2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Führungsfigur beim ETSV Weiche: Christian Jürgensen (re., hier gegen Oldenburgs Pierre Merkel), der sowohl als Innenverteidiger wie auch im Mittelfeld beständige Leistungen ablieferte. Foto: imago/Koberg
Führungsfigur beim ETSV Weiche: Christian Jürgensen (re., hier gegen Oldenburgs Pierre Merkel), der sowohl als Innenverteidiger wie auch im Mittelfeld beständige Leistungen ablieferte. Foto: imago/Koberg

,,So gut - das ist unglaublich"

Christian Jürgensen vom ETSV Weiche Flensburg im Gespräch

Schon in der Rückunde der vergangenen Saison lief es bei ihm gut, in dieser Saison ist Christian Jürgensen beim ETSV Weiche nun der deutlich konstanteste Akteur in einer Mannschaft, bei der es Höhen und Tiefen gab. Der 29-Jährige verfügt über den besten Nord-Sport-Notendurchschnitt aller schleswig-holsteinischen Regionalliga-Akteure und ist als Kandidat für den Titel als ,,Flensburgs Sportler des Jahres" nominiert. Wir sprachen mit dem Defensiv-Allrounder über das abgelaufene Jahr und die Zukunftsaussichten.

Christian Jürgensen, sind Sie selbst überrascht, dass Sie als Tabellenfünfter so entspannt in die Winterpause gehen können?
In der Tat. Dass es am Ende so gut laufen würde, das konnte wirklich keiner ahnen. Wir hatten nach zehn Spielen sieben Punkte. Jetzt sind wir schon Fünfter. Das ist eigentlich unglaublich.

Woran lag es denn, dass Sie am Ende die Kurve bekommen haben und aus den letzten zehn Spielen dann 25 Punkte holten?
Der Knackpunkt war für mich das Spiel in Lüneburg. Da waren wir das erste Mal alle richtig schlecht und haben völlig verdient verloren. Dabei hatten wir vorher gerade Wolfsburg geschlagen. Nach diesem Spiel in Lüneburg haben wir uns in der Woche zusammen gesetzt und einige Dinge deutlich angesprochen.

Was waren die Punkte, die Sie da kritisiert haben?

Die genauen Details will ich öffentlich gar nicht nennen. Aber es waren grundlegende Dinge. Wir haben viel zu viele leichte Fehler gemacht, gerade im Aufbau. Wir waren vorne nicht abschlussstark genug, haben zu Anfang ja viel zu wenig Tore gemacht. Da war es wichtig, dass sich jeder selbst hinterfragt.

Woran lag es denn, dass der ETSV zu Anfang der Saison diese Punkte nicht so umgesetzt bekam, wie es später der Fall war?
So extrem - das konnte damals auch keiner erklären. Ähnlich wie es jetzt nicht zu erklären ist, dass es gleich so außergewöhnlich gut läuft. Wir haben - das wirklich schwache Spiel in Lüneburg mal ausgeklammert - oft gar nicht so schlecht gespielt, aber die Punkte nicht nach Hause bekommen. In Spielen wie gegen Meppen oder Oldenburg waren wir nicht schlechter als der Gegner, kriegen dann aber einfach auch komische Gegentore.

Die Wende gab es dann ausgerechnet, als es personell nicht so gut aussah...
Ja, dass dann auch noch ein Matthias Hummel mit seinem Kreuzbandriss weggefallen ist, war sehr bitter. Kevin Schulz und Nedim Hasanbegovic haben da noch gefehlt, ich war mit meiner Gehirnerschütterung auch ein paar Spiele nicht dabei. Chrischi Dammann und Karli Melfsen kommen erst jetzt so langsam wieder dazu. Aber in dieser Phase haben dann die anderen alle ihre Form erreicht. Jeder hat fast am Limit gespielt.

Haben Sie nie Zweifel gehabt, dass man so richtig im Abstiegsstrudel landen könnte?

Eigentlich nicht wirklich. Wichtig war, dass im Verein alle ruhig geblieben sind. Woanders wäre in dieser Phase sicher schon über den Trainer diskutiert worden. Aber bei uns haben alle die Ruhe bewahrt, die Probleme aufgearbeitet und den Trainer machen lassen. Auch an den Spielern wurden nie Zweifel geäußert. So wie man sich das wünscht.

Die Mannschaft selbst ist da gestärkt draus hervor gegangen?
Ja, aber ich muss sagen, dass man auch in der Phase, wo es nicht so lief, gemerkt hat, dass wir eine coole Truppe sind. Da wurde nie schlechte Stimmung gemacht.

Und dann ging es auf einmal ganz schnell aufwärts...

Dabei hatten wir uns eigentlich in der Phase ganz andere Ziele gesetzt. Vor den Spielen gegen Cloppenburg, Braunschweig und Rehden hatte ich gesagt, sechs Punkte aus diesen Spielen wären super. Davor hatten wir beim 1:1 gegen Bremen wieder ein gutes Spiel gemacht. Aber dass wir seitdem alles gewonnen haben, ist unglaublich.

Sie selbst können mehr noch in der letzten Saison dazu beitragen. Warum läuft es bei Ihnen persönlich so rund?

Ich bin super glücklich, dass ich gesund bin. Mit meinem Rücken ist es in diesem Jahr richtig gut gelaufen, ich hatte nie Probleme. Ich habe die Vorbereitung komplett mitmachen können. Das merkt man dann auch sportlich. Vorher dachte ich oft, dass ich wieder so weit bin, hatte aber noch keinen Rhythmus. In diesem Jahr lief alles optimal. Schon die Rückrunde war gut mit dem Pokalfinale in Kiel, das ja durchaus auch für uns hätte ausgehen können.

Der Rücken hat Ihnen viele Jahre lang Probleme bereitet, unter anderem damals auch dafür gesorgt, dass Sie als Profi bei Holstein aufgehört haben. Was ist jetzt anders?
Ich passe schon auf meinen Körper auf, und habe ein Gefühl dafür bekommen, wann ich die Handbremse ziehen muss. In diesem Jahr gab es aber nie den Zeitpunkt, dass das nötig gewesen wäre.

Insgesamt kommt die Pause jetzt zum falschen Zeitpunkt, oder?
Für die Mannschaft muss man das fast so sagen, ja. Alle haben Selbstvertrauen, auch die Verletzten kommen nach und nach wieder zurück. Aber jetzt beginnt die Zeit, wo die Plätze nicht in dem Zustand sind, wo man gerne Fußball spielt. Das ist ja anders als in den Profi-Stadien. Von daher ist es schon okay, dass jetzt Pause ist.

Die beiden Hallenturniere, am 6. Januar in Flensburg gegen Bundesliga-Konkurrenz und beim Masters in Kiel als Titelverteidiger, sind da sicher eine willkommene Abwechslung, oder?

Ja, da kann man sich jetzt auch wirklich drauf freuen. Wenn wir so dastehen würden wie beispielsweise Neumünster, wäre das schwieriger. Wir haben das ja bei unserem Pokalspiel gegen Holstein gesehen. Das war eigentlich ein Highlight, aber wir hatten in der Phase so viel mit uns selbst zu tun, dass man sich da vorher gar nicht drauf freuen konnte. Das ist jetzt anders. Im letzten Jahr war es ein tolles Erlebnis, in Flensburg gegen die Profis zu spielen.

Sind Sie denn selbst mit dabei, trotz des Rückens?

Ich hätte mal wieder Lust, das muss ich ja sagen. Ich habe in den letzten Jahren nie in der Halle gespielt. Aber ich werde kein Risiko eingehen. Ich werde das in Ruhe noch mal mit dem Trainer besprechen.

Und was sind dann die Ziele für die Rückrunde mit dem ETSV Weiche?
Konkrete Ziele möchte ich da gar nicht benennen. Wir wollen einfach sehen, dass wir noch so viele Punkte wie möglich holen. So sind wir zuletzt auch in die Spiele gegangen. Man muss aber bedenken, dass wir schon sehr viele Heimspiele hatten. Jetzt kommen noch einige Auswärtsspiele, auch mit weiten Fahrten. Das ist noch was anderes. Es wäre schön, wenn wir da mehr Punkte holen würden als im letzten Jahr.

Können Sie bis dahin noch etwas abschalten, geht es in den Urlaub?
Das wird bei mir in diesem Jahr leider nichts. Ich studiere ja Europäische Betriebswirtschaftslehre an der Fern-Uni und muss da jetzt zwei Prüfungen vorbereiten.
Aufrufe: 016.12.2014, 07:00 Uhr
SHZ / Interview: Christian JessenAutor