2024-05-10T08:19:16.237Z

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Beim Bayernligateam des TSV Schwabmünchen zählt Adriano Schmidt zu den Stützen der Defensive. Nun ist die V-League, die erste Liga Vietnams, auf den 23-Jährigen aufmerksam geworden. 	F.: Christian Kruppe
Beim Bayernligateam des TSV Schwabmünchen zählt Adriano Schmidt zu den Stützen der Defensive. Nun ist die V-League, die erste Liga Vietnams, auf den 23-Jährigen aufmerksam geworden. F.: Christian Kruppe

Von der Bayernliga nach Fernost

Schwabmünchens Verteidiger Adriano Schmidt war zum Probetraining in Vietnam +++ Doch vorerst bleibt er beim Bayernligisten

Nichts aber auch gar nichts lässt auf die asiatischen Wurzeln von Adriano Schmidt schließen. Asiaten wird nachgesagt, klein zu sein, was vom Verteidiger des TSV Schwabmünchen nicht behauptet werden kann. Mit seinen 1,86 Metern verfügt er über ein Gardemaß. Der Name ist ebenfalls kein Hinweis auf das Heimatland seines Vaters. „Ich habe auch keinen vietnamesischen Zweitnamen“, erklärt der 23-Jährige.

Doch der Umstand eines Vaters aus Fernost hat Adriano Schmidt eine völlig neue Karriereoption ermöglicht: Vietnam. Und dort sogar in der ersten Liga. „Der Fußball ist in Vietnam immer noch im Aufbau. Daher suchen Spielerberater in aller Welt nach Fußballern mit vietnamesischen Wurzeln“, erzählt Schmidt. So ist ein Berater auch auf ihn aufmerksam geworden. Es folgte eine erste Kontaktaufnahme, dann einige Gespräche. „Das hat sich alles gut angehört“, erinnert sich Schmidt.

Mit dem Erstligisten Hai Phong FC hat dann auch ein Team Interesse an dem Bayernligafußballer bekundet. „Deren Manager hat sich bei mir gemeldet“, erzählt Schmidt, der nun die dritte Spielzeit für Schwabmünchen in Angriff nimmt. Die beiden führten viele Gespräche über den Verein, Schmidts Spielanlage oder den Fußball in Vietnam. Schließlich wurde er zum Probetraining eingeladen.
Fast direkt nach Saisonende ging sein Flug nach Fernost. „Hai Phong hat dabei alle Kosten übernommen“, so Schmidt.

Vor Ort wurde er gut aufgenommen. In Vietnam sind die Spieler fast den ganzen Tag zusammen. Alle leben in einem Hotel, die Mahlzeiten werden gemeinsam eingenommen. Nur nach dem Abendessen bis zur Bettruhe haben die Spieler Freizeit. „Das macht aber wenig aus“, stellt Schmidt fest. „So werden die einheimischen Spieler wenig abgelenkt und das ganze Team ist fokussierter“, erklärt er.

Für Schmidt war es die erste Reise nach Asien. „Ich wurde sehr gut aufgenommen, vor allem unser Torhüter hat sich viel um mich gekümmert“, berichtet er. Leicht war es nicht, denn Schmidt spricht kein Wort Vietnamesisch. Sportlich war seine Zeit in Fernost erfolgreich. Schmidt kam während der dortigen Winterpause und nahm an der Vorbereitung zur Rückrunde teil. „Das taktische Niveau der Liga entspricht dem gehobenen Bayernliganiveau. Das Spiel selbst ist aber wesentlich schneller und robuster“, erklärt er. Zweimal täglich wird trainiert im rund 30.000 Zuschauer fassenden Stadion des Klubs. Vormittags war Einzeltraining mit dem Fitness- oder Co-Trainer angesagt, am Nachmittag stand das Team zusammen auf dem Platz. Schmidt lief auch in zwei Testspielen auf. „Die haben wir beide verloren, aber immerhin habe ich ein Tor erzielt“, berichtet er. Das ist ihm in Schwabmünchen bisher nicht gelungen.

Schmidt konnte den Klub überzeugen und bekam ein Vertragsangebot. Doch das nahm er nicht an. „Um den Vertrag zu bekommen, hätte ich die vietnamesische Staatsbürgerschaft annehmen müssen“, erklärt Schmidt. Zu diesem Zeitpunkt war er dazu nicht bereit. Vor allem wegen seiner Familie wollte er diesen Schritt nicht machen. „Wichtig ist erst einmal, dass ich es sportlich geschafft hätte“, stellt er klar.

Doch das in Vietnam Erlebte wirkt bei ihm nach. „Die Einstellung zum Leben dort und auch die Disziplin haben mich beeindruckt. Auch die Werte wie Familie und Freiheit, wie sie gelebt werden, haben mich fasziniert“, blickt er zurück. Daher hat sich in der Zeit nach seiner Rückkehr einiges geändert. „Das Buch ist noch nicht zu. Ich wäre jetzt bereit zu wechseln. Die sportliche Chance reizt einfach enorm“, gesteht er. Doch Adriano Schmidt will nichts überstürzen. Die Passformalitäten sind in die Wege geleitet und er lernt die vietnamesische Sprache. „Mein Vater ist zwar wenig begeistert, er bevorzugt die Sicherheit, die Deutschland bietet“, so Schmidt, „aber irgendwann muss man sein Ding machen“, ergänzt er. Zumal für ihn auch die Chance besteht, Nationalspieler Vietnams zu werden. „Der Fußball hat dort einen hohen Stellenwert. Zu einem der Testspiele waren 6000 Zuschauer gekommen, das war einmalig“, schiebt er den nächsten Grund nach.

Wann er nach Vietnam wechselt, ist noch offen. „Ich möchte das in Ruhe angehen, nichts überstürzen“, erklärt er. Theoretisch ginge es schon in der Winterpause. Wahrscheinlicher ist aber das Ende der kommenden Saison. Vonseiten des TSV Schwabmünchen bekommt er die volle Unterstützung. Teammanager Werner Muth stellt klar: „Wir werden ihm keine Steine in den Weg legen.“ Das freut auch Schmidt. „Von Anfang an hat Schwabmünchen mich hier unterstützt, das ist toll“, lobt er. Nun heißt es für alle Seiten abwarten und hoffen, dass sich der Traum Schmidts erfüllt.

Aufrufe: 013.7.2017, 11:52 Uhr
Schwabmünchner Zeitung / Christian KruppeAutor