2024-05-10T08:19:16.237Z

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Tim Wiese hat es als Torwart bis in die Nationalmannschaft geschafft. Inzwischen hat er sich zwar dem Bodybuilding verschrieben, will aber am kommenden Wochenende noch einmal ins Fußballtor zurückkehren – in der Kreisliga. 	F.: Karl Aumiller
Tim Wiese hat es als Torwart bis in die Nationalmannschaft geschafft. Inzwischen hat er sich zwar dem Bodybuilding verschrieben, will aber am kommenden Wochenende noch einmal ins Fußballtor zurückkehren – in der Kreisliga. F.: Karl Aumiller

Der Wiese-Wahnsinn hat begonnen

Der Ex-Nationalkeeper läuft am Samstag für Dillingen in der Kreisliga auf +++ Der kleine Verein befindet sich im Ausnahmezustand: Sogar englische Medien haben sich angekündigt

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Wenn zu einem Fußball-Kreisliga-Spiel mehr als 100 Zuschauer kommen, sprechen Beobachter schon gerne mal von einer beachtlichen Kulisse. Schlangen am Bratwurststand gibt es aber dennoch nur in den seltensten Fällen. Wenn am Samstagabend (17.30 Uhr) die SSV Dillingen gegen den TSV Haunsheim antritt, sieht das etwas anders aus.

Schätzungen zufolge werden in etwa 2000 Zuschauer vor Ort sein. In der Kreisliga. Das Zuschauerinteresse ist aber mitnichten auf den Abstiegskampf der Gastgeber oder das mögliche Eingreifen der Haunsheimer in das Aufstiegsrennen zurückzuführen, sondern liegt am Schlussmann der Dillinger. Das Tor wird der ehemalige Nationalkeeper Tim Wiese hüten.

Es ist ein Freundschaftsdienst des 35-Jährigen an den Dillinger Präsidenten Christoph Nowak. Der lernte den ehemaligen Nationalspieler im Rahmen seiner Arbeit als Repräsentant einer Sportartikelfirma kennen. Nowak hat mit der Verpflichtung von Wiese – auch wenn es nur für ein Spiel ist – einen echten PR-Coup gelandet. Zahlreiche Fernsehsender werden über das Spiel berichten, der Bayerische Fußball-Verband bietet einen Live-Stream der Partie an und sogar ein englisches Kamerateam hat sich angekündigt, um über den Einsatz des Ex-Nationaltorwarts in der Fußball-Provinz zu berichten.

Der Wiese-Wahnsinn hat bereits am Mittwoch begonnen: Der Ex-Kicker, der sich nach seiner Karriere dem Bodybuilding zugewandt hat und mittlerweile ein Gewicht von 120 Kilogramm auf die Waage bringt, gab eine Autogramm- und Selfie-Stunde in einer Apotheke. In zwei Trainingseinheiten will Wiese seine Mitspieler kennenlernen. Dazwischen stehen eine Presse-Konferenz in Augsburg, ein Training mit der Dillinger Jugend und einer Behindertenmannschaft auf dem Plan. Nach dem Spiel am Samstagabend wollen beide Mannschaften in einer Augsburger Diskothek den Abschluss feiern, bevor es am Dienstag für Wiese wieder zurück nach Bremen geht.

An manchen Stellen ist aber selbst Wiese, der sonst nicht im Verdacht steht, ein zurückhaltendes Wesen zu haben, der Trubel offenbar zu viel geworden. Einen Vorschlag des Bayerischen Fußball-Verbandes, vor dem Spiel gegen Haunsheim mit Wiese einen Liegestütze-Wettbewerb zu veranstalten, lehnte er ebenso wie Interviewanfragen vor dem Spiel ab.

Gut möglich, dass diese Fragen nicht nur erfreulich für Tim Wiese gewesen wären. Denn seine zweite sportliche Karriere als Wrestler begann zwar furios, geriet zuletzt aber ins Stocken. Nachdem er im November in München sein Debüt in der Wrestling-Serie WWE gegeben hatte, gab es bis jetzt keine weiteren Kämpfe von Wiese, der sich für das Wrestling den Kampfnamen „The Machine“ zugelegt hatte. Für die Deutschland-Tour des US-Verbandes buchte ihn das Management nicht. Die offizielle Begründung: Wiese passe nicht in den Handlungsstrang des Sports. Ob und wie es für „The Machine“ weitergeht, ist völlig offen.

Auch deswegen hat Wiese nun Zeit, ein Kurzzeit-Comeback im Fußball zu geben. Dass nun statt Bundesliga der meist triste Alltag in der achten Liga ansteht, stört Wiese nicht, wie er im Vorfeld betonte: „Es wird mir garantiert Spaß machen, wieder mal im Tor zu stehen. Okay, ich habe einige Kilo mehr auf den Rippen als früher, aber das macht mir nichts aus. Ich bin immer noch so schnell wie eine Katze.“
Beim TSV Haunsheim ist die Schmerzgrenze des Wiese-Wahnsinns offenbar schon erreicht. Wie Spielertrainer René Günzel sagte, ist es im Vorfeld des Spiels verboten, in der Kabine über Dillingen oder Wiese zu sprechen. Wer dagegen verstößt, muss zwei Euro in die Mannschaftskasse zahlen.

Aufrufe: 030.3.2017, 14:03 Uhr
Augsburger Allgemeine / Florian EiseleAutor