2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Endlich geschafft: Nach dem 0:0 gegen Anadoulu brechen in Grünwald emotional alle Dämme – die Rückkehr in die Landesliga steht fest. FOTO: ROBERT BROUCZEK
Endlich geschafft: Nach dem 0:0 gegen Anadoulu brechen in Grünwald emotional alle Dämme – die Rückkehr in die Landesliga steht fest. FOTO: ROBERT BROUCZEK

Grünwald-Boss: „Es fließt kein Geld aus goldenen Hähnen“

Paul Seidl, Fußball-Boss von Landesliga-Aufsteiger TSV Grünwald, über Kaderplanung und finanzielle Ressourcen

Grünwald – Mit einem 0:0 gegen den FC Anadolu Bayern hat der TSV Grünwald im vorletzten Saisonspiel den lang ersehnten Landesliga-Aufstieg klargemacht (wir berichteten). Während die Spieler nach der ausgiebigen Feier im Vereinsheim fünf grade sein lassen können, geht für Paul Seidl die Arbeit jetzt richtig los. Denn Verstärkungen für den Kader seien unbedingt nötig, wie der Fußball-Boss der Grün-Weißen im Gespräch mit unserer Zeitung betont.

Gratulation zum Aufstieg, Herr Seidl. Vermutlich haben Sie im letzten Spiel noch einmal arg gezittert.

Das war schon eine Zerreißprobe. Anadolu ist offensivstark und irgendeine Situation ist immer möglich. Die Nervosität war ausgesprochen groß. Man hat von außen gemerkt: Die Spieler zittern wie Espenlaub. Aber das ist auch menschlich verständlich.

War das auch der Grund, warum es trotz des zwischenzeitlich großen Vorsprungs am Ende nur mehr in kleinen Schritten vorwärts ging?

Das hat man in den vergangenen Wochen schon gemerkt. Das war zum Teil unverständlich, weil wir ja ganz weit vorne lagen. Aber auf der anderen Seite haben wir seit ein paar Jahren einen gewissen Stamm und einige sind diesem Erfolg eben schon lange hinterhergelaufen.

War der Aufstieg zu Saisonbeginn eigentlich eine Vorgabe?

Nein. Wir haben zwar gewusst, wir haben eine gute Mannschaft. Aber es war, auch wenn immer ein Kern zusammengeblieben ist, in den letzten Jahren doch auch viel Fluktuation im Kader. Es war zwar klar, dass die Neuzugänge gute Jungs sind, aber, dass es dann für ganz vorne reicht, ist nicht planbar. Das hat man ja auch in der vergangenen Saison gesehen, als uns kurzfristig Luka Coporda und Ivan Bakovic wegen ihres Semesters in Amerika lange gefehlt haben.

Ab wann haben Sie denn daran geglaubt, dass es tatsächlich klappen könnte?

Als wir im Spätherbst die Phase mit ein paar schmutzigen 1:0-Siegen hatten und mit acht Punkten Vorsprung in die Winterpause gegangen sind. Und das, obwohl wir wegen der Verletzungen von Albert Rudnik und Ivan Bakovic ohne Sturm gespielt haben. Es heißt ja immer: Wenn man so etwas so durchsteht, kann man Meister werden.

Wo sehen Sie den Unterschied zu den früheren vergeblichen Anläufen, vor allem unter Pero Vidak, der trotz herausragender Punktesummen mit dem Team von 2012 bis 2014 dreimal als Tabellenzweiter den Aufstieg knapp verpasst hat?

Zu Peros Zeiten haben wir dominanter und wahrscheinlich auch attraktiver gespielt. Aber diesmal gab es zwei entscheidende Punkte: Wir haben den Kader in der Breite verstärkt, weil er in den vergangenen Jahren zu klein war. Und wir haben versucht, den Zusammenhalt zu fördern, denn in der Nachbetrachtung muss ich sagen: In den Jahren davor standen wir uns durch gewisse Egoismen oft selbst im Weg.

Welche Rolle spielt Andreas Kochs bei der Förderung des Teamgeists?

Mit ihm haben wir einen Trainer gefunden, der es verstanden hat, allen Spielern das Gefühl zu vermitteln, dass sie dazugehören. Wir haben sehr viele Leute eingesetzt, und alle, die reingekommen sind, haben funktioniert. Aber es lag auch an den Spielern. Mit den Planegger Jungs (Dieckmann, Schöglmann, Böhm, Hochholzner kamen vor dieser Saison vom SV Planegg-Krailing; d. Red.) war ich schon vor zwei Jahren intensiv in Kontakt, weil diese Mannschaft vor allem über den Teamgeist Erfolg hatte. Sie sind damals aber noch dort geblieben, weil sie nach dem Landesliga-Aufstieg die bessere Perspektive hatten. Man hat ja dann auch gesehen, wie sehr uns Moritz Hochholzner abgegangen ist, als er nach der Winterpause weg war.

Hochholzner hat seine Freundin zu einem Auslandssemester in Australien begleitet, kommt jetzt aber wieder und verstärkt die Mannschaft. Wie sieht es sonst mit den Planungen aus?

Man muss nur die Tabelle anschauen, da gibt es klare Erkenntnisse: Es haben relativ wenig Punkte gereicht. Wir haben von unserer Abwehrstärke profitiert, haben ganz wenige Tore aus dem Spiel heraus zugelassen. Aber in der Spielentwicklung und in der Offensive müssen wir etwas tun. Wir haben auch schon zwei Zusagen von Spielern, die ich aber noch nicht nennen will. Und es sollen noch weitere kommen.

Der Ex-Grünwalder Robert Rudnik, der in dieser Saison für Ihren großen Rivalen TSV Neuried gespielt hat, meinte kürzlich in einem Interview, der Aufsteiger braucht fünf, sechs Neuzugänge. Wird es tatsächlich so schwer?

Seit ich das hier mache, ist das unser dritter Aufstieg in die Landesliga nach 1999 mit Walter Werner und 2006 mit Siggi Niggl. Zweimal sind wir postwendend wieder abgestiegen. Und man sieht auch an den Aufsteigern der vergangenen Jahre, wie schwer sie sich im ersten Jahr tun, dass viele sofort wieder runtergehen.

Bleibt der aktuelle Kader zusammen?

Mit ein paar Spielern führen wir noch finale Gespräche, aber grundsätzlich wird der Stamm zusammenbleiben.

Wie sieht es mit Andreas Koch und seinem Co-Trainer Serdar Cancar aus?

Die beiden bleiben, das haben wir schon im März geklärt.

Das Ziel für die Landesliga kann vermutlich nur der Klassenerhalt sein.

Natürlich. In dieser Liga spricht man ja auch schon über Geld. Es gibt allein sieben, acht weite Fahrten, die etwas kosten. Da reden wir noch gar nicht vom Kader. Viele meinen, in Grünwald fließt das Geld aus goldenen Hähnen direkt in den Verein, aber das ist nicht so. Man braucht schon eine gute Abwägung, darf keine verrückten Sachen machen.

Das Gepräch führte Umberto Savignano.

Aufrufe: 016.5.2017, 08:54 Uhr
Münchner Merkur (Süd): Umberto SavignanoAutor