild, das ihm beim Aufstieg in die Regionalliga vor eineinhalb Jahren zeigt. Er trägt das Aufstiegs-Shirt und geht mit der Mannschaft über den Platz. So jubelnd, als hätte er selbst gespielt. Und keiner zweifelt daran, dass er sich mindestens genauso sehr gefreut hat wie das Team.

Für Günther ist das hier beim KFC kein normaler Job. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht. „Ich hatte 30 Jahre lang eine Dauerkarte, ich war in Berlin“, sagt er. Was wohl so viel bedeuten soll wie: Ich weiß, wovon ich rede.

Berlin ist für die, die mit dem KFC zu tun haben, ein Heiligtum. Im Sommer 1985 gewann der Vorgängerverein Bayer Uerdingen dort sensationell den DFB-Pokal durch einen 2:1-Finalsieg über den riesengroßen FC Bayern. Ähnlich legendär ist nur noch das 7:3 im folgenden Frühjahr gegen Dynamo Dresden. 1:3 lagen die Uerdinger im Europapokal-Viertelfi nale gegen das DDR-Spitzenteam zur Pause zurück. Bereits das Hinspiel hatten sie 0:2 verloren. Sie brauchten fünf Tore in 45 Minuten. Und am Ende schossen sie sogar sechs. Ein Spiel für die Ewigkeit.

Die Jetztzeit sieht anders aus. Nach dem Ausstieg von Bayer ging es bergab. Aktuell ist der KFC vom Europokal genauso weit entfernt wie von der Kreisliga. Nicht mal in der eigenen Stadt ist er noch die Nummer eins. Das beherrschende Thema im Krefelder Sport ist dieser Tage die Zukunft des Eishockey-Teams Pinguine, das sich mit dem Vermieter um einen neuen Vertrag für die Halle streitet. In einer Online-Petition bezeichnen die KEV-Fans ihren Klub als „sportliches Aushängeschild der Stadt Krefeld“. Und widersprechen kann ihnen vom KFC keiner.

Marco Vits ist trotzdem immer dabei. „Auch auswärts“, wie er schnell anfügt. Normalerweise fahre er mit seinen Freunden zu den Spielen, erzählt er, während er mit Betreuern und Spielern auf den Bus wartet. Aber für heute hat ihn der Klub eingeladen. „Ich habe einem neuen Spieler bei der Unterkunft geholfen“, sagt der 22-Jährige ohne ins Detail zu gehen. Deswegen darf er heute im selben Bus sitzen wie die Spieler. Das sei schon „etwas Besonderes, das erlebt man nicht jeden Tag“, sagt er. Aufgeregt sei er aber nicht. Vits weiß, dass er gleich nicht neben millionenschweren Superstars sitzen wird.

Die Uerdinger sind nach dem Totalabsturz in die sechste Liga erst langsam wieder dabei, sich aufzurappeln. Auch in der vierten Liga ist kein Geld da für teure Spieler, die den Verein schnell wieder in den Profi bereich schießen. Kaum ein Spieler kann allein vom Fußball leben. „Das sind alles ganz bodenständige Jungs, da denkt keiner, er ist etwas Besseres“, sagt der Fan.

Als wenige Minuten später der Bus vorfährt, ist das gut zu sehen. Die Spieler packen wie selbstverständlich mit an und laden die Kisten ein. Auch Mesut Yanik. Seit der E-Jugend spielt der 20-Jährige beim KFC. Diese Saison soll er an die erste Mannschaft herangeführt werden. Doch noch hat es nicht für einen Einsatz gereicht. Aktuell ist er auch noch verletzt. „Ich fahre trotzdem mit“, sagt der Abwehrspieler, der noch bei seinen Eltern wohnt. Und auch sonst nicht das Leben führt, wie man sich das von einem Fußballer vorstellt.

Morgens bis nachmittags ist er in der Schule, dann geht es zum Training. Vier bis fünf Mal ruft Trainer Salar sein Team in der Woche zusammen. Und weil meist samstags gespielt wird, geht der Tag auch noch drauf. Freitagsabends mit Freunden ausgehen, fällt da flach. „Ich bin aber eh nicht so der Feiertyp“, sagt er. Stattdessen treffe er sich hin und wieder mit den Teamkollegen, spreche über Fußball und den Alltag. Yanik macht sich keine Illusionen, dass er seine Rechnungen irgendwann allein durch Fußball begleichen kann. Erst recht nicht, nachdem Trainer Salar jüngst in der Lokalpresse angekündigt hat, sich in der Winterpause von zahlreichen Spielern zu trennen. Auch Yanik wird dazugehören. Was er jetzt noch nicht weiß. Aber vorsorglich macht er erst mal Abitur. „Der Fußball ist schön, aber es kann schnell vorbei sein. Mit der Schule habe ich eine Absicherung.“ Während der 20-Jährige über sich und sein Leben nachdenkt, ziehen draußen die Bäume der Autobahn vorbei. Im Bus ist es ruhig. Nicht mal Musik läuft. Einige Spieler dösen vor sich hin, die meisten haben Kopfhörer auf. Nur eine kleine Gruppe guckt Handy-Videos. Hin und wieder ist ein kurzes Lachen zu hören. Hinten sitzt die Mannschaft in Einheitstrainingsanzügen, vorne die Älteren: Trainer, Betreuer, Mediziner, Zeugwart Günther. Es hat ein wenig Klassenfahrtromantik. Mit der glamourösen Welt der Bundesliga hat das wenig zu tun. Obwohl auch diese Spieler regelmäßig vor mehreren tausend Zuschauern und in großen Stadien spielen. Manchmal sogar live im Fernsehen. Und obwohl sie berühmte Namen wie KFC Uerdingen, Rot-Weiss Essen oder Alemannia Aachen auf den Trikots stehen haben.

„Manche Leute denken, dass wir richtig viel Geld verdienen, weil wir Fußball spielen. Aber das ist natürlich quatsch“, sagt Yanik. Wie viel er im Monat bekommt, will er nicht sagen. Aber als Mann aus der eigenen Jugend, der nur auf Bank oder Tribüne sitzt, kann es nicht mehr als ein Taschengeld sein.

Dass das in Uerdingen auch mal anders war, weiß er. „Der Verein hat eine große Geschichte“, sagt Yanik, der aber auch nicht viel mehr dazu sagen kann. Zu den Glanzzeiten Mitte der 1980er Jahre waren er und die meisten anderen Spieler noch nicht mal auf der Welt. Entsprechend selten sei die Vergangenheit ein Thema innerhalb der Mannschaft.

Anders ist das bei Manfred Offermann, der weiter vorne im Bus sitzt und gerade über die umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen beim Bundesligaspiel vom Vortag zwischen Dortmund und Hoffenheim (1:0) diskutiert. Der 50-Jährige ist das, was vielerorts gern als „Edelfan“ bezeichnet wird. Für die KFC-Spieler ist er eine Mischung aus Maskottchen und guter Seele. Wie Zeugwart Günther ist auch er seit Jahrzehnten dabei, war in Berlin und gegen Dresden im Stadion. „Ich habe die großen Zeiten erlebt“, sagt er. Damals hat er sich in den Verein verliebt – und kommt bis heute nicht von ihm los. Selbst jedes Training gucke er sich an, so weit es geht auch das der Jugend.

„Wenn ich mal nicht da bin, kommen die beim nächsten Mal zu mir und sagen: Manni, wo warst du? Wir brauchen dich“, erzählt Offermann und fängt an zu strahlen. Er mag es, gebraucht zu werden. Und er braucht den KFC, genießt es, dass ihn jeder Spieler persönlich begrüßt. „Ich kenne die alle, das sind ganz feine Jungs, niemand ist abgehoben“, sagt er mit einem überzeugenden Nicken. Ob er denn noch einen Traum in seiner Fankarriere habe? „Auf jeden Fall“, antwortet er gleich, „ich will noch mal in die Bundesliga. Man muss nur dran glauben.“

Kurze Zeit später nimmt der Bus die Autobahnabfahrt. Trainer Murat Salar steht auf, schnappt sich das Busmikrofon und hält eine kurze Rede. „Beim Aussteigen packen alle mit an. Zwei Mann ein Koffer“, sagt der Trainer kurz, aber unmissverständlich. Am kleinen Stadion im Herzen des Ruhrgebiets angekommen passiert genau das. Ein Teil der Mannschaft trägt die Kisten in die Kabine, drei weitere Spieler sprechen gleich die Ordner an. Wo denn die Karten für Familienmitglieder hinterlegt seien, wollen sie wissen. Ein Funkspruch später werden sie an einen anderen Ordner verwiesen. Um so etwas müssen sie sich hier selbst kümmern.

Daneben steht eine ältere Frau in Schalke-Jacke. Freundlich begrüßt sie die Uerdinger Spieler. Seit 40 Jahren habe sie eine Dauerkarte für die erste Mannschaft. Aber in letzter Zeit habe sie kaum noch Lust auf die Bundesliga. „Die gucken da doch alle nur aufs Geld“, sagt sie. Deswegen gehe sie mittlerweile lieber zur zweiten Mannschaft in die vierte Liga. „Das ist alles ehrlicher hier.“

Während sich die KFC-Spieler zur Platzbegehung ins Stadion aufmachen, bereitet Zeugwart Günther die Kabine vor, verteilt alles fürs Warmmachen sowie Trikots, Hosen und Stutzen für das Spiel und öffnet die Schuhkiste. „Die Jungs müssen sich um nichts kümmern. Das läuft hier wie beim FC Bayern“, sagt Günther. Trainer Salar betritt den Raum, der eigentlich zur benachbarten Turnhalle gehört und eher an Schul- statt Leistungssport erinnert. Der Coach hängt die Taktiktafel auf und schreibt die Startelf darauf.

Langsam wandelt sich die Atmosphäre. Alles wirkt plötzlich angespannter. Als die Spieler zurückkommen, schmeißt einer die extra mitgebrachte Musikanlage an. Laute, aggressive Technobeats erfüllen den Raum. Gelacht wird gar nicht mehr. Während sich die Spieler umziehen, werden die Gesichter ernst. „Wir müssen jetzt Spannung aufbauen“, sagt Torwart Robin Udegbe, der ebenfalls trotz Verletzung dabei ist, um seine Mannschaft zu unterstützen. Salar hält eine kurze Ansprache, geht noch mal die taktischen Feinheiten durch. Zu sehr ins Detail geht er aber nicht mehr, das meiste haben sie bereits unter der Woche besprochen. Dann geht es raus.

Während sich das Team warmmacht, trudeln die Fans ein. Insgesamt wollen das Spiel zwischen dem zehnten und dem 15. der Regionalliga heute nur 240 Zuschauer sehen. 200 davon kommen aus Uerdingen. Auch Präsident und Mäzen Agissilaos Kourkoudialos ist da. Am Mann, den alle nur Lakis nennen, scheiden sich die Geister. Für die einen ist der Immobilienhändler wegen seines Geldes die einzige Rettung, andere sehen ihn durch Geschichten wie die Steuerrazzia Ende Oktober extrem kritisch.

Vor Ort ist davon wenig zu spüren. Lakis mischt sich unters Volk, redet mit den Fans, lacht viel. „Wir brauchen den Kontakt mit ihnen. Wir sind nicht in der Bundesliga, wir sind in der Regionalliga“, sagt er. Neben ihm steht Thomas Schlecht. Der schicke neue Geschäftsführer will mit seinen Designerschuhen nicht ganz in die Szenerie passen. Aber auch er hat keine Berührungsängste. Anfang November stellte Lakis Schlecht vor. Seine Aufgaben sind nicht direkt sportlicher Natur, er soll sich vor allem um den Bereich Marketing/Sponsoring kümmern. „Wir machen keinen Hehl daraus, dass wir in den letzten zwei, drei Jahren in der Geschäftsstelle nicht viel erreicht haben. Das ist dann schon recht freundlich formuliert. Das ist jetzt der komplette Neuaufbau“,hatte Lakis damals gesagt. Schlecht soll dem Verein wieder Seriosität zurückgeben und Vertrauen bei der Krefelder Unternehmerschaft gewinnen. Gleichzeitig soll er die Kosten senken. „Wir müssen weg von den großen Gehältern, die hier in der Vergangenheit gezahlt wurden.“ Stattdessen will sich der KFC jetzt verstärkt in der U19-Bundesliga umgucken und die Spieler holen, die den Sprung in die Profi kader ihrer Klubs nicht schaffen. Junge Spieler, die in der Ausbildung sind oder studieren. Geld für Vollzeitfußballer sei nicht da, sagt Schlecht und verabschiedet sich freundlich in Richtung Tribüne.

Die Mannschaften kommen zu Bergmannsmusik auf den tiefen Platz. Die Gästefans machen sich bemerkbar. Aber nicht nur das nasskalte Wetter, auch das Spiel sorgt nicht gerade für gute Laune. Viele Fouls, viele Fehlpässe, kaum gelungene Angriffe. Irgendwie riecht das alles eher nach Landesliga. Vom Drumherum her, vom Spiel her. Erst im zweiten Durchgang wird das etwas besser. Allerdings fast nur für die Schalker. Nach etwa einer Stunde geht Rico Weiler mit der Hand an den Ball. Elfmeter. Ex-Profi Gerald Asamoah nimmt Maß und trifft zum 1:0. In der Schlussphase macht Florian Pick mit dem 2:0 alles klar.

Nach dem Spiel muss Asamoah noch für zahlreiche Erinnerungsfotos herhalten. Er macht das gern. Und fühlt sich wohl in der Liga. Obwohl er mal ganz oben war, Weltmeisterschaften und Champions League gespielt hat, stört er sich nicht am Drumherum mit besseren Sportplätzen und nur wenigen hundert Zuschauern. „Ich habe ja auch so angefangen. Jetzt bin ich wieder hier. Die Hauptsache ist doch, dass ich Fußball spielen kann und Spaß habe, mit den jungen Spielern zusammenzuspielen.“ Vierte Liga höre sich natürlich niedrig an. Es gäbe auch sicherlich Spieler hier, die es nicht mehr nach oben schaffen. „Aber es macht richtig Spaß, den Jungen was mitzugeben. Es ist mein letztes Jahr, und ich genieße das einfach.“

Uerdingens Fans genießen den Nachmittag eher weniger. Sie sind sauer über die dritte Niederlage in Folge. KFC-Torwart Felix Schiffer, der beste Mann auf dem Platz, geht zu ihnen und versucht, die Niederlage zu erklären. Das klappt nur bedingt.

Schiffer ist ein typischer Viertligaspieler. Einer, der sein bisheriges Leben fast komplett dem Fußball geopfert hat. Während die Kumpels feiern gehen, bleibt er zu Hause und denkt an das nächste Spiel. Seit Jahren ist das so. Über die Jugend des VfL Bochum ging es für ihn nach Wattenscheid in die B-Junioren- Bundesliga, dann weiter in die A-Jugend zum Wuppertaler SV und zum MSV Duisburg, wo er ebenfalls in der höchsten Klasse spielte. Der Traum, Profi zu werden, trieb ihn jahrelang an, doch der Sprung in die erste Mannschaft blieb ihm verwehrt. Also versuchte er es vergangene Saison erneut in Wattenscheid, das wie der KFC in der Regionalliga spielt. „Da habe ich aber nur ein Spiel gemacht. Deswegen bin ich vor der Saison nach Uerdingen“, sagt der 20-Jährige, der jeden Tag mit dem Zug von Unna nach Krefeld zum Training fährt.

Was motiviert einen dazu? Das Geld kann es nicht sein. Die Chancen, doch noch Profi zu werden, sind gering. „Es ist einfach Fußball. Das macht Bock. Seit dem Abi mache ich nichts anderes“, sagt Schiffer, der ebenfalls noch bei seinen Eltern wohnt. „Eine eigene Wohnung ist davon nicht zu bezahlen. Manche machen das, aber dann haben sie noch einen kleinen Job dabei.“ Auch er kennt den Unterschied zwischen Wahrnehmung und Realität. Wenn er jemandem erzählt, dass er in der vierten Liga spielt, sind die Augen meist groß. „Manche haben eine falsche Vorstellung davon. Es gibt Klubs in unserer Liga wie Viktoria Köln, wo man bestimmt 5000, 6000 netto im Monat verdienen kann, aber nicht bei uns. Für uns ist das Leben immer ein Tanz auf Messers Schneide“, sagt der Torwart, der das eine Jahr jetzt erst mal so durchziehen will. „Vielleicht fange ich nächstes Jahr an zu studieren. Aber erst mal bleibe ich zu Hause. Da ist der Kühlschrank immer voll, ich brauche mich um nichts kümmern.“

Während Schiffer von Wanne-Eickel aus direkt nach Hause fährt, verabschiedet sich auch Trainer Salar von seinem Team. Er fährt sonntags immer nach Hause und steht in der Landesliga Braunschweig für den TSV Vahdet auf dem Platz. Stressig sei das nicht. „Ich liebe Fußball. Und wenn ich selbst noch etwas spielen kann, mache ich das gern“, sagt der 38-Jährige und verabschiedet sich. Für den Rest geht es in den Bus.

Die Rückfahrt ist noch stiller als die Hinfahrt. Während die Sonne langsam am Horizont verschwindet, läuft im Radio die Bundesliga. Die große Fußball-Welt, zu der sie so gern dazugehören würden. Doch für so gut wie alle wird der Traum ein unerfüllter bleiben.

In Krefeld angekommen, geht alles ganz schnell. Die Spieler tragen die Kisten zurück in den Container von Erwin Günther. Er muss jetzt wieder waschen. Der Rest fährt nach Hause. Am Sonntag haben sie frei. Montag ist wieder Training. „Bis Montag“, sagt Edelfan Manni.

Aufrufe: 017.3.2015, 16:05 Uhr
Bernd SchwickerathAutor