Tag der offenen Tür

Die letzten Spielminuten verfolgte Marco Bäumer regungslos von der Seitenlinie aus, die Arme vor seiner Brust verschränkt. Der Trainer des Fußball-Regionalligisten FC Hennef 05 hatte sich die Kapuze seines roten Pullovers tief ins Gesicht gezogen, um sich vor dem Regen zu schützen, der erbarmungslos auf den Rasenplatz an der Fritz-Jacobi-Straße niederprasselte. Vielleicht wollte der Coach aber auch einfach nicht mehr hinsehen, wie sich seine Elf vom Rivalen aus Mönchengladbach vorführen ließ. Erst auf der Pressekonferenz entlud sich der Frust des 42-Jährigen: „In den letzten 15 Minuten haben wir uns schlichtweg wie ein Absteiger präsentiert und überhaupt keine Gegenwehr mehr gezeigt. Was einige Spieler am Ende fabriziert haben, war beschämend.”

In der Tat waren die 05er nach dem Gegentreffer zum 1:3 auseinandergefallen, sodass die Bundesliga-Reserve vom Niederrhein keine Mühe hatte, das Ergebnis bis auf 6:1 in die Höhe zu schrauben. Auch die tröstenden Worte des Borussia-Trainers Sven Demandt („Ich bin mir sicher, dass am Ende nicht vier Mannschaften absteigen werden — es ist also noch alles drin für Hennef”) konnten Bäumer nicht besänftigen: „Die Schlussviertelstunde von uns hatte mit Regionalliga-Fußball nichts zu tun.”

Die 05er hatten auf die grippeerkrankten Denis Wegner und Martin Notz sowie Nikolas Klosterhalfen (Studienfahrt) und Florian Schöller (Sperre) verzichten müssen. Doch auch ohne das Offensiv-Quartett begann das Schlusslicht mutig und versuchte, den Gegner früh in dessen eigener Hälfte unter Druck zu setzen. Die erste Chance verbuchten jedoch die Fohlen: Giuseppe Pisano setzte sich im Laufduell mit Marcel Radschuweit durch, doch sein Schuss strich Zentimeter am Tor vorbei (5.). Im Gegenzug fasste sich Rachid Bouallal aus 20 Metern ein Herz, doch auch er verfehlte das Gehäuse knapp. In der 19. Minute wusste sich Radschuweit dann im eigenen Strafraum nur mit einem Foul gegen Pisano zu helfen. Den Strafstoß von Nico Brandenburger parierte FC-Keeper René Monjeamb zwar, doch im Nachschuss erzielte der Elfmeterschütze die Führung. Anschließend drückte die Borussia auf das 2:0, ehe Nils Remagen mit einem satten Linksschuss wie aus heiterem Himmel zum Ausgleich traf (40.).

Nach dem Wechsel sollten die Mönchengladbacher jedoch demonstrieren, warum Bäumer sie zu den Titelfavoriten zählt: In der 56. Minute stellte Pisano seine Vollstreckerqualitäten unter Beweis und erzielte per Beinschuss das 2:1. Elf Minuten später war der bullige Angreifer nach feiner Vorarbeit des eingewechselten Bilal Sezer erneut zur Stelle und ließ die Anfeuerungsrufe der Hennefer Anhänger zum ersten Mal verstummen. Kurz darauf brannten dem bis dato besten Hennefer, Sertan Yegenoglu, die Sicherungen durch: Erst ging der Linksverteidiger Borussia-Keeper Martin Kompalla unsanft an, dann geriet er mit Christopher Lenz aneinander. Yegenoglu stieß den Mönchengladbacher zu Boden, ehe sich der Gästeakteur seinerseits mit einem Schubser revanchierte. Die Folge: Beide Spieler sahen Rot.

Was dann folgte, war eine Lehrstunde für den FCH: Sezer (79.), Matthias Zimmermann (87.) und der alles überragende Pisano (90.) sorgten für einen Kantersieg der Gäste und verdarben Bäumer damit sein Jubiläum. Es war das 125. Spiel für ihn als Trainer der Hennefer Erstvertretung — ein Spiel, das er wohl gerne aus seinem Gedächtnis streichen würde.