2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche

Spaßfaktor schafft Zufriedenheit

Bodenheims Kapitän Alan Ates fühlt sich wohl bei seinem VfB +++ "Wollen Spaß haben an unserem Spiel" +++ Zu den eigenen Ambitionen: "Wir sind alle Amateurfußballer, da sollte es stärker um den Spaß gehen als um den Erfolg"

1:2 in Oppau, 2:2 gegen Herxheim – den Liga-Start gegen zwei Teams aus dem unteren Tabellenmittelfeld hatte sich Landesligist VfB Bodenheim ganz anders vorgestellt. Kapitän Alan Ates erklärt im Interview der Woche, was in dieser Saison noch drin ist, wie Extrainer Jockel Weinz die Mannschaft früher motivierte, was seinen „etwas anderen Verein“ ausmacht und wohin die Reise mit Chefcoach Ludwig Anspach gehen kann.

Ein Punkt aus zwei Spielen – den Start ins neue Punktspiel-Jahr habt ihr euch sicher anders vorgestellt.

Auf jeden Fall haben wir uns das anders vorgestellt. Aber Spiele wie in Oppau, auf schlechtem Rasen, die liegen uns einfach nicht. Trotzdem hätten wir da einen Punkt mitnehmen können. Gegen Herxheim müssen wir eigentlich gewinnen, da ist der Punkt definitiv zu wenig. Wir waren spielerisch überlegen, hatten das Chancenplus. Ich finde, von den Leistungen her sind wir gar nicht so schlecht aus den Startlöchern gekommen.

Man hatte während der Vorbereitung das Gefühl, dass nach der guten Hinrunde mit Schlagdistanz zum zweiten Platz eine gewisse Euphorie herrschte, die dann durch Oliver Hochs schwere Verletzung einen entscheidenden Knick erhielt.

Wenn ein Mannschaftskollege und Freund sich so schwer verletzt und lange nicht Fußball spielen kann, obwohl er so gern Fußball spielt, ist das auf jeden Fall ein Stimmungsknick. Und für unsere Leistung ist es auch ein Rückschlag, er war das Bindeglied zwischen der Defensive und der vordersten Front. Mit Tony Serratore in seiner Position muss sich das natürlich erst einspielen. Und es war so ein unnötiges Foul im Testspiel an der Mittellinie mit gestrecktem Bein, völlig unverständlich – als Sportler macht man so was generell nicht.

Wenn Du euren aktuellen Trainer Ludwig Anspach und Ex-Coach Jockel Weinz, der ja immer noch gern bei euch zuschaut, vergleichen solltest – worin ähneln und unterscheiden die beiden sich?

Jockel wurde in den drei Jahren, die er uns trainiert hat, zu einem Freund der Mannschaft. Wir haben ihn als Typen ins Herz geschlossen. Es ist doch toll, wenn ein Trainer nach seiner Zeit noch regelmäßig wiederkommt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass viele andere das auch machen. Die beiden sind sehr unterschiedlich von der Art her, zu coachen. Jockel motiviert an der Außenlinie viel, gibt sehr viel Input während des Spiels. Ludwig ist etwas ruhiger, was uns ebenfalls gut tut. Was die Fußballphilosophie angeht, sehe ich zwischen den beiden gar keine so großen Unterschiede. Beide wollen aus einer sicheren Defensive ein gepflegtes Offensivspiel sehen.

Wie würdest Du eure Mannschaft charakterisieren?

Wir sind eine Mannschaft, die Fußball spielen will, weil wir es eben auch können. Das soll nicht arrogant klingen, wir wissen, dass wir uns verbessern können. Aber wir haben keine Lust, Beton anzurühren und Hauruck-Fußball zu spielen, das entspricht uns einfach nicht. Wir wollen Spaß haben an unserem Spiel.

Wie lange bist Du eigentlich schon in Bodenheim, wo hast Du vorher gespielt?

Es ist jetzt meine vierte Saison beim VfB, vorher habe ich von der E-Jugend bis zum ersten Aktiven-Jahr bei 1817 Mainz gespielt. Danach wollte ich einfach höherklassig spielen.

Das heißt, Du kamst gemeinsam mit Jockel Weinz zum VfB. Welche Entwicklung haben das Team und der Klub seither genommen?

Als ich kam, war Bodenheim gerade abgestiegen und hat einen personellen Umbruch vorgenommen. Wir hatten am Anfang eine Findungsphase, in der es auch in der Tabelle nicht so gut aussah, aber dann haben wir uns kontinuierlich hochgearbeitet, die Räder haben immer besser ineinander gegriffen. Das zweite Jahr lief schon viel besser, und wir haben einen eigenen Spielstil entwickelt, mit kurzen Pässen von hinten heraus, das ist schon unser Markenzeichen geworden. Was den Teamgeist angeht, hat Jockel einen großen Anteil daran, dass wir im Training und im Spiel immer Vollgas geben wollen. Diesen Teamspirit wollen wir versuchen beizubehalten. Ich erinnere mich noch, wie er mit einem Trikot in die Kabine kam, auf dem wir alle unterschrieben haben. „Die Unterschrift bedeutet: Weniger als 100 Prozent ist nicht erlaubt“, sagte er dann. Das hat uns schon was bedeutet.

Welche Ziele kann der Verein in den nächsten Jahren erreichen?

Wir können uns auf jeden Fall im oberen Drittel der Landesliga etablieren. Ob noch höhere Sphären zu erreichen sind, müssen wir sehen, das ist schwierig zu sagen und hängt auch davon ab, wie die Zusammensetzung der Mannschaft sein wird, ob wir zusammenbleiben. Das wichtigste Ziel sollte sein, dass wir weiter Spaß an unserem eigenen Spielstil haben.

Man spürt als Gast, dass der VfB ein Verein mit einem ganz eigenen Flair ist. Nimmt man das als Spieler eigentlich auch wahr?

Ja klar. Jeder Spieler sagt wohl, dass sein Verein etwas Besonderes ist. Aber ich denke schon, dass wir uns von anderen Vereinen unterscheiden. Welcher Verein in Mainz kann schon von seinem Sportplatz aus direkt in die Weinberge schauen? Wir haben eine schöne Kneipe, tolle Charaktere in der Mannschaft und eine sehr gute Organisation. Was aber nicht heißen soll, dass wir besser sind als alle anderen.

Was überwiegt bei Dir: beim VfB bleiben zu wollen oder der Gedanke, dass Du auch gut und gerne Verbandsliga spielen könntest?

Auf jeden Fall, beim VfB bleiben zu wollen. Wir sind alle Amateurfußballer, da sollte es stärker um den Spaß gehen als um den Erfolg. Wenn ich einen anderen Verein ausprobieren würde, wäre doch die Gefahr da, dass ich mich dort nicht wohl fühle. Ich finde, das sollte man im Amateurfußball schon beherzigen. Im Berufsleben ist das was anderes.

Damit bist Du ein Gegenbeispiel zu einer Vielzahl an Wandervögeln im Mainzer Fußball.

Ich persönlich kann mir das einfach nicht vorstellen, so kannst Du doch gar kein tieferes Verhältnis zu einem Verein aufbauen. Und das ist mir wichtig.

Also gibt es keinen Grund, nicht noch lange beim VfB zu bleiben?!

Ich habe keine Veranlassung zu wechseln.

Der Verein hat durch die frühe Vertragsverlängerung mit Ludwig Anspach ein klares Zeichen der Kontinuität gesetzt. Das richtige Signal?

Auf jeden Fall. Er ist ein Trainer, der mir sehr zusagt und der von Anfang an die richtigen Dinge angesprochen hat. Dass wir endlich einmal eine gute Hinrunde spielen sollten, haben wir ja schon beherzigt. Jetzt muss nur noch eine gute Rückrunde dazu kommen.

Realistisch betrachtet ist der Aufstiegszug eher abgefahren, aber zumindest könnte es endlich mal eine komplett sorgenfreie Runde werden.

Schon, aber ich spiele lieber oben mit oder gegen den Abstieg, als im Mittelfeld rumzudümpeln.

Das könnte in dieser Saison schwierig werden. Ich seid fünf Punkte vor dem Zehnten, sechs hinter dem Dritten, es riecht nach Mittelfeld.

Ja, mal gucken, vielleicht verlieren wir jetzt fünf, sechs Spiele absichtlich, damit es noch mal spannend wird.

Wäre ne Lösung.

(lacht) Das war ernst gemeint!

Aufrufe: 010.3.2016, 16:00 Uhr
Torben SchröderAutor