2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Immer positiv geblieben: Hachings Trainer Claus Schromm ließ sich auch von Rückschlägen nicht beirren. FOTOS: HÜBNER
Immer positiv geblieben: Hachings Trainer Claus Schromm ließ sich auch von Rückschlägen nicht beirren. FOTOS: HÜBNER

Schromm: „Das Krisengerede ehrt uns doch“

Der Coach der SpVgg Unterhaching im Interview

5:0 gegen Buchbach – die SpVgg Unterhaching ist wieder in der Spur, die Konzentration gilt nun den Aufstiegsspielen. Trotz der zuvor recht mageren Ergebnisse ist Trainer Schromm nie nervös geworden. Über Gründe, Aussichten, Druck und mögliches Scheitern spricht er im folgenden Interview.

Claus Schromm, Sie wirkten immer entspannt, obwohl Sie mit Ihrer Mannschaft seit der Winterpause in einer recht schwierigen Situation steckten.

Schwierig? Nein. Zumindest die Punktspiele waren von Inhalt und Chancenverhältnis durchaus ähnlich denen im letzten Jahr, nur die Ergebnisse passten nicht ganz.

Man hatte den Eindruck, die Leichtigkeit, mit der die Mannschaft durch die Liga marschierte, ist seit Wiederbeginn verloren gegangen.

Diese Leichtigkeit kam auch daher, weil wir die Tore gemacht haben. Neulich gegen Seligenporten hatten wir in den ersten zwei Minuten schon zwei Hochkaräter, wären wir da in Führung gegangen, wäre es auch ein anderes Spiel geworden. Wir spielen ja nicht viel schlechter, stecken aber momentan in einer Phase, in der auch viel gegen uns läuft, wie in Schweinfurt, wo wir einen Mann mehr sind, einen Elfmeter vergeben und dann noch ein dummes Tor kassieren. An unserer Stabilität arbeiten wir gerade, entwickeln einen Plan B, eine Strategie für den Fall, wenn es mal nicht so läuft.

War der Vorsprung, teilweise mehr als 20 Punkte, für die Köpfe der Spieler einfach zu groß?

Wir haben damit die Latte sehr hoch gelegt, für uns selbst, aber auch für die Zuschauer, die nun viel kritischer auf uns schauen. Das arbeitet natürlich im Kopf der Spieler, das merkt man. Gegen Seligenporten lagen wir zur Pause 0:1 hinten, würden wir diese Halbzeit zehnmal spielen, wäre uns das vielleicht einmal passiert. Wir müssen jetzt einfach ruhig bleiben, an uns glauben. Wir haben ja noch immer meist ein Chancenverhältnis von 8:2, würden wir uns keine Möglichkeiten mehr herausspielen, müsste man sich ernste Gedanken machen.

Man kassiert aber auch dumme Tore. . .

. . . weil wir sie dem Gegner ermöglichen, die sind ja meistens nicht herausgespielt.

Ist man zu locker in die Restsaison gegangen, bei dem großen Vorsprung?

Im Training spürte ich davon überhaupt nichts, da schauen wir auch genau drauf, das Trainerteam und auch der Präsident. Die Spieler machen sich selbst einen brutalen Kopf, dass die Ergebnisse nicht mehr so stimmen, geht ihnen sehr zu Herzen, sie identifizieren sich total mit dem Verein und den Zielen.

Inwieweit hat die Verletztenmisere zum Ende der Erfolgswelle beigetragen?

Sehr viel. Klar fehlt ein Maxi Bauer brutal, auch ein Jimi Müller, ein Winkler, jetzt ein Steinherr.

Werden alle fit bis zu den Aufstiegsspielen?

Mit Sicherheit fehlen wird Luca Marseiler, hinter Steinherr steht ein Fragezeichen.

Die Verletzungen haben Sie zu Umstellungen gezwungen, aber auch freiwillig haben Sie immer wieder Änderungen vorgenommen.

Ja, das war anfangs ganz bewusst. Wir wollten im Hinblick auf die Aufstiegsspiele einfach auch denen Spielzeiten geben, die vorher ein bisschen hintendran standen. Die Jungs sind aber auch so ehrlich zu sich selbst, dass sie genau einschätzen können, was die beste Startelf ist.

Für die beiden Aufstiegsspiele am 28. und 31. Mai wurde Ihnen eine Mannschaft aus der Regionalliga Südwest zugelost, wahrscheinlich wird es Mannheim oder Elversberg. Hätten Sie sich einen anderen Gegner gewünscht?

Am liebsten wäre mir eine U23 gewesen, da ist aber nach derzeitigem Stand ohnehin keine dabei. Und dann hätten wir lieber das zweite Spiel zu Hause gehabt, da fällt die Entscheidung.

Ist es ein Vorteil, dass Sie mit Hain und Stahl Spieler dabeihaben, die schon mit 1860 Erfahrung in einer knallharten Relegation gesammelt haben?

Natürlich schadet das nicht. Aber Erfahrung haben Mannheim oder Elversberg ja auch. Deshalb wäre mir eine U23 lieber gewesen.

Der Aufstiegsmodus ist umstritten, hadern Sie damit?

Sicher ist er nicht gerade glücklich, der einzige Weg, das zu ändern, wäre wohl eine zweigeteilte 3. Liga. Aber da müssen wir jetzt einfach durch, es hilft ja nichts, zu jammern. Das ändert im Moment nichts, wir müssen uns der Herausforderung stellen und sie klaglos annehmen.

Die Vergangenheit hat gezeigt, wie sehr in diesen Spielen Glück und Zufall eine Rolle spielen. Den Bayern fehlten vor drei Jahren gerade mal Sekunden zum Aufstieg, Würzburg kam vor zwei Jahren erst nach Elfmeterschießen rauf. Beschäftigen Sie sich auch mit dem Scheitern?

Klar kann uns das passieren. Dann müssen wir uns ein Beispiel an den Vereinen nehmen, die diese Erfahrung schon machen mussten und es im zweiten Anlauf geschafft haben. Natürlich ist es zunächst eine ganz bittere Pille, man muss dann aber ruhig bleiben, weitermachen und richtig mit der Situation umgehen.

Wäre ein zweiter Anlauf mit diesem Kader und mit diesem Trainer möglich?

Die Jungs haben alle langfristige Verträge und sich klar für unseren Weg entschieden. Was aber nach einem bitteren Aus in der Relegation passieren würde, kann keiner genau sagen. Positiv stimmt mich, dass wir einen Kader mit großartigen Charakteren haben, darauf kann man bauen.

Und der Trainer würde weiter Schromm heißen?

Davon gehe ich mal aus. Unser Konzept ist sehr langfristig angelegt.

Der Druck vor den Aufstiegsspielen ist natürlich gewaltig. Wie gehen Sie damit um?

Den Druck machen wir uns aber auch selber. Wir wollen aufsteigen, unbedingt.

Machten Ihnen da die Ergebnisse der letzten zwei Monate ein bisschen Sorgen?

Im Moment ist das in der Liga eine ganz andere Situation. Jeder will uns ein Bein stellen, keiner hat was zu verlieren, wenn es gegen Haching geht. In den Aufstiegsspielen hat dann auch der Gegner diesen immensen Druck, das ist eine ganz andere Ausgangslage.

Wie aber nimmt die Mannschaft, wie der Trainer nach der Euphorie der Hinrunde die kritischen Zwischentöne auf, die plötzlich aufkamen? Was empfindet man, wenn man liest: Die Hachinger Krise geht weiter. Oder jetzt nach dem 5:0 gegen Buchbach: Haching beendet seine Krise?

Da sollten wir uns eigentlich geehrt fühlen. Wenn man bei einem souveränen Tabellenführer, der noch immer großen Vorsprung hat, von einer Krise spricht, sind das ja Verhältnisse, die an den FC Bayern erinnern. Und dieser Vergleich ist doch ein Kompliment für uns. Sorgen müssten wir uns machen, wenn wir uns keine Chancen mehr herausspielen würden. Dass wir sie derzeit nicht immer eiskalt verwerten, ist eine Phase. Die auch mal wieder enden kann, wie schon das Buchbach-Spiel gezeigt hat.


Die Amateurfußballseite erscheint jeden Mittwoch. Autor ist Reinhard Hübner, erreichbar unter komsport@t-online.de

Aufrufe: 019.4.2017, 09:31 Uhr
Münchner Merkur: Reinhard HübnerAutor