2024-05-02T16:12:49.858Z

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Lothar Schiersch, Vorsitzender des SSV Güster (Mitte) betonte, dass Rassismus auch in Güster keinen Platz im Verein habe. Foto: Hermann
Lothar Schiersch, Vorsitzender des SSV Güster (Mitte) betonte, dass Rassismus auch in Güster keinen Platz im Verein habe. Foto: Hermann

SSV Güster zu 500 Euro Geldstrafe verurteilt

Verbandsliga-Partie gegen VfB Lübeck II wird mit 0:2 Toren und null Punkten für beide Vereine gewertet / Horst Fischer: "Solche rassistischen, fremdenfeindlichen und an Grausamkeit nicht zu überbietenden Äußerungen gehören sich nicht!"

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Am Mittwoch, den 3. Dezember 2015, wurde im Kieler Haus der Sports der Abbruch des Verbandsligaspiels des SSV Güster gegen die Zweitvertretung des VfB Lübeck vom 27. September 2015 verhandelt. Zum Ende der emotional aufgeladenen Partie wurde zunächst Lübecks Rezan Almosa von einer Gruppe von Anhängern des SSV um Trainersohn Felix Brügmann (Altona 93) rassistisch beleidigt. Die Situation eskalierte im Anschluss als der bereits ausgewechselte Lübecker Homan Said Brügmann niedergestreckte. Schiedsrichter Dennis Schröder vom TSV Weddelbrook brach die Partie aufgrund der Tumulte daraufhin ab. Bereits im Vorfeld der Verhandlung in Kiel gegen den SSV Güster waren Almosa, Said und Brügmann von den zuständigen Sportgerichten für ihr Verhalten sanktioniert worden.

Der Sitzungsraum 206 im Haus des Sports in Kiel war gut gefüllt, als der Vorsitzende Horst Fischer die Anwesenheit überprüfte. Neben dem ersten Vorsitzenden des SSV Güster, Lothar Schiersch, kamen u.a. auch die betreffenen VfB-Spieler, sowie der Vorsitzende des Kreissportverbandes Lauenburg, Tobias Willers, der dem Spiel als Zuschauer beiwohnte, in den Winterbeker Weg.

Fischer wiederholte zunächst die Ausführungen von Schiedsrichter Schröder und sprach damit Güsters Vorsitzenden Schiersch an. Ihm wurde besonders vorgeworfen, die zwei zuständigen Ordner nicht zum Eingreifen gebracht zu haben. Schiersch begründete dieses Unterlassen mit dem Selbstschutz der Ordner.

Schiersch erläuterte seine eigene Sicht der Dinge auf Basis von Aussagen der anwesenden Zuschauer. Die im Bericht dargestellten rassistischen Äußerungen, welche nicht von Felix Brügmann getätigt wurden, wies Schiersch zurück. Die Zuschauer und die Spieler des VfB Lübeck hätten auch keine solchen Aussprüche vernommen. Des Weiteren machte Schiersch deutlich, die Zeit zwischen den betreffenen Ereignissen und dem Spielabbruch schien schlicht zu kurz für einen Eingriff. Besonders betonte der Vorsitzende noch einmal die deutliche Ablehnung von Gewalt und Rassismus bei seinem Heimatverein.

Anschließend sprach Güsters Trainer, Uwe Brügmann. Er bestätigte noch einmal die Betitelung des Lübecker Spielers Almosa durch seinen Sohn als „Kanake“. Die Position der Ordner zum Zeitpunkt des Vorfalls wollte Brügmann nicht genau beurteilen, sein Platz sei schließlich in der Coaching-Zone. Der Vorfall habe sich ca. 12 Meter von der Brügmanns Standort ereignet. Brügmann regte nach dem Abbruch und Erfassung der Geschehnisse selbst an, die Polizei zu verständigen. Er selbst habe sich gefragt: „Warum ist es nur so weit gekommen?“

Henning Hausschild, Kapitän des SSV Güster, beschrieb seine Wahrnehmung von der Mitte des Spielfeldes. Er habe lediglich zweimal das Wort „Kanake“ vom Zuschauer Brügmann vernommen, andere Beschimpfungen seien ihm nicht zu Ohren gekommen. Auch den Vorwurf, VfB-Spieler hätten Zuschauer als „Nazis“ beschimpft, konnte Hausschild nicht bestätigen. Er selber habe aufgrund der Entfernung sowie der eigenen Überraschung nicht eingegriffen, das hätten zwei bis drei näher postierte Spieler getan. Wolfgang Göbel, Beisitzer des Sportgebrichts, konfrontierte Hausschild mit seiner Verantwortung als Mannschaftsführer. Dieser wäre seiner Verantwortung auch nachgekommen, er sei aber zu schockiert gewesen.

Tobias Willers, hauptberuflich Geschäftsführer des Kreissportverbandes Herzogtum Lauenburg, war als Privatmann anwesend, allerdings auf der gegenüberliegenden Seite des Vorfalls. Er erläuterte eine Situation kurz vor dem Konflikt. Ein Lübecker Spieler habe auf einen Freistoßpfiff gewartet und nach dem Weiterlaufen des Spieles seinen Gegenspieler gewürgt und niedergerungen. Die SSV-Fans hätten anschließend den Schiedsrichter erregt auf diesen Vorfall aufmerksam gemacht, der Lübecker Spieler habe die Zuschauer daraufhin als „Ihr scheiß Nazis“ beschimpft.

Serkan Rinal, Trainer des VfB Lübeck II, erklärte, er habe nur die Äußerung von Felix Brügmann gehört. Dieser habe entgegen der vorherigen Aussagen von Güsteraner Seite, mehrmals die Worte „Scheiß Kanake!“ und „Geh' in dein Land zurück“ benutzt. Güsters Mannschaftskapitän habe sich nach dem Spiel bei ihm entschuldigt. Er bemängelte aber vor allem die Teilnahmslosigkeit von Güsters Trainer und Zuschauern im Anschluss an die Äußerungen von Felix Brügmann. Seine Spieler hätten diverse, beleidigende Äußerungen über sich ergehen lassen müssen, erst dann wäre es zum Tumult gekommen. „Ordner waren übrhaupt nicht vorhanden!“, richtete Rinal einen weiteren Vorwurf in Richung SSV Güster.

Rezan Almosa, Spieler des VfB Lübeck, bezog sich in seiner Aussage auf die Aussprüche der Zuschauer des SSV Güster. Diese hätten ihn nach der von Tobias Willers geschilderten Szene mit „Geh wieder ins Mittelmeer“ beschimpft. Almosa hätte daraufhin „Was seid ihr für Nazis?“ zu diesen Zuschauern gesagt.

Als letztes kam der Schiedsrichter des Spiels, Dennis Schröder, zu Wort. Er bemerkte die kritischen Äußerungen und Beschimpfungen im Anschluss an den Zweikampf, welchen Willers beschrieb. Rassistische Äußerungen seien nicht dabei gewesen. Kurz vor Schluss habe dann ein Zuschauer den Spieler des VfB beim Holen eines Ausballs als „Dreckskanake“ beschimpft. Im Anschluss an die Beschwerde des Lübecker Spielers beim Schiedsrichter fielen weitere Beschimpfungen wie „Geh' ins Mitelmeer zurück oder da wo du her kommst“.

Sämtliche Maßnahmen zur Beruhigung der anschließenden Auseinandersetzung fruchteten nicht, worauf der Spielabbruch erfolgte. „Ich breche das Spiel ab, Gewalt und Rassismus haben auf einem Sportplatz nichts zu suchen!“, so die Aussage an die beteiligten Parteien. Die Sicherheit sei für sein Gespann ebenfalls nicht mehr gewährleistet gewesen. Im Durcheinander habe ein Schlag eines VfB-Auswechselspielers seinen Assistenten knapp verfehlt. Die rassistischen Äußerungen seien ein zweiter Grund für den Abbruch gewesen.

Norbert Richter, Schiedsrichter-Lehrwart des SHFV, bestätigte die Richtigkeit der Entscheidung des Schiedsrichters. Beide Tatbestandsmerkmale, Rassismus und Gewalt, bedingten einen Spielabbruch. Nachfolgend zog sich das Gericht zur Beratung zurück und verkündete eine halbe Stunde später das Urteil:

Der SSV Güster wird wegen unsportlichem Verhalten von ihm zurechenbaren Zuschauern und aufgrund von nicht ausreichender Stellung eines Ordnungsdienstes zu einer Geldstrafe von 500 verurteilt. Das Spiel wird als durchgeführt betrachtet und wird mit 0 Punkten sowie 0:2 Toren für beide Teams gewertet. Die Kosten des Verfahrend trägt der SSV Güster.

Das Gericht war „felsenfest überzeugt“ von der Darstellung des ausführlichen Sonderbericht von Schiedsrichter Schröder. Der Vorsitzende Horst Fischer bemängelte die späte Einsicht des SSV Güster und das nichterfolgte Nachverhalten in Form von Durchsagen, Flyern oder ähnlichem.

„Rassistische, fremdenfeindliche und an Grausamkeit nicht zu überbietende Äußerungen gehören sich in dieser Zeit nicht, denn sie bedeuten nichts anderes, als einem Menschen den Tod zu wünschen.“ Fischer mahnte auch noch einmal den fehlenden Ordnungsdienst an. Kritik am Schiedsrichter sei unangebracht, er habe vollkommen richtig gehandelt.

Der SSV Güster hat die Möglichkeit binnen einer Woche nach Zustellung des Urteils Berufung einzulegen. Hierzu meinte der Vorsitzende Lothar Schiersch: “Wir halten uns diese Möglichkeit natürlich offen, zunächst einmal werde ich mit den Verantowrtlichen meines Vereins beraten.“

Aufrufe: 03.12.2015, 21:00 Uhr
FuPa, HermannAutor