2024-05-23T12:47:39.813Z

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Adriano Schmidt
Adriano Schmidt – Foto: Foto: Instagram

Von der Bayernliga zum Profi und Nationalspieler in Vietnam: Augsburger lebt Fußball-Märchen

Spiele vor bis zu 30.000 Zuschauern

Adriano Schmidt hat das geschafft, wovon viele Amateur-Fußballer träumen. Vor vier Jahren kickte er noch in der Bayernliga, nun ist er Profi in Vietnam. Und spielt vor bis zu 30 000 Zuschauern.

Das Fußballmärchen begann mit einer dubiosen Nachricht. 2018 nutzte Adriano Schmidt Facebook nur noch selten, schaute ab und zu in seine Nachrichten. Bis auf einmal die Anfrage eines Vietnamesen aufploppte. Der Inhalt: Du hast bei interessanten Vereinen in der Karriere gespielt, hast du dich schon mal mit dem vietnamesischen Fußball beschäftigt?

Zu dem Zeitpunkt spielte Adriano Schmidt – der Vater ist Vietnamese, die Mutter Deutsche – beim TSV Schwabmünchen. In der Bayernliga. „Es schien erst unseriös, als er gefragt hat, ob er Bilder von mir bekommen kann. Bilder von meinem Körper“, erzählt Schmidt schmunzelnd im Gespräch mit unserer Zeitung. Der vietnamesische Scout wollte Schmidts Statur im Fußballtrikot sehen, um den bayerischen Amateurkicker an Profivereine in Vietnam zu vermitteln. Mit Erfolg.

„Ich mache das ja auch für meine Familie.“

Adriano Schmidt

Schmidt flog im Sommer 2018 nach Vietnam. Sechs Wochen Probetraining beim Hai Phong FC. „Eine komplett neue Kultur, das Essen, das Wetter, die Luftfeuchtigkeit“, erzählt Schmidt, „die ersten Wochen waren schwer.“ Der heute 27-Jährige konnte sich nicht sofort vorstellen, in Vietnam zu bleiben. Erst nach vier Wochen habe er sich wohler gefühlt, nach sechs Wochen stand dann fest: Das ziehe ich jetzt durch.

Ein Leben tausende Kilometer entfernt von Freunden und der Familie? Das sei ihm gar nicht so schwer gefallen. Mit 16 Jahren wechselte Schmidt vom FC Augsburg zum FC Ingolstadt, ließ seine Familie das erste Mal hinter sich. „Natürlich ist es etwas anderes, ob du die Stadt wechselst oder den Kontinent“, sagt Schmidt: „Aber ich wollte mir nie vorwerfen, dass ich nicht alles gegeben habe für meinen Traum, dass ich nicht alles versucht habe. Ich mache das ja auch für meine Familie.“

Die Umstellung auf den Profifußball in Vietnam fiel ihm nicht schwer. Vor vier Jahren setzten die Vereine überwiegend auf lange Bälle, das Niveau ähnelte der deutschen Regionalliga. Die Spielweise kam dem 1,85 m großen Innenverteidiger Schmidt entgegen.

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Nach starken Leistungen in der Liga wechselte Schmidt im November 2021 zum Binh Dinh FC, dem PSG Vietnams, wie er sagt. Und vor Kurzem hat sich auch der nächste Traum erfüllt. Zumindest teilweise. Schmidt wurde in der WM-Quali für Vietnams Spiele gegen Oman und Japan nominiert. Über die letzten Jahre hatte der Innenverteidiger immer wieder die Signale erhalten, dass es zu einer Nominierung kommen kann. Gerechnet hatte Schmidt aber jüngst nicht damit, dass er es in die Kader-Liste schafft.

Adriano Schmidt verdient einen sechsstelligen Dollarbetrag im Jahr

Vor vier Jahren kickte Schmidt in der Bayernliga gegen Holzkirchen, Hankofen-Hailing und Co. Nun läuft er in Vietnam regelmäßig vor 10 000 Zuschauern auf, auch 30 000 Fans waren schon mal da. „Die Vietnamesen haben einen starken Nationalstolz. Wenn sie etwas finden, auf das sie stolz sein können, gibt es auch die volle Unterstützung. Die Nationalmannschaft blüht in den letzten Jahren auf, feiert immer mehr Siege“, sagt Schmidt. Das 1:1 gegen WM-Teilnehmer Japan war der nächste Achtungserfolg. „Man hat das Gefühl bekommen, dass man ein Star ist. Dass es viele Fans gibt, die einen verfolgen. Mit der Nationalmannschaft erreicht das noch mal ein anderes Level“, sagt Schmidt.

Daheim in Augsburg verfolgt Familie Schmidt die Karriere des Sprösslings ganz genau. Täglich telefoniert Adriano mit seinen Eltern. Nach der ersten Reise mit der Nationalmannschaft liefen die Drähte nach Deutschland noch mal heißer: „Jetzt kriege ich viele Videoanrufe: Hier musst du mal Hallo sagen, hier mal vorbeischauen. Der Stolz ist bei meinem Vater definitiv zu spüren.“

In Vietnam verdient Schmidt einen sechsstelligen Dollarbetrag pro Jahr. Zum Leben braucht er pro Monat nur zwischen 500 bis 1000 Dollar. Zudem hat Schmidt in Vietnam mit Freunden eine Cocktailbar eröffnet.

Der Fußball ruht nun erst mal, die Saison ist bis Juli unterbrochen. Die Südostasienspiele stehen an, dann wieder Länderspiele. Schmidt nutzt die Zeit, um die Familie in Augsburg zu besuchen. Und sich mit alten Freunden aus Bayernliga-Zeiten auszutauschen. Worauf er sich sonst am meisten freut? Schmidt muss nicht lange überlegen: „Einen Döner!“

Von Nico-Marius Schmitz

Aufrufe: 021.4.2022, 11:57 Uhr
Nico-Marius SchmitzAutor